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■ Der Generalbundesanwalt von Stahl ist nicht länger tragbarEin Verdunkler im Amt

Die BBC, dieses Monument des seriösen Journalismus, hält eine Nachricht erst für glaubwürdig, wenn sie von zwei voneinander unabhängigen Quellen gemeldet oder bestätigt wird. Dem WDR-Magazin „Monitor“ liegt seit gestern die eidesstattliche Erklärung einer Augenzeugin des fatalen Schußwechsels von Bad Kleinen vor, nach der ein GSG-9-Beamter dem RAF-Kader Wolfgang Grams, der schon wie tot auf den Gleisen lag, mehrmals in den Kopf geschossen hat. Ein Arzt der Lübecker Klinik, in der Grams am Sonntag starb, hat zudem an dessen Kopf Verletzungsspuren festgestellt, die den Schluß aufzwingen, daß der Mann aus allernächster Nähe mit einem Kopfschuß getötet wurde. Wenn dies – wofür vieles spricht – sich tatsächlich so ereignet hat, handelte es sich bei dem oder den tödlichen Schüssen auf Grams nicht um Notwehr, sondern um eine Exekution; ein Vorgehen, das im bosnischen oder in anderen Bürgerkriegen zur deprimierenden Praxis geworden ist, aber für einen Staat, der sich als Rechtsstaat begreift, nur als Skandal verstanden werden kann, der nicht ohne Konsequenzen bleiben darf.

Der noch unbekannte GSG-9-Schütze hat eindeutig einen Mord nach Paragraph 211 des Strafgesetzbuches begangen. Er hat einen wehrlosen Menschen aus niedrigem Beweggrund, wohl aus Rache, heimtückisch getötet. Gegen diesen Beamten wäre deshalb sofort ein Haftbefehl zu erlassen gewesen. Generalbundesanwalt Alexander von Stahl hat dies nicht getan, im Gegenteil: Der ranghöchste Strafverfolger der Republik hat seine Bemühungen darauf konzentriert, durch Desinformation und Noninformation den Tathergang zu verschleiern.

Alexander von Stahl kann jetzt darauf verweisen, daß diese Ermittlungen formal nicht seine, sondern die Aufgabe der Schweriner Staatsanwaltschaft seien. Dies ist eine haltlose Schutzbehauptung, denn natürlich hätte er seine Schweriner Kollegen über den schweren Verdacht in Kenntnis setzen und sie um die Aufnahme von Ermittlungen bitten müssen.

Die jetzt bekannt gewordenen Ungeheuerlichkeiten erklären endlich auch die faktische Nachrichtensperre, die der Generalbundesanwalt nach dem Schußwechsel in Bad Kleinen verhängt hatte. Sie war nicht fahndungstaktisch bedingt, sondern diente der Verdunkelung eines von einem Beamten begangenen Mordes. Schon vor drei Tagen haben SPD-Bundestagsabgeordnete Herrn von Stahl zum Rücktritt aufgefordert. Wenn der Generalbundesanwalt noch Reste von Lauterkeit besitzt, muß er dieser Aufforderung nachkommen, und zwar unverzüglich. Michael Sontheimer

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