: Der Geist des Weines
Editorial
Kaum eine Flasche Wein wird mehr ohne den Hinweis verkauft, sie habe „Terroir“. Inzwischen haben selbst Supermärkte einen Terroirwein im Angebot. In der Regel bedeutet der Terroir-Bonus auch einen preislichen Aufschlag. Doch was verbirgt sich hinter dem ominösen Begriff? Terroir, so heißt es, sei der Ausweis der Herkunft, ja der Identität eines Weins. Aber was bedeutet Identität in einer globalisierten Weinbranche? Gibt es das überhaupt – jenseits von Marketing, Esoterik und Sentimentalität?
Wein ist ein Lifestyle-Thema geworden, das in den Medien oft mit einer Glätte präsentiert wird, die schnell Überdruss bereitet. Wein wird entweder auf den Spaßfaktor reduziert oder von Mythen und Legenden umrankt, die das Marketing inszeniert. Auch das Reden über Terroir ist Mode und Marketingstrategie zugleich. Es ist Ausdruck einer Sehnsucht nach Natur und einer romantischen Weinwelt, die es so nicht gibt. Der achte Weinjahrgang des taz.mags will genauer wissen, was denn der Geist, das Gesicht des Weines ist. Jenseits verkaufsfördernder Klischees von Weinidyll und Winzerglück. Mit Texten über die Krise in Bordeaux, über Moselweine aus Franken, Bordeauxweine aus Chile, Blue-Chip-Weine für Reiche.
PS: Wer wissen will, wie der Jahrgang 2006 wird: Obwohl die Ernte noch nicht beendet ist, klagen viele Winzer über schlechte Trauben. Andere reden von einem Jahrhundertjahrgang. Nichts Neues also. Warten wir den Frühling ab, bis man die Weine selbst kosten kann.