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: Der Dresdner SC engagierte rechtsradikales Personal

Braun und brauner

Beim Fußball-Drittligisten Dresdner SC gibt es ein kleineres und ein größeres Problem. Nach drei Spieltagen wartet das Team immer noch auf den ersten Treffer. Das ist das kleinere Problem. Das größere plauderte Präsident Thomas Dathe am vergangenen Wochenende aus: Das Präsidium des Deutschen Meisters von 1943 und 1944 wollte einen gewissen Helmar Braun zum Manager machen. Kurz nach Bekanntwerden von Dathes Initiative kam die braune Vergangenheit Brauns ans Licht.

Der zuletzt smart und in feinem Zwirn statt wie früher in Springerstiefeln und Bomberjacke auftretende Braun ist dem Verfassungsschutz wohl bekannt. Gegen ihn liefen bei der Staatsanwaltschaft Dresden bereits zwei Vorermittlungsverfahren wegen Verwendung verfassungswidriger Zeichen und Körperverletzung. Am Mittwoch musste auch Marketing-Mitarbeiter Jens Löwe, der laut einer Pressemitteilung „erfolgreich im Bereich der Sponsorenakquise“ gearbeitet hat, zurücktreten. Er kam dem Rauswurf des DSC zuvor.

Der 29-jährige Braun fiel schon kurz nach dem Mauerfall auf, als er 1991 in Dresden die Sächsische Nationale Liste mitbegründete. Unterstützt wurde die SNL von bekannten Neonazis wie Christian Worch und dem Österreicher Gottfried Küssel. Die rechtsextreme Splittergruppe folgte dem gescheiterten Aufbau der Deutschen Alternative in Sachsen. Später bewegte sich Braun im Umkreis der verbotenen Nationalen Offensive und soll gute Kontakte zur NPD gepflegt haben.

Bis Mai dieses Jahres betrieb der ehemalige Türsteher mit einem Partner das Café Germania in Dresden. Wie das 1998 geschlossene Germania Café in Berlin-Lichtenberg war die Dresdner Kopie ein beliebter Treffpunkt Rechtsradikaler. Bei Gründung des Lokals bekannte Braun selbstbewusst: „Wenn dies ein politischer Treffpunkt national denkender Menschen werden würde, gibt es keine Institution in Deutschland, die mir daraus einen Vorwurf machen könnte.“ Noch am 1. Mai 2000 marschierte er in „Jörg Haider“-Shirt auf einer NPD-Kundgebung durch Dresdens Straßen.

Davon will Dathe nichts gewusst haben. Der 33-jährige Jungunternehmer, Inhaber einer Immobilienfirma, kennt Braun aber schon länger, wie er gegenüber einer Lokalzeitung zugab. Dathe, nur wenig älter als Braun, begegnete Dathe im Fanblock von Dynamo Dresden. Er wusste von Brauns extremistischer Vergangenheit in den frühen 90er-Jahren. Als Braun vor ca. acht Wochen als freier Mitarbeiter beim DSC zu arbeiten anfing, habe er erklärt, seit langem nicht mehr in der rechten Szene aktiv gewesen zu sein.

Dass die DSC-Spitze nichts von seinen Aktivitäten mitbekommen haben will, erscheint mehr als zweifelhaft. Zumindest in Fankreisen wusste man sehr genau, was im Germania los war. Vor allem wusste dies Jens Löwe. Der 30-Jährige war seit Mai Marketingbeauftragter beim DSC und schon etwa ein Jahr für den Verein aktiv. Er wusste genau Bescheid. Er soll zum Inventar des Germania gehört haben, berichteten Fans. Löwe marschierte auch am 1. Mai an der Seite von Braun, wurde dabei gefilmt und fotografiert, was ihm nun zum Verhängnis wurde. Der frühere Bereitschaftspolizist, vor der Wende wegen Missbrauchs der Dienstwaffe unehrenhaft entlassen, überlebte Braun beim DSC nur um einen Tag, wenngleich das Präsidium zunächst weiter mit ihm arbeiten wollte.

Die Vereinsführung gab in der Affäre keine glückliche Figur ab. Man wählte die Hinhaltetaktik. Erst als sich immer mehr Sponsoren besorgt über die Entwicklung äußerten, setzte man auch Brauns Kumpel den Stuhl vor die Tür. Offenbar sah man die ganze Sache nicht dramatisch, besonders im Fall Löwe, der ja nur ein Mitläufer gewesen sei.

Das zwischenzeitliche Festhalten an Löwe verleiht den ersten Beteuerungen, „dass der Verein bis zum heutigen Zeitpunkt keinerlei politischen, rechtsradikalen Tendenzen unterliegt und auch künftig nicht unterliegen wird“, einen schalen Beigeschmack. Präsident Thomas Dathe, der Braun zum Manager befördern wollte, tauchte zunächst ab. Zum wiederholten Male hatte er sich im Umgang mit der Presse den Mund verbrannt. Der gelernte Zimmermann lehnt persönliche Konsequenzen ab. Zu viel hat er bisher in den unwirtschaftlichen Drittliga-Fußball investiert, nach unbestätigten Angaben rund 2 Millionen Mark. Bundesliga-Profis wie Thomas Hoßmang, Heiko Scholz und mehrere teure Argentinier kamen an die Elbe und werden hier gut bezahlt.

Wie sich der Ostverein von der braunen Affäre erholt, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall dürften die dem Verein schon seit Jahren vertrauten Rufe „Nazi-Meister!“, die auf erfolgreiche Zeiten während der Nazizeit zurückgehen, nicht so schnell verstummen.

ANSELM KALBERG