■ Der Bundesnachrichtendienst hat gut lachen: Die Opposition versagt
Seit zehn Tagen ist die unglaubliche Skandalgeschichte um das Plutonium-Geschäft des BND bekannt. Was folgte: nicht einmal ein Dementi des für die Geheimdienste zuständigen Staatsministers Bernd Schmidbauer und eine hektische Pressekonferenz des Bundesnachrichtendiensts in den eigenen heiligen Hallen. Spätestens hier hätte die Bonner Opposition zugreifen müssen. Was passierte: einige routinierte Aufklärungsforderungen der zuständigen Innenpolitiker. Was geschah dann: die Abreise Schmidbauers in den angeblichen Urlaub nach Spanien. Die Abreise des Bundeskanzlers zur Fastenkur nach Bad Gastein. Die Abreise der Opposition in die Osterferien. Seit nunmehr zehn Tagen erleben wir in Bonn das Trauerspiel einer unfähigen Opposition.
Wohlgemerkt: Es handelt sich hier nicht um eine Haushaltshilfe für Herrn Krause oder Einkaufschips aus der Familie Möllemann. Der BND-Skandal mag weniger unterhaltsam sein, doch er berührt die Grundfesten der Politik: Hat ein Minister das Parlament belogen? Oder ist ein Minister völlig ahnungslos darüber, was sein Geheimdienst treibt?
Hätten Grüne und SPD es gewollt, der Innenausschuß würde schon heute über Schmidbauer und den BND diskutieren. Doch die gewachsenen – aber unverbindlichen – Gepflogenheiten des Deutschen Bundestags wiegen offenbar schwerer als der Wille nach Aufklärung. Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne) hätte einer Sondersitzung des Ausschusses zustimmen können. Sie tat es nicht – um der Sitten des Hohen Hauses willen? Bundestagsvizepräsident Hans-Ulrich Klose (SPD) auch nicht – um BND-Chef Porzner (SPD) einen Gefallen zu tun? Heute tagt die Parlamentarische Kontrollkommission. Leider arbeitet dieses Gremium prinzipiell streng geheim. Offenbar will die Opposition den Geheimdienstskandal im geheimen lösen.
Erinnern Sie sich noch an die vollmundigen Erklärungen der Opposition am Tag nach der Bundestagswahl, nun werde man die Regierung jagen, um ihr ein vorzeitiges Ende zu bereiten? Nichts davon ist wahr geworden. Helmut Kohl kann beruhigt fasten. Eine derartig schwache Opposition verdient es nicht, an die Macht zu kommen. Sie nährt den Verdacht, ihre Regierungsarbeit wäre ähnlich katastrophal. Klaus Hillenbrand
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