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■ Der Bundesfinanzminister rechnet die Arbeitswelt schönZahlen des Bankrotts

Zwei Monate vor der Bundestagswahl klammert sich die Regierung an jeden Strohhalm. Um haltlos herumfaselnde CSU-Generalsekretäre, miese Stimmung in der Koalition und katastrophale Umfrageergebnisse vergessen zu machen, haben Kohl & Co kurzerhand die „Trendwende am Arbeitsmarkt“ ausgerufen. Nachdem im Mai und Juni die Zahl der Arbeitslosen erstmalig wieder unter der Vorjahresgröße lag, prognostiziert CSU-Finanzminister Theo Waigel nun die Reduzierung der Arbeitslosenzahlen um jährlich 200.000 bis 2001 und den parallelen Anstieg der Erwerbstätigkeit. Beides ermöglicht nach Waigels Rechnung, den Zuschuß für die Bundesanstalt für Arbeit von heute 14,1 Milliarden Mark auf 2 Milliarden im Jahre 2001 zu reduzieren.

Die Regierung übt sich damit in wahlkampfbedingtem Zweckoptimismus, der in Gestalt einer großsprecherischen, bis ins nächste Jahrtausend reichenden Prognose durchaus aus der Luft gegriffen ist. Denn weder der regierungseigene Jahreswirtschaftsbericht noch die großen Wirtschaftsforschungsinstitute sehen für 1998 eine starke Reduzierung der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit gegenüber 1997 voraus. Und auch die Bundesanstalt selbst warnt davor, zwei Schwalben für einen ganzen Schwarm zu halten.

Wenn Waigel meint, die Zuschüsse weitaus stärker kürzen zu können, als im Verhältnis dazu die Arbeitslosigkeit abnimmt, sagt das mehr über die Regierungspolitik als über eine reale Trendwende. Derartige Kürzungsvorschläge lassen sich nur realisieren, wenn die zusätzlichen ABM-Stellen, die jetzt den Wahlsieg bringen sollen, spätestens 1999 wieder gestrichen würden. Diese Botschaft dürfte vor allem in den östlichen Bundesländern ankommen. Die Reduzierung der Arbeitslosigkeit entpuppt sich als bloßer Wahlkampfschlager. Zudem gesteht Waigel ein, daß Konsensmodelle à la Holland und Dänemark, die zur Reduzierung der Erwerbslosigkeit führten, mit ihm nicht zu machen sind. Denn Qualifizierungs- und Umschulungsprojekte brauchen mehr Geld und nicht weniger.

Festhalten wollen wir auch: Selbst wenn die Arbeitslosenzahlen tatsächlich um rund 200.000 jährlich abnehmen sollten, würden im Jahr 2001 immer noch 3,8 Millionen Bundesdeutsche einen Job suchen. Zum Vergleich: Als Kohls Mannschaft 1982 antrat, waren 1,8 Millionen Personen als erwerbslos registriert. So hat Waigel seinen eigenen politischen Bankrott – und den seines Chefs zugleich – einmal mehr mit Zahlen untermauert. Hannes Koch

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