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taz FUTURZWEI

Der Bullshit-Wort-Check, Folge 2 „Alternativlos“

Was taugt dieser Begriff für das Verständnis der Gegenwart? taz FUTURZWEI-Gastautorinnen testen Standards des politischen Sprechens. Heute: Robin Alexander.

»There is no alternative« war ursprünglich ein Slogan von Margaret Thatcher Foto: Foto: Marco Kaufmann/Unsplash

taz FUTURZWEI | Vom Gebrauch des Wortes »alternativlos« muss man nicht mehr abraten. Das Wort liegt schon kaputt in der Ecke. Keiner will es mehr verwenden, jedenfalls keiner, der taz liest. Denn »alternativlos« gebar seine Nemesis: Die »Alternative für Deutschland«, die erste parlamentarisch relevante Kraft rechts der Union seit Krieg und Holocaust.

Geburtshelferin war ausgerechnet eine CDU-Kanzlerin. Für Angela Merkel war jahrelang alles »alternativlos«: zuerst die Banken- und Eurorettung, dann die Grenzöffnung, zuletzt die Coronapolitik. Fairerweise muss man feststellen, dass Merkel das Wort zunächst zwar exzessiv, dann aber schon recht früh gar nicht mehr verwandte: nämlich seit es 2010 zum »Unwort des Jahres« gekürt worden war. Merkel ließ den Begriff fallen, nicht aber das Denkmodell: »Sie können die Grenze nicht schließen«, erklärte sie im Herbst 2015 bei Anne Will. Obwohl die Kanzlerin der Alternativlosigkeit eine Christdemokratin war, hatte die Politik des Sachzwangs in Deutschland einen linksliberalen Grundton.

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taz FUTURZWEI N°28: Weiterdenken

Wer ist „Der kleine Mann“, wer sind „Die da oben“, wie geht „Weltretten“, wie ist man „auf Augenhöhe“ mit der „hart arbeitenden Bevölkerung“? Sind das Bullshit-Worte mit denen ein produktives Gespräch verhindert wird?

Über Sprache und Worte, die das Weiterdenken behindert.

U.a. mit Samira El Ouassil, Heike-Melba Fendel, Arno Frank, Dana Giesecke, Claudia Kemfert, Wolf Lotter, Nils Minkmar, Bernhard Pörksen, Bernhard Pötter, Florian Schroeder, Paulina Unfried, Harald Welzer und Juli Zeh.

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In angelsächsischen Ländern ist das anders. Hier waren es vor allem die sogenannten »Neoliberalen«, die marktwirtschaftliche Lösungen auch für traditionell marktferne Bereiche der Gesellschaft vorschlugen, die mit Alternativlosigkeit argumentierten: »There is no alternative« war ursprünglich ein Slogan von Margaret Thatcher in Großbritannien. Das TINA-Prinzip wurde in den 90ern auf ganz Osteuropa ausgerollt: außer Kapitalismus funktioniert halt nix!

Während die Anti-Alternativlos-Partei AfD in Deutschland etwas oberflächlich rechts eingeordnet wird, fällt dies bei ihren viel mächtigeren osteuropäischen Schwestern schon schwieriger: Viktor Orbáns Fidesz warf zuerst den IWF aus dem Land, Polens PiS erhöhte allerhand Sozialleistungen.

Bezugsrahmen ist immer der Nationalstaat und seine hellere Seite, der Sozialstaat. Ihn will man abschotten: gegen die Finanzmärkte, gegen EU-weiten Wettbewerb und gegen Migranten. Deshalb ist die Politik der Anti-Alternativlosigkeit beim Klimaschutz so sprachlos, dass sie leugnen muss: Denn der Klimawandel macht (politisch korrekte Pointe, aber trotzdem wahr) an keiner Grenze halt.

ROBIN ALEXANDER ist stellvertretender Chefredakteur der Zeitung „Welt“.

Mehr Bullshit-Wort-Tests finden Sie in der neuen taz FUTURZWEI-Ausgabe „Weiterdenken“ und an dieser Stelle auf taz.de.

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