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Der Bremermacher

■ Zweitwohnungssteuer: Finanzsenator mordet Karteileichen, melkt Halbbremer und zieht möglicherweise 5.000 Neubremer aus dem Hut

Dieser Tage bekamen Menschen in München, Castrop-Rauxel, Garrel und Grasberg Post aus Bremen. Absender: Finanzamt Bremen-Mitte. Huch! Der Inhalt des Schreibens war nicht ohne: „Die Bremische Bürgerschaft hat beschlossen, die Inhaber von Zweitwohnungen in der Stadtgemeinde Bremen zu einer Steuer heranzuziehen. Nach dem Melderegister sind Sie unter der obigen Anschrift mit einer Nebenwohnung gemeldet.“ Unter „Erläuterungen“: „Die Steuer beträgt 8 v.H. der Nettomiete.“

Wenn sich die Beutelschneider melden, wird auch der Schläfrigste wach. Was? Wie? Wo? Zweitwohnsitz? In Bremen? Gottchen ja, da hab' ich doch mal studiert. Oder Herr S. aus H. (Niedersachsen, Bremer Speckgürtel): Hatte vor fünf Jahren ein Bremer Auto gekauft. Und damit er kein neues Nummernschild bezahlen mußte, sich flugs bei einem Freund einen Nebenwohnsitz besorgt. 50 Mark gespart. Kommt jetzt die Rache des Bremer Finanzsenators?

Ach was. Der Nölle ist ja gar nicht so. „Wenn keine Steuerpflicht besteht, füllen Sie bitte umseitige Erklärung aus.“ Au ja: Keine Steuerpflicht! Wegen „abgemeldet“. Oder wegen „Wohnung hat keine Küche/Kochnische oder Toilette“, das ist nämlich keine Zweitwohnung, sondern höchstens ein Zweitzimmer. Oder die Wohnung kommt von der Wohlfahrt oder der Jugendpflege. Gottseidank! Schnell abmelden! Wie ist die Nummer der Meldestelle?

Auf diese Idee kommt nicht nur Herr S. In den Bremer Meldestellen hört man derzeit nur noch Jammern und Stöhnen. Die Abmeldeanträge stapeln sich zur Decke. Alle wollen bearbeitet sein, Kopien an den Hauptwohnsitz, Bestätigung an den ehemaligen Nebenwohnsitzler, das dauert. Was sich da meldet, sind allesamt Karteileichen. Was hier hergestellt wird, sagt der Finanzsenator, ist „Klarheit im Meldewesen“. Offenbar ein Wert an sich.

Doch bei einer so aufwendigen Aktion – 27.000 sind in Bremen mit Zweitwohnsitz gemeldet, jedem einzelnen wird nachgespürt – muß auch was rausspringen. Herr Nölle rechnet so: 27.000 minus 40% (so viele melden sich wie Herr S. schnell ab, sagen einschlägige Erfahrungen aus Hannover), bleiben gut 15.000. Reagieren die Bremer wie die Hannoveraner, zahlen 10.000 zähneknirschend die Zweitwohnungssteuer, macht geschätzt 1,5 Millionen. Na ja. Aber jetzt: Die stille Hoffnung Bremens ist, daß etwa 5.000 Zweitwohnsitzler ganze Bremer werden. Leute mit „B“-Kennzeichen, Saarbrücken-Nostalgiker, Ummelde-Muffel: Für sie sind 8 Prozent von der Kaltmiete ein ernstes Argument. Da wird man dann auch schon mal Bremer. Und über jeden Neubremer freut sich niemand mehr als Herr Nölle: Der ist, auch wenn er keinen Pfennig Steuern bezahlt, 6.000 Mark im Jahr wert (wegen des Länderfinanzausgleichs). Mal 5.000 macht 30 Millionen. Aha!

Herr S. aus H. hat sich dann tatsächlich aus Bremen abgemeldet. Er berichtet, daß ihn ein wehmütiges Gefühl beschlich, als er die Abmeldebestätigung in Händen hielt. Es habe ja doch irgendwie etwas, wenn man Bremer sei, selbst noch als Zweitwohnsitzler. Herrn S. muß entgegengehalten werden: Für Gefühle kann sich Herr Nölle nichts kaufen. BuS

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