Der Bankenskandal und die Folgen: Landowsky bleibt nur sich treu
Angesichts des zu erwartenden Freispruchs setzt sich Strippenzieher Landowsky den Heiligenschein auf. Quatsch, sagen Politiker unisono. SPD-Politiker will das Wirtschafts-strafrecht verschärfen
Der Auftritt ganz in altem Stil ließ nicht lange auf sich warten: Er bereue nichts, erklärte Klaus-Rüdiger Landowsky in der Bild-Zeitung, zwei Tage nachdem die Staatsanwaltschaft überraschend auf Freispruch im vielleicht letzten großen Bankenskandalprozess plädiert hatte. Der einst mächtige CDU-Fraktionschef und gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp philosophierte gar, das Land Berlin profitiere mit jährlichen Millionengewinnen von den Geschäften der damaligen Bankgesellschaft. Völliger Quatsch, sagen dazu Politiker und Juristen, die die Ermittlungen gegen Landowsky und seine früheren Mitarbeiter jahrelang aufgearbeitet haben und von einem Milliardenschaden für das Land sprechen. Am heutigen Montag beginnen die Plädoyers der Verteidigung in dem Prozess.
"Landowsky wird nicht dadurch rehabilitiert, dass er nun wahrscheinlich freigesprochen wird", sagt der SPD-Abgeordnete Frank Zimmermann. Er hat den Untersuchungsausschuss zum Bankenskandal geleitet. Der einstige CDU-Strippenzieher sollte sich nach Ansicht Zimmermanns nicht zu früh freuen: Der SPD-Politiker denkt über eine Bundesratsinitiative zur Verschärfung des Wirtschaftsstrafrechts nach - konkret: des Straftatbestands der Untreue. Über den Gesetzesvorstoß will er mit Kollegen und Experten in den nächsten Wochen beraten.
Denn das Bizarre ist: Landowsky und die elf weiteren Angeklagten verlassen den Gerichtssaal vermutlich als unschuldige Männer, weil der durch sie verursachte Schaden nicht genau zu beziffern ist. Letzteres hat der Bundesgerichtshof zur Bedingung für Schuldsprüche gemacht. Zimmermann sagt indes, man könne sehr wohl eine Summe nennen: Mindestens ein Schaden von rund 5 Milliarden Euro sei durch die Machenschaften der Bankgesellschaftoberen entstanden. Sein Kollegen Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, kommt immerhin auf 4 Milliarden Euro - zulasten der Allgemeinheit.
Ein erster Schuldspruch aus dem Jahr 2007 gegen Landowsky war wegen der ungenauen Schadenshöhe bereits aufgehoben worden. Schon damals hatten Staatsanwälte eine Verschärfung des Strafrechts für Wirtschaftsvergehen gefordert. Es müsse für eine Verurteilung ausreichen, wenn ein Manager seine Pflichten grob verletzt, erklärte etwa Daniela Hiemer, die stellvertretende Vorsitzende der Vereinigung Berliner Staatsanwälte. Wer stark angetrunken mit dem Auto fahre, werde schließlich auch bestraft - selbst wenn es nicht zu einem Unfall kommt.
Doch ist die geplante Bundesratsinitiative der richtige Weg? Es sei stets eine Gratwanderung zwischen strengeren Gesetzen und der Notwendigkeit von Banken, Geschäfte abschließen zu können, bekennt Zimmermann. Zugleich könne er die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen: "Wir in Berlin hatten den reinsten Sumpf und haben seit 2001 aufgeräumt. Da steht es uns gut zu Gesicht, aus Berlin so einen Vorstoß zu starten."
Landowsky und weitere Führungskräfte der Bankgesellschaft, darunter Vorstandschef Wolfgang Rupf, hatten mit riskanten Fondsgeschäften und zweifelhaften Kreditvergaben dem Land massive Verluste beschert. So waren der Immobilienfirma Aubis Kredite gewährt worden, obwohl ihre Bonität zweifelhaft war - zeitgleich hatte Landowsky in seiner Funktion als CDU-Fraktionschef persönlich eine Aubis-Spende in Höhe von 40.000 Mark entgegengenommen.
Bedeutender noch waren die Machenschaften um die sogenannten Rundum-sorglos-Fonds, die Mitte der 90er Jahre aufgelegt wurden und den Anlegern Mietgarantien von 25 Jahren und erhebliche Steuervorteile boten. Das Geschäft brach zusammen, das Land musste mit Garantien einspringen. Von der im Jahr 2007 dafür gebildeten Sonderrücklage sind inzwischen mehr als 4 Milliarden Euro aufgebraucht.
Die Mietgarantien aus den Fonds gelten bis 2032, allerdings hat das Land mittlerweile 97 Prozent der Anteile aufgekauft - und will sie loswerden (siehe Kasten). Doch der komplette Verkauf des Immobiliengeschäfts ist bereits mehrfach geplatzt. Nun will es Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) an einen britischen Investor abtreten. Seiner Ansicht nach wäre dies der beste Weg, das risikobehaftete Geschäft loszuwerden, um Verluste zu vermeiden. Andere argumentieren, ein Erhalt könnte sich für das Land auszahlen - weil es langfristig unrentable Immobilien abstoßen, mit den verbleibenden Gewinne machen oder sie an landeseigenen Gesellschaften abgeben könnte. Aus der SPD gibt es massive Kritik an den Verkaufsplänen (siehe Text links).
Das Urteil in dem Prozess gegen Landowsky und Co. wird für Anfang Februar erwartet. Der wahrscheinliche Freispruch muss indes nicht das letzte Wort sein: Die Staatsanwaltschaft will das Verfahren erneut aufrollen und hat bereits Revision angekündigt. Das Gericht hatte nämlich ein externes Gutachten abgelehnt, das die Schadenshöhe genauer aufschlüsseln sollte - und möglicherweise die vom Bundesgerichtshof geforderte Grundlage für einen Schuldspruch gewesen wäre.
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