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Der Aussitzer

■ Die taz-Serie zur Wahl / Heute Folge 5: Wissenschaftssenator Leonhard Hajen

Er solle doch zurücktreten und sich beim NDR als Pausenzeichen bewerben, forderte jüngst ein HfbK-Professor. Gemein. Soviele Nackenschläge hat Hamburgs Wissenschaftssenator in den vergangenen Monaten erhalten, daß sich bei taz-Redakteurinnen mütterliche Beschützerinstinke regen. Allerdings reagiert Leonhard Hajen gern zeitverzögert, was sich im Fall der gegen HfBK-Chefin Goehler meuternden Professoren als weise erwies. Beim UKE-Skandal nicht. Hajen brauchte neun Wochen, um den Durchblick zu kriegen und die überfälligen Konsequenzen zu ziehen. Keine Frage, sein Stuhl kippelt.

Dabei hat der fleißige Parteiarbeiter sich extra einen sicheren Listenplatz besorgt, weil er auch nach der Wahl hauptberuflich Politiker bleiben will. Hajen hat sich mühsam hochgedient, seine Hausmacht in der Partei und seine Filzqualitäten sind eher bescheiden. So wurde er auch nicht, was er werden wollte: Umwelt- oder Wirtschaftsenator. Seine Beliebtheit in universitären Kreisen geht gen Null. „Der Mann kämpft nicht für die Uni“, werfen ihm Ex-Kollegen vor, die er wiederum des „ewigen Jammerns“ und „trägen Vorsichhindrömelns“ bezichtigte. Beide Seiten sind verbittert. Die Ehe zwischen Uni-Spitze und Behördenpräses kann getrost als zerrüttet bezeichnet werden.

Dabei hat der ehemalige HWP-Professor das ein oder andere geleistet. Am Fachbereich Biologie werden keine Frösche mehr gequält, gute Lehre wird seit einem Jahr mit einem Sonderfonds honoriert und das Struktur- und Entwicklungskonzept für die Hamburger Hochschulen wurde immerhin fertig, was Vorgänger von Münch nicht gelang. Dafür wurde es prompt im Senat weichgespült (nicht umsonst hat sich Voscherau mit Hajen eine weiche Figur in den Senat geholt). Der löbliche Vorsatz, den Sachmittel-Etat aufs Niveau von 1980 zu bringen, wurde von Finanzsenator Curilla vereitelt. In Uni-Kreisen wird der neue Haushaltsentwurf nicht ernstgenommen, so sicher glaubt man, es nach der Wahl mit einem anderen Senator zu tun zu haben. Doch seine Kritiker sollten sich nicht zu früh freuen. Hajen Aussitzqualitäten sind für Überraschungen gut. Das Testergebnis im Überblick: Filz: harmlos Emissionswerte: erzeugt Verbitterung Leistung: Adrienne Goehler

Kaija Kutter Morgen Folge 6: Peter Zumkley (Bezirke und Bonn)

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