Der erste Film von Steven Spielberg: „Duell“ im Lichtmeß : Der Angstschweiß im Gesicht des Fahrers
Gewalt schläft nicht, sie schlummert nur, und manchmal unter einer sehr dünnen Oberfläche. Das ist auch im Herzen der westlichen Zivilisation so, wo die Menschen morgens mit ihren Autos aus den Wohnsiedlungen fahren, blinken, bevor sie auf die Hauptstraße einbiegen, sich in den Verkehr einordnen. Im Autoradio läuft eine Talksendung, draußen ziehen die Schilder vorbei und die Hochhäuser, bis irgendwann der Highway kommt und die kargen, wasserlosen Berge Kaliforniens.
Der Highway: An dieser Schnittstelle von Zivilisation und Wildnis hat der junge Steven Spielberg seinen ersten Film angesiedelt, der 1971 im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Die ersten Minuten von Duell sind ausschließlich aus der Perspektive des anonymen Autofahrers gefilmt, da ist er noch sicher im Bauch der Stadt, wo die bekannten Regeln gelten. Im Laufe des Films wird ihm die Kamera näher rücken, ganz dicht auf die Haut, über die der Angstschweiß läuft, sie wird seine Augen zeigen, die vor Angst weit aufgerissen sind, seinen Mund, der sich vor Wut verzerrt.
Bis dahin scheint alles normal zu verlaufen an diesem Tag im Leben des durchschnittlichen, namenlosen Helden in diesem Film. Er ist kein harter Mann, bei einem Telefonanruf von unterwegs will er sich bei seiner Frau entschuldigen, sie haben gestritten, und er sieht dabei nicht gut aus, nicht so, wie seine Frau sich ihren Mann wünscht. Er ist keiner, der zuschlägt, eher einer, der den Kopf einzieht.
Es ist kein Zufall, dass genau so einer hineingezogen wird in eine Geschichte, die tödlich enden wird, eine Geschichte, in der er sich wehren muss um den Preis seines Lebens. Er will ja gar nicht, sein Gegner, ein durchgeknallter Trucker mit einem bedrohlichen Tanklaster, zwingt ihn dazu.
Von dem monströsen Trucker sieht man in Duell nur die Cowboystiefel (einmal) und den Unterarm (zweimal), mit dem er unseren Helden scheinbar vorbeiwinkt. Das ist das Radikale an diesem Film, das wirklich Erschreckende: Er zeigt nichts als eine Situation, die eskaliert. Kalt wie ein Fisch blickt die Kamera auf die Verzweiflung des Protagonisten. Es ist, wenn man so will, ein menschliches Experiment. Steven Spielberg hat sich in seiner späteren Hollywoodkarriere kaum noch einmal so weit vorgewagt wie in diesem kleinen Fernsehfilm. Das ist eigentlich schade. Daniel Wiese
Donnerstag, 21.30 Uhr, Lichtmeß