piwik no script img

Dentisten aufs Maul geschaut„Patienten gestärkt“

■ Nachfrage nach unabhängiger zahnärztlicher Beratung steigt

Den „mündigen Patienten“ wünscht sich die Gesundheitsreform 2000, in Bremen ist man dem schon recht nahe gekommen. So jedenfalls das Resümee, das Irmgard Czarnecki, Leiterin der Verbraucherzentrale, und Mitglieder der Zahnärztekammer gestern für die zahnärztliche Beratung der „Patienten-Informationsstelle“ zogen. Zur Beratung, die Bremer Zahnärzte in den Räumen der Verbraucherzentrale durchführen, kamen im vergangenen Jahr 260 Menschen. Außerdem gingen in der Zahnärztekammer 1.400 telefonische Anfragen nach Zahnarzthonoraren, Implantaten, Füllungen oder speziellen Behandlungsmethoden ein. Seit der Gründung der Patientenberatung vor fünf Jahren hat sich die Nachfrage nach dem kostenlosen Rat durch Fachleute damit mehr als verdoppelt.

„Das Angebot zahnmedizinischer Leistungen hat sich extrem vergrößert“, begründet die Präsidentin der Kammer, Birte Petersen. Entsprechend hoch sei der Bedarf an unabhängiger Beratung. Wie sehr sich Patienten mittlerweile als Kunden fühlen, beweisen die Fragen nach speziellen Leistungen: Hypnose, zahnästhetische Behandlungen, behindertengerechte Praxen – die Beratungsstelle nennt alle in Frage kommenden Zahnärzte.

Und obwohl die Leiterin der Verbraucherzentrale dem Projekt „Modellcharakter“ bescheinigt, gibt sie zu, dass das Modell nicht unumstritten ist. Immerhin treten die in der Zahnärztekammer organisierten Ärzte hier in Doppelfunktion auf: Der Patient ist ihr Kunde und soll zugleich „neutral und unabhängig“ beraten werden. Damit dieser Inte-ressenskonflikt dem Verbraucher nicht zum Nachteil gerät, sind Hürden ins System eingebaut. Erstens ist die Verbraucherzentrale beteiligt – und mit ihr ist laut Czarnecki die „Patientenseite gestärkt“. Auch darf der beratende Arzt den Ratsuchenden in den folgenden zwölf Monaten nicht behandeln. Spätestens bei den zahlreichen Anfragen zur Honorarabrechnung werden die Grenzen dieses Beratungssystems deutlich, sagt Irmgard Czarnecki. „Ob ein Zahnarzt, der hier berät, dem Patienten sagt, dass er diese oder jene Füllung auch 50 Mark billiger kriegt“, bezweifelt sie. Diesen Bereich würde sie deshalb gerne aus dem Beratungspaket herauslösen und von einer wirklich unabhängigen Person prüfen lassen. „Die zahnheilkundlichen Fragen können dagegen nur schwer von einem Nicht-Zahnarzt beantwortet werden“, sagt sie. hey

Die Patientenberatungsstelle hat jeden 4. Montag im Monat von 15 bis 17.45 Uhr in der Verbraucherzentrale, Altenwall 4, geöffnet. Der nächste Termin ist Montag, der 17. April. Telefonische Anfragen werden täglich von 7.30 bis 16 Uhr unter Tel.: 22 07 70 beantwortet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen