Dennis Aogo, Linksverteidiger : Chance über 90 Minuten
■ 24, wünscht sich Klarheit über die Position des Sportchefs beim Hamburger SV. Foto: dpa
Linker Verteidiger war in den schlechten Zeiten des deutschen Fußballs eine nicht so entscheidende Position. Die Ausnahme war Paul Breitner. In den Zeiten der Raumdeckung, wenn der Gegner 4-4-2 spielt, kommt es auf die Außenverteidiger an: Offensivaktionen, Spielauslösung, Flanken von der Grundlinie, häufig haben Linksverteidiger mehr Ballkontakte als jeder andere Spieler auf dem Platz.
Der Hamburger SV hatte mal einen überragenden linken Verteidiger: Timothée Atouba. Keiner seiner Nachfolger hat so viele Optionen, einen Angriff einzuleiten, wie der in dieser Stadt notorisch unterschätzte Atouba. Unterschätzt zu werden ist nichts, was Atouba exklusiv hat.
Weder der deutsche Nationalspieler Marcell Jansen, 30 Länderspiele, noch der deutsche Nationalspieler Dennis Aogo, vier Länderspiele, haben Atoubas Repertoire. Am Mittwoch, beim Freundschaftsspiel gegen Italien, zeigte Aogo einige Dinge, die wir in Hamburg so nicht von ihm sehen. Er war sehr offensiv, einsatzfreudig, lief, bot sich an, suchte Lukas Podolski, hielt die Linie. „Wir wollten ihm über 90 Minuten eine Chance geben“, sagte Bundestrainer Joachim Löw nach dem Spiel.
Eine endgültige Lösung für die linke Seite der deutschen Nationalelf ist Aogo nicht. Das sagt Löw nicht so deutlich, aber wer Philipp Lahm auf rechts hat, der weiß, was links gehen kann. Löw bevorzugt für die linke Abwehrseite einen Linksfuß, demnach hat Jérôme Boateng dort keine Chance. Es gibt Situationen, da kann die Frage, welcher Fuß der stärkere ist, ein Spiel, ein EM-Viertelfinale, ein WM-Halbfinale, entscheiden.
Gegen Italien verhaspelte sich Aogo ein paar Mal in der Offensive, ein paar Mal stand er in der Defensive falsch. Anders als nach der WM in Südafrika und dem Spiel um Platz drei gegen Uruguay, brachte er keine Verletzung mit. Damals machte ihm zunächst ein gereizter Nerv, dann die Muskulatur Probleme, es folgte eine Schambeinentzündung, kaum was ist fieser. Im Oktober 2010 wurde Aogo an der Leiste operiert.
Aogo, 24 Jahre alt, ist der Sohn eines nigerianischen Vaters und einer deutschen Mutter. Das Fußballspielen lernte er beim FV Grünwinkel. Über den Bulacher SC kam er 1993 zum Karlsruher SC. Nächste Station war zwischen 2000 bis 2002 der SV Waldhof Mannheim. Dann kam der Freiburger SC. Im Oktober 2004 machte Aogo sein erstes Bundesligaspiel. Und zwar gegen den HSV. Die Scouts des HSV und der damalige sportliche Leiter Dietmar Beiersdorfer erkannten sein Talent, zur Saison 2008/09 wechselte er hierher. Er bekam einen Vierjahresvertrag, den er bis 2015 verlängert hat.
Vor ein paar Tagen war zu hören, dass er sich schnelle Entscheidungen auf den Positionen des Vorstands und Sportdirektors wünscht. Das kann man gut verstehen. ROGER REPPLINGER