: Denn sie wissen nicht, was sie tun
■ Bezirke sind mit den vier Bezirksamtsleiter-Wahlen autonom überfordert
Es hat etwas von Tragigkomik. Jahrelang haben die Hamburger Kommunalparlamente um Dezentralität und Mitbestimmung gekämpft; jetzt sind sie autonom-überfordert, ihre Bürgermeister selbst zu wählen. Nach Altona, Eimsbüttel und dem Bezirk Nord hat nun auch Harburg Schwierigkeiten, den Sessel des Bezirksamtsleiters wiederzubesetzen.
Anfang Januar 1997 läuft die sechsjährige Amtszeit des derzeitigen Regenten Michael Ulrich (SPD) aus. Eigentlich steht seiner Wiederwahl nichts im Wege: „Gegen meine Person und Amtsführung gibt es keine Einwände“, faßt Ulrich die Stimmung auch der grün-schwarzen Opposition in der Bezirksversammlung zusammen. Doch GAL und CDU knüpfen ihre Zustimmung – der SPD fehlt genau eine Stimme zur Mehrheit – an politische Forderungen. Und weil die nicht erfüllt werden, wollen sie den SPD-Wunschkandidaten nicht mittragen: „Die Gespräche mit der GAL und der CDU sind ergebnislos beendet“, bedauert SPD-Fraktionschef Manfred Hoffmann.
Die GAL wollte die geplante Großwohnsiedlung in Neugraben-Fischbek verkleinern, die CDU verlangte Änderungen bei der Fehlbelegungsabgabe und einen zügigen Bau der A 26 nach Stade: „Alles Landes- bzw. Bundesentscheidungen“, schüttelt Amtsleiter Ulrich den Kopf. Sollte sich bis November keine Mehrheit abzeichnen – für die Wiederwahl des Bürgermeisters bedarf es keiner Ausschreibung – will die SPD notfalls den Senat bitten, Ulrich bis zur Bürgerschaftswahl im Herbst 1997 kommissarisch einzusetzen. „Peinlich“ findet nicht nur die GAL, daß nun ausgerechnet ein zentralistisches Organ angerufen werden soll, um den Bezirk von der eigenen Unfähigkeit zu erlösen.
Verfahren schien über lange Zeit auch die Situation im Bezirk Nord: Die Parteien hatten sich über die Anordnung von Bezirkssenator Thomas Mirow (SPD) hinweggesetzt, die Vakanz öffentlich auszuschreiben. Denn daß sie Matthias Frommann (SPD), Leiter des Amts für Arbeitsschutz, haben wollten, darüber war sich die Bezirksversammlung mehrheitlich einig. Frommann wurde gewählt, aber vom Senat wegen des „Verfahrensfehlers“ nicht ernannt. Inzwischen wurde die Ausschreibung nachgeholt; heute erkunden Justizbehörde und Bezirk die Bewerbungslage. „Eigentlich kann es nur eine Bestätigungswahl geben“, sagt SPD-Fraktionschef Ulrich Schönfeldt. Er habe Frommann gebeten, erneut zu kandidieren. Ob sein Wunsch erfüllt wurde, ist jedoch unklar.
Auch in Eimsbüttel wurde eine Kandidatin – trotz Ausschreibung – verheizt: Ulrike Mahnkopf (parteilos), Leiterin des Senatsamts für die Gleichstellung, scheiterte in allen Wahlgängen nicht mangels Kompetenz, sondern an der irrationalen Verbohrtheit von GAL und CDU. Jetzt hat die SPD einen anderen Kandidaten, den Nordhorner Sozialdezernenten Johan Bruns, nominiert. Doch die GAL will auch ihn durchrasseln lassen und hält an Heinz Bauske aus den eigenen Reihen fest.
Einzig der Bezirk Altona hat inzwischen den Chefsessel im Rathaus besetzt: Leider auch hier keine Spur von Souveränität, von sachlich-demokratischer Auseinandersetzung ganz zu schweigen: Um die GAL-Stimmen für Uwe Hornauer (SPD) aus Nürnberg zu bekommen, mußten die Sozis schon mit dem Ende der rotgrünen Bezirks-Koalition drohen. Heike Haarhoff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen