piwik no script img

„Denkmalschutz und Abbruch in einer Seele“

■ Nur in Bremen sind Fach- und Schutzbehörde eins / Landesdenkmalpfleger Hans-Christoph Hoffmann fordert eine Gestaltungssatzung für Bremen

Hans-Christoph Hoffmann hat 1975 das Bremer Denkmalschutzgesetz verfaßt und ist von Anfang an Leiter des Landesamtes für Denkmalschutz. Er sprach mit der taz über sein Amt und den Denkmalschutz in Bremen.

taz: Wieviele Kulturdenkmäler gibt es in Bremen und wer schützt sie?

Hans-Christoph Hoffmann: Registriert sind zur Zeit 1.132 Denk

mäler, zweieinhalb bis dreitausend sind noch nicht erfaßt. Im Landesamt für Denkmalpflege sind außer mir noch zwei Techniker bzw. wissenschaftliche Mitarbeiter (beide speziell angelernte Architekten) und anderthalb Verwaltungskräfte.

Was macht Ihr Amt?

Wir reagieren im wesentlichen auf die Absichten und Wünsche der privaten und öffentlichen Ei

gentümer. Und dafür brauchen wir auch die Zuschüsse, wenn wir Auflagen machen wollen.

Wieviel Geld haben Sie?

Staatlicherseits sind das nur 42.600 Mark aus dem Landeshaushalt für Bremen und Bremerhaven. Dann bekommen wir aber von der Stiftung wohnliche Stadt (Anm: aus Spielbankerlösen) für Förderungszwecke weitere 90.000 Mark im Jahr. Im großen und ganzen müssen wir unsere Ansprüche an diese 130.000 Mark anpassen. Bayern oder Baden-Württemberg haben da ganz andere Möglichkeiten.

In Bremen sind im Gegensatz zu diesen Ländern ja auch begutachtende Fach- und die Schutzbehörde identisch.

Das geht in Bremen auch nicht anders. Normalerweise ist es so, daß die Fachbehörde die Denkmäler feststellt. Und die Schutzbehörde, eine ganz andere Behörde, fragt dann abwägend, was kann man gegenüber den anderen Interessen durchsetzen. Und das müssen wir zugleich sein. Ich kann also an meinem Schreibtisch feststellen, das ist ein Kulturdenkmal, da darf gar nichts passieren, und dann setze ich mich an den anderen Schreibtisch, rechne die Sache durch und sage, 'also gut, ich muß dem Abbruch stattgeben‘ - und das alles in der einen Brusthälfte meiner Seele. Das ist eine (mit Nachdruck:) er

hebliche Mehrbelastung. Es ist ein Wahnsinn, daß wir mit unserem Personal uns damit auseinandersetzen müssen. Es gibt hier also keine losgelöste, unparteiische Stelle.

Wie ist denn die Zusammenarbeit mit den Baubehörden?

Fragen Sie mich was einfacheres.

Kann man am Beispiel Senatsgästehaus den Weg eines Denkmals von der Unterschutzstellung bis zum Abriß erklären?

Tja, das begann schon 1984: Ich habe mir das Haus angesehen und überlegt, wenn wir die Latte Kulturdenkmäler bis zum Senatsgästehaus runtersetzen, dann bekommen wir in Bremen 20.000 Denkmäler dazu. Deshalb wurde es nicht eingetragen, und ein Abbruch stand damals nicht zur Debatte. Es kam auch nie ein Rückruf vom Liegenschaftsamt.

Nach welchen Kriterien wird ein Haus geschützt?

Abgesehen vom Bremer Haus, das nur in Gruppen von mindestens dreien unter Schutz steht, muß es ein Objekt sein, das für die Baukultur und -geschichte der Entstehungsepoche aussagekräftig ist. Darüber hinaus kann noch die geschichtliche Bedeutung ausschlaggebend sein, aber nicht nur die geschichtliche Bedeutung. Denn sonst müßten wir wirklich 20.000 Objekte unter Schutz stellen und das geht an die planerische Substanz.

Da wäre also eine politische Entscheidung gefragt?

Ja, eine Gestaltungssatzung z.B. Ich habe das seit den 70er Jahren

immer gefordert. Es gab viele Begehungen, aber das Bauwesen hat nie gehandelt.

Interview: Birgitt Rambalski

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen