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Den Samonellen auf der Spur

■ Auf Patrouille mit der Bremer Lebensmittelpolizei / Taz-Serie, 2. Teil

Haben Sie schon mal gesehen, wie Hackfleisch bakteriologisch untersucht wird? Zehn Gramm der zukünftigen Boulette plus Lösungsflüssigkeit landen in einer Plastiktüte, die wiederum in einem speziellen Schüttelapparat, wo alles kräftig durchgewalkt und auseinandergefasert wird. Ergebnis: Rosagraue kalte Fleischsuppe. Die wird in verschiedene Fläschchen gefüllt, mit einem Riesen-Glasstrohhalm abgesaugt und auf unzählige Bakteriennährböden gepustet, tröpfchenweise. Zu guter Letzt verstreicht ein Metallbügelchen die Flüssigkeit, und dann dürfen die unterschiedlichen Bakterien ans Werk: In blauen, roten, durchsichtigen und beigefarbenen Brutkästen haben sie Platz und beste Bedingungen, um sich nach Herzenslust zu entwickeln — Bakterien, die bei uns Übelkeit oder ähnlich Lästiges hervorrufen. Daß diese Schädlinge gefunden werden, ist der Alptraum eines jeden Fleischverkäufers. Denn dann ist er dran und muß mit Gefängnis bis zu zwei Jahren rechnen.

2.000 solcher Untersuchungen macht das Veterinäruntersuchungsamt mindestens pro Jahr. Mit der Probenbeschaffung ist das Stadtamt beauftragt. Dort arbeitet als Lebensmittelkontrolleur Uwe Steinbock. Seit 12 Jahren sorgt er mit seinen Kollegen dafür, daß das „Lebensmittel und Bedarfsgegenständegesetz“ eingehalten wird. Danach müssem jährlich pro 1.000 Einwohner neun Lebensmittelproben und pro 2.000 Einwohner eine Kosmetikprobe eingesammelt werden. Wissenschaftler ist Steinbock aber nicht. „Eigentlich bin ich ja Maschinenschlosser“, gesteht er. Auf meinen fragenden Blick - breites Egon-Krenz-Lachen. „Ich habe nach einigen Umwegen eine zweijährige Zusatzausbildung gemacht und jetzt bin ich staatl. gepr. Lebensmittelkontrolleur.“

Steinbock sammelt nicht nur regelmäßig Lebensmittelproben in seinem Bezirk, er ist auch für Hygiene, richtige Preisauszeichnung und Kühltemperaturen zuständig. Bäcker, Fleischer, Super- und Wochenmärkte aber auch Imbisse werden von ihm mindestens zwei Mal im Jahr beehrt. Zwischendurch kümmert er sich um Schankanlagen, Toiletten und die Einhaltung zumutbarer Lärmpegel.

Erste Station Aldi. Auf dem Programm stehen Hackfleisch, grobe Brühwurst und Brühwurst mit Einlage. Steinbock lacht und funkelt mit den Augen, greift seine Tasche und stürmt los, ich hinterdrein. Zweimal 300 und einmal 600 Gramm hat das Veterinäruntersuchungsamt bestellt für die neuste Reihenuntersuchung. Festgestellt werden soll, ob das Fleisch frisch, ohne Salmonellen oder verbotene Zusätze ist und ob es den Vorschriften der Hackfleischverordnung entspricht. Die nämlich legt den maximalen Fettgehalt von Wurst und Hackfleisch fest.

Mit orangefarbenener Plastikkühlkiste, vier Metallbüchsen, Tüten und Metallsiegeln ausgerüstet, stiefelt Steinbock in den Laden. Filialleiter Meier weiß gleich Bescheid. „Der Kaffee kommt sofort.“ Mit geübtem Griff hat Steinbock die Zwiebelmettwurst am Wickel. Hält sie mir vor die Nase. „Was ist das?“ „Na Hackfleisch“, „Falsch“, triumphiert er. „Das darf kein Nitritpökelsalz enthalten, hier ist aber Nitritpökelsalz drin, also ist das 'ne Wurst.“ Weiter zur Kiste mit den Schinkenkrakauern. Steinbock kramt und findet schließlich vier passende, zwei für die Gegenprobe „wenn's hart auf hart kommt“. Beim Vorbeigehen steckt er noch Mortadella mit Pistazien ein. Im schmuddligen Personalraum wird alles in Tüten gefüllt und säuberlich aufgelistet: Planprobe, Originalverpackung, Menge, Standort, Hersteller, Preis, Lieferdatum .... Daneben tröpfelt die Kaffeemaschine. Vor den kleinen Fenstern hängen gelbverqualmte Gardinen, die Wände sind trauriggrau.

„Die Krakauer haben wir sowieso nur vorübergehend“, wiegelt Meier ab. Zu mir: „Wenn mal irgendwas sein sollte, dann werden die Artikel sofort zurückgerufen, das können sie ruhig schreiben. Da sind die knallhart von der Zentrale.“ Steinbocks Proben wandern in die Kühltasche, noch ein kurzer Plausch über Umsatz und Parkmöglichkeiten, ein Schulterklopfer, und dann ab ins Auto und zur nächsten Stelle.

„Sie haben Glück, normalerweise bin ich mit Bahn und Bus unterwegs“, sagt Steinbock mit Seitenblick. Ich gebe mir Mühe geehrt zu sein. „Wir beim Stadtfen, das können sie ruhig schreiben. Da sind die knallhart von der Zentrale.“ Steinbocks Proben wandern in die Kühltasche, noch ein kurzer Plausch über Umsatz und Parkmöglichkeiten, ein Schulterklopfer, und dann ab ins Auto und zur nächsten Stelle.

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