: „Den Protest von der Straße in die Parlamente tragen“
Die designierte Spitzenkandidatin der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG), Antonie Brinkmann (71) spricht im taz-Interview über ihre Wahlziele für die Bundestagswahl, die angestrebte Kooperation mit der PDS und die Aussichten für die Bürgerschaftswahl 2007
taz: Frau Brinkmann, warum engagieren Sie sich in der Wahlalternative?
Antonie Brinkmann: Ich war jahrzehntelang Mitglied der SPD, bin aber enttäuscht ausgetreten, als sich die Partei von ihren friedenspolitischen Zielen verabschiedet hat. Die Geschichte der SPD ist eine Geschichte des Verrats an ihren Wählern und ihrem Programm. Ich habe lange auf eine Gruppe wie die WASG gewartet, die sich gegen die neoliberale Politik der etablierten Parteien wendet und sich für mehr direkte Beteiligung der Bürger einsetzt – etwa bei einer Volksbefragung über die EU-Verfassung.
Was unterscheidet die WASG von den etablierten politischen Parteien?
Alle anderen wollen den großen Konzernen immer weitere Steuererleichterungen geben ohne dass diese Firmen eine Gegenleistung in Form von Arbeitsplätzen bringen. Dagegen wehren wir uns. Man kann nicht immer weiter Sozialleistungen abbauen. Wir wollen den Protest, der uns mit vielen Menschen auf der Straße verbindet, in die Parlamente tragen.
Wie ist der Zuspruch zu ihrer Partei in Bremen?
Es herrscht Aufbruchstimmung. An unseren Infoständen bekommen wir viel Verständnis, wenn wir den Leuten erklären wofür wir stehen. Allein im vergangenen Monat haben wir unsere Mitgliederzahl in Bremen von 100 auf 120 steigern können.
Wie bereiten Sie sich persönlich auf die Wahlen vor?
Wir werden einen gemeinsamen Wahlkampf mit der PDS führen. Dazu werden wir am 31. Juli eine Liste aufstellen, auf der ich für den Bundestag kandidieren werde. Ich war erst zögerlich diese Position anzustreben, bin aber von Vielen gebeten worden. Ich kann zwar Vorlesungen halten, bin aber keine Rhetorikerin. Es soll aber noch eine Rednerschulung bei der PDS geben.
Erfolgt die Annäherung der beiden Partei nicht zu schnell?
Die Annäherung der beiden Parteien ist ein langer Prozess. Ehrlich gesagt geht mir das manchmal auch zu schnell, was da auf Bundesebene passiert. Das Tempo ist nicht allen Mitgliedern zu vermitteln.
Werden Sie zu den Bürgerschaftswahlen 2007 gemeinsam als eine Partei antreten?
Das ist noch völlig unklar, darüber denken wir im Moment nicht nach. Es werden sicher auch noch andere linke Gruppen und Initiativen in Bremen zu uns stoßen. Wenn die Kooperation funktioniert, ist auch eine gemeinsame Linkspartei sinnvoll. Wenn nicht, dann denken wir über etwas anderes nach.
Was ist im Moment das größte Problem der WASG?
Wir haben noch sehr wenig Frauen in unseren Reihen, etwa ein knappes Viertel unserer Mitglieder. Es ist schwierig, Frauen zu einer Kandidatur zu bewegen. Doch bei der PDS gilt eine strenge Quote.
Was sind die Wahlziele der gemeinsamen Liste?
Wir wollen in Bremen deutlich über die Fünf-Prozent-Hürde kommen. Wir wollen aber auf jeden Fall in den Bundestag, dem Volk eine Stimme geben – als Opposition. Gerhard Schröder würde es nicht interessieren, wenn 60 Millionen Menschen vor dem Reichstag demonstrieren würden. Wir brauchen den Druck im Parlament. Interview: KY