: Den Paukern wachsen graue Haare
Jeder zweite Lehrer in Hamburg ist über 50. Damit gehören Hamburgs Lehrer im bundesweiten Vergleich in der Altersstruktur zu den Spitzenreitern, sagt die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft und fordert neue Stellen
„Christa enttäusche uns nicht“, steht auf den Plakaten im Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft geschrieben. Der Appell an die Schulsenatorin ist eindeutig: 1.000 zusätzliche Lehrerstellen fordert die Gewerkschaft vom schwarz-grünen Senat.
Mit durchschnittlich 49 Jahren stehen Hamburgs Lehrer altersmäßig im Bundesdurchschnitt auf dem zweiten Platz. „Jede zweite Lehrkraft in Hamburg ist älter als 50 Jahre, nur in Bremen sind die Lehrer noch älter“, sagt GEW-Vorsitzende Klaus Bullan. Das Problem alternder Lehrer werde zwar schon lange diskutiert, aber „die Dramatik fängt jetzt erst richtig an“. Bis 2014 verabschiedet sich demnach jeder dritte Lehrer an Hamburgs Schulen in den Ruhestand. „Allein 1.000 neue Lehrer müssten schon jetzt jährlich eingestellt werden, um die ausgeschiedene Kräfte zu ersetzen“, sagt Bullan. In diesem Jahr seien aber nur 570 Lehrer neu eingestellt worden. Darüber hinaus sind nach Ansicht der GEW nochmals weitere 1.000 Lehrer nötig, um vor allem ältere Lehrer zu entlasten. So scheide jede vierte Lehrkraft wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig aus dem Beruf aus, die hohe Belastung kratze an der Gesundheit der Lehrenden.
Im öffentlichen Dienst sei dieser Anteil nur bei Strafvollzugsbeamten höher. „Jede Lehrkraft muss in der Lage sein, gesund in den Ruhestand zu kommen. Es ist Aufgabe der Behörde, für eine massive Entlastung älterer Kollegen zu sorgen“, sagt der Gewerkschaftsvorsitzende. Für die Lehrer der Hansestadt existierten weder Altersentlastung durch Stundenreduzierung noch Altersteilzeitmodelle. Und immer größere Klassen und mehr Unterrichtsstunden belasteten gerade ältere Lehrer. Die Lehrer hätten auf den letzten Metern „ihres anstrengenden Berufslebens keine Aussicht mehr auf Entlastung. Das muss sich dringend ändern“, sagt Bullan. Der rot-grüne Senat annulierte mit Hinweis auf die Altersteilzeit im Jahr 2000 die Altersentlastung. Die Altersteilzeit wurde dann unter dem ersten Senat mit Bürgermeister Ole von Beust (CDU) abgeschafft.
Auch die Behörde für Bildung sieht die Altersproblematik von Hamburgs Lehrern auf sich zukommen. „Es wird in den nächsten Jahren erhebliche Pensionierungen geben, und das mit dem Altersdurchschnitt mag sein“, sagt Behördensprecherin Annegret Witt-Barthel. Die von der GEW zusätzlich geforderten 1.000 Lehrerstellen zweifelt Witt-Barthel jedoch an: „Das ist keine belastbare Zahl. 1.000 neuen Stellen pro Jahr hieße, dass wir 4.000 neue Lehrkräfte in der Legislaturperiode einstellen müssten.“ Die Entwicklungen der Schülerzahlen spielten jedoch auch eine Rolle und „die haben wir noch gar nicht.“
Eine Altersentlastung mochte man von Behördenseite für die kommende Legislaturperiode allerdings nicht zusagen. „Erstens werden alle pensionierten Lehrer ersetzt, und zweitens werden zusätzliche Lehrerstellen geschaffen und drittens die Klassen verkleinert“, sagt die Behördensprecherin. Das sei erklärte Politik des Senats. Offensichtlich darf die GEW auf Christa hoffen.
RABEA WACHSMANN