Demo-Route geändert: Shopping bleibt ungestört
Solidaritätsdemonstration für Lampedusa-Flüchtlinge darf nicht in die Hamburger Mönckebergstraße. Kommerzielle Paraden haben Vorrang.
HAMBURG taz | Die Solidaritätsdemonstration für die Lampedusa Flüchtlinge am morgigen Samstag darf nicht direkt durch die Innenstadt über Mönckebergstraße ziehen. Das hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG) am Freitag in zweiter Instanz entschieden.
Die Richter kommen zu der Auffassung, dass „es kein geeignetes Zeitfenster zwischen den einzelnen Abschnitten der Weihnachtsparaden gibt, um die Demonstration auf der Mönckerbergstraße zu ermöglichen“. Die Demonstration unter dem Motto „Wir haben nicht den Nato-Krieg in Libyen überlebt, um auf Hamburgs Straßen zu sterben“ beginnt um 12 Uhr an der Lampedusa-Mahnwache am Steindamm.
Die Weihnachtsparaden, vom City-Management für den Einzelhandel organisiert, ziehen ebenfalls ab 12 Uhr alle zwei Stunden die Mönckebergstraße entlang. Erst nach Anmeldung der Lampedusa-Demo hatte das City-Management zusätzliche kleinere Zwischen-Paraden beantragt – so dass das Zeitfenster tatsächlich eng wurde.
Die polizeilich genehmigte Demo-Route führt nun vom Hauptbahnhof über Glockengießerwall und Ballindamm zum Jungfernstieg. Aus Sicht des OVG ist auch damit eine gute Öffentlichkeit gewährleistet. Auch die gewünschte Nähe zum Rathaus sei durch eine mögliche Zwischenkundgebung Ballindamm Ecke Jungfernstieg – in Sichtweite des Regierungssitzes – gegeben.
Für alle vier Adventssamstage hatte die Polizei diese Ausweichroute entlang der Binnenalster mit einer Interessenkollision mit den früher angemeldeten Weihnachtsparaden begründet – kommerziell ausgerichteten Veranstaltungen, die nicht vom Versammlungsrecht erfasst werden.
Das zunächst angerufene Verwaltungsgericht bestätigte Ende vergangener Woche das Mö-Verbot, allerdings mit einem anderen Argument: Da die Haupteinkaufsmeile durch Einkaufende stark frequentiert sei und die Weihnachtsmärkte die vollen Bürgersteige zusätzlich verengten, könne der Schutz der Menschen nicht garantiert werden. Dieser Gefahrenprognose schloss sich das OVG nun ausdrücklich nicht an.
Unmut herrscht bei den Demo-Anmeldern darüber, dass das nun erst am Freitagnachmittag entschieden wurde: Dadurch sei ihnen die Möglichkeit genommen worden, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Das wäre zwar auch am Abend noch möglich gewesen. In der Vergangenheit hat sich allerdings gezeigt: Bei Eilverfahren in Nachtsitzungen kurz vor Beginn einer Veranstaltung neigen die Karlsruher Richter dazu, stehende nicht umzustoßen – seien die vorgebrachten Argumente auch noch so stichhaltig.
Schließlich ist die Lampedusa-Demo ja nicht komplett verboten worden, sondern nur auf eine andere Route umgeleitet. Für die Lampedusa-Adventsmärsche an dem kommenden drei Samstagen kündigte Veranstalter-Anwalt Nils Rotermund an, das Verfassungsgericht einschalten zu wollen.
Unter den Lampedusa-Unterstützern besteht bislang Konsens darüber, dass im Beisein der Flüchtlinge keine Gesetze übertreten werden. Mit der jetzt bestätigten Routenänderung könnte die Polizei sich insofern ein Eigentor geschossen haben: Wenn sich sich etwa autonome Gruppe dazu provoziert fühlen, im Anschluss an die Demo doch noch die City zu erobern und den Protest gegen die SPD-Flüchtlingspolitik unangemeldet in die weihnachtliche Shopping-Sphäre zu tragen.
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