: Dem grünen Punkt droht das Recycling
Das Duale System Deutschland startet eine Imagekampagne, denn der ehemalige Monopolist ist alarmiert: Konkurrenten lassen den Umsatz des Müllsammlers schrumpfen. Die trickreiche Übernahme durch einen Firmenjäger verheißt nichts Gutes
VON HANNA GERSMANN
„Miteinander.“ „Solidarisch.“ „Value for people.“ Botschaft angekommen? Nein, alles Müll? Stimmt. Denn hinter den Worten steckt eine neue Imagekampagne für den Müllsammler Duales System Deutschland (DSD), den Hüter des grünen Punkts. Bis Ende des Jahres erscheinen in Tageszeitungen Anzeigen. Eine Seite mit dunkelgrünem Text auf hellgrünem Grund: ein Hilferuf der Wertstoffrecycler. Dem Leser ist am Ende von 23 Zeilen Anzeigentext schwindlig: Er hat sich durch Sätze gekämpft wie „Das System muss halten. Sonst zerfällt alles“. Klar wird: Der Kölner Entsorger, der schimmlige Quarkbecher und dreckige Folien sammelt, steht unter Druck.
Dabei hatte alles so betulich begonnen. Handel und Industrie gründeten das Unternehmen 1990. Damals, CDU-Mann Klaus Töpfer war Umweltminister, trat die Verpackungsverordnung in Kraft. Die Wirtschaft musste fortan dafür sorgen, dass ihre Verpackungen recycelt werden.
Ihr Deal: Sie zahlt dem Dualen System eine Lizenzgebühr. Dieses holt dafür den gelben Sack mit dem Verpackungsmüll beim Verbraucher ab. Die Kosten schlagen Hersteller auf die Preise der Produkte auf: Indirekt steckt jeder Bürger so im Jahr rund 20 Euro in den gelben Sack.
Die Mitglieder nannten ihr DSD eine „Selbsthilfeorganisation“. Der Müllsammler nahm den Begriff „Selbsthilfe“ allerdings etwas zu ernst: Offiziell durfte das DSD keine Gewinne machen. Jeder Verdienst sollte in Form von niedrigeren Gebühren an den Kunden zurückgezahlt werden. Stattdessen bildete das Unternehmen aber über die Jahre 836 Millionen Euro starke Rücklagen.
Das Duale System konnte die Gebühren fast beliebig festsetzen: Es besaß ein Monopol. Darauf wurde erst die Europäische Kommission, dann auch das Bonner Kartellamt aufmerksam. Die goldenen Zeiten sind vorbei, das DSD steht heute im Wettbewerb.
Inzwischen leeren in mehreren Bundesländern Firmen wie Interseroh und Landbell den gelben Sack. Manche Handelskette hat sich längst beim grünen Punkt abgemeldet – zum Beispiel Schlecker, Rossmann und dm. Auch Baumärkte und Hotels sind nicht mehr dabei. Das DSD beschimpft die Aussteiger als „unsolidarische Totalverweigerer“ – und setzt die neue Imagekampagne dagegen.
„Wir brauchen einen neuen Dialog zwischen Wirtschaft und Politik“, sagte Heike Schiffler, die Kommunikationschefin des DSD, der taz. „Für einen Müllkonsens.“ Während sich ihr Unternehmen an die gesetzlichen Vorschriften halte, gebe es anderswo gravierende Unregelmäßigkeiten. Schiffler prognostiziert, dass der Umsatz des DSD in diesem Jahr „deutlich“ hinter dem des letzten Jahres bleibt. Das waren 1,6 Milliarden Euro.
Die Zukunftsaussichten für das DSD sind schlecht. Bleibt die Frage, warum der bekannteste Private-Exquity-Fonds Kohlberg Kravis Roberts (KKR) den Müllsammler vor kurzem aufgekauft hat. Der Firmenjäger habe sich seinen Profit schon gesichert, mutmaßt das Managermagazin. KKR habe das Duale System fast geschenkt bekommen.
Der Trick: Das DSD hat KKR 260 Millionen Euro gekostet. Rund 160 Millionen davon stammen aus Bankkrediten. Diese hatte KKR über seine Tochter Deutsche Umwelt Investment AG aufgenommen. Dann verschmolz der Finanzinvestor seine Tochter mit dem Müllsammler. Das DSD hat die Schulden geerbt, KKR ist sie los.
KKR hat für nur 100 Millionen Euro eine Firma bekommen, die noch üppige Rücklagen hat. Dazu passen die DSD-Anzeigen, die bald erscheinen – mit Slogans wie: „Drecksarbeit als Privileg“ und „Moral des Mülls“.