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Defizit 2011 höherAthen verfehlt Sparziel

Griechenland reißt die mit EU, IWF und EZB für dieses Jahr vereinbarte Schuldengrenze. Um mehr zu sparen, sollen 20.000 Staatsbedienstete in Frührente, Tausende weitere ganz gehen.

Für Griechenland ist der Kapitalismus gerade alles andere als eine Liebesgeschichte. Bild: reuters

ATHEN/ LUXEMBURG dpa/afp | Schuldensünder Griechenland wird das für dieses Jahr gesteckte Sparziel verfehlen. Das Defizit könne nicht wie mit der EU, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) verabredet auf 7,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gedrückt werden, gab das griechische Finanzministerium am Sonntagabend bekannt. Stattdessen würden 8,5 Prozent erwartet. Ursache sei der Konjunktureinbruch. 2011 werde die griechische Wirtschaft um 5,5 Prozent schrumpfen, heißt es in der Erklärung des Ministeriums. Für nächstes Jahr wird ein Defizit von 6,8 Prozent des BIP erwartet.

Die Börsen in Asien und Australien sind wegen neuer schlechter Nachrichten aus Griechenland ins Minus gerutscht. In Japans Hauptstadt Tokio fiel der Nikkei-Index am Montag zu Handelsbeginn innerhalb von zehn Minuten um zwei Prozent. In Hongkong gaben die Kurse gar um mehr als drei Prozent nach. In Sydney verlor der wichtigste australische Aktienindex gut 1,7 Prozent.

Der griechische Ministerrat verabschiedete am Sonntagabend den Haushalt für 2012, der erstmals ohne Neuverschuldung auskommen soll. Das Budget sieht Einsparungen von insgesamt 6,6 Milliarden Euro vor. Dies sei mit der sogenannten "Troika" - Experten von EU, EZB und IWF, die Grünes Licht für die Auszahlung einer weiteren Kredittranchen an Athen geben müssen - vereinbart worden.

Um die Ausgaben zu drücken, will Athen zudem erstmals seit mehr als 100 Jahren Staatsbedienstete entlassen. Auch darüber beriet der Ministerrat unter Vorsitz von Ministerpräsident Giorgos Papandreou. Offizielle Erklärungen dazu gab es zunächst aber nicht.

Keine Entscheidung über Kredittranche

Konkret geht es um bis zu 30.000 Stellen. Wie griechische Medien übereinstimmend berichteten, sollen bis Jahresende etwa 20.000 Staatsbedienstete, die ein bis zwei Jahre vor der Pensionierung stehen, in Frührente gehen. Weitere 1000 Stellen sollen im Zuge von Behördenschließungen ganz wegfallen. Weitere 6000 bis 7000 auf Zeit beim Staat Beschäftigte sollen ebenfalls gehen. Auch 3000 Angestellte bei Betrieben, die vom Staat abhängig sind, sollen entlassen werden, hieß es.

Ganz im Zeichen der Euro-Schuldenkrise steht auch das Treffen der Finanzminister der 17 Euro-Länder am heutigen Montag in Luxemburg. Über die Auszahlung der acht Milliarden Euro Kredittranche an Griechenland wird die Ministerrunde jedoch noch keine Entscheidung treffen, dafür ist ein Sondertreffen am 13. Oktober geplant. Umstritten ist aber auch noch immer die Forderung Finnlands nach Extra-Garantien für Kredite an Griechenland. Athen kann die Löhne der Staatsbediensteten und Rentner nur noch für diesen Oktober zahlen. Danach wäre das Land pleite.

Zentrales Thema des Luxemburger Treffens wird die Ausweitung des Krisenfonds für wackelnde Euro-Staaten EFSF sein. Die Kassenhüter dürften sich dabei über Spekulationen zu einer effektiveren Verwendung der EFSF-Mittel durch die Mobilisierung von Fremdkapital (Hebelwirkung) austauschen. Der Krisenfonds EFSF kann derzeit 440 Milliarden Euro Notkredite vergeben. An dem Treffen nimmt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) teil.

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3 Kommentare

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  • Y
    yberg

    das gesamte datenmaterial SOLL mehr IST weniger beruht auf annahmen und schätzungen.

     

    wie bei allen pleitebuden ist der laden selbst nicht in der lage eine verläßliche zahlenbassis zu liefern.

    dies liegt zum einen daran,daß die profiteure weiter unbelastet in die kasse greifen und zum andern an der lust auf das unbeschwertes sein der nutznießer.

     

    warum wird uns gläubigern nicht die mittelverwendung über die medien dargelegt,liegt es daran,daß diese

    selbst von den verantwortlichen nicht nachvollzogen werden kann bzw.weil ein großteil der gelder an die gläubigerbanken fließt.

     

    mit der weiteren unterstützung griechenlands wird die

    verstärkte spekulation gegen euroländer ausgeweitet,

    da sich das geschäftsmodell als erfolgreich erweist.

     

    die auf 3% angestiegene inflationsrate im euroraum ist der beweis.

     

    die spezialisten aus iwf,ezb usw. die nicht mal die finanzkrise vorausgesehen haben sind die blinden

    hühner des konzerndominierten komplexes demokratie-

    zerstörung bei der interessengeleitete medien unkritisch mitgackern.

  • S
    Stadtwolf

    Europa bewegt sich in einer Abwärts-Spirale aus der es kein Entkommen gibt.

     

    http://medien-luegen.blogspot.com/2011/09/europa-vor-dem-crash.html

  • KZ
    Klaus Zinser

    Es kann doch nicht sein dass eine Teilmenge der Leute auf die Strasse gesetzt werden. Die haben hinterher kein Geld. Viel sinnvoller ist es die Arbeitszeit und die Löhne aller linear zu kürzen. Ggf stärker bei den Besserverdienenden.