Debatte ums Urheberrecht: Grüne fürchten den Zorn der Kreativen
Der Vorstand der Grünen will seinen Antrag zur Netzpolitik abschwächen. Das flexiblere Urheberrecht könnte eine grüne Wählerklientel verschrecken.
BERLIN taz | Die Grünen-Spitze rudert beim Urheberrecht kurz vor dem Bundesparteitag zurück. Nach taz-Informationen will der Parteivorstand seinen Antrag zur Netzpolitik, der ein flexibleres Urheberrecht enthält, an einer entscheidenden Stelle abschwächen.
Bisher schlägt er bei neu entstandenen Werken "eine fünfjährige Schutzfrist ab Veröffentlichung" vor. Künstler und Autoren sollten diese Frist mehrmals gebührenpflichtig verlängern dürfen.
Diesen Passus will der Grünen-Vorstand streichen. Stattdessen wird er den 900 Grünen-Delegierten, die sich ab diesem Freitag in Kiel treffen, eine weichere Formulierung vorschlagen. In dem Text ist dann nur noch von einer "deutlichen Verkürzung und Flexibilisierung der Schutzfristen" die Rede, wobei den UrheberInnen mit Verlängerungsoptionen entgegengekommen werden soll.
Mit der Änderung geht die Grünen-Spitze auf innerparteiliche Kritiker ein. Sowohl Kultur- als auch RechtspolitikerInnen hatten intern Bedenken angemeldet – denn der Streit ums Urheberrecht ist für die Grünen höchst brisant. Die grünen Netzpolitiker halten das Recht in Zeiten der Digitalisierung für veraltet, gleichzeitig sind Autoren und Künstler eine klassisch grüne Wählerklientel.
"Grüne Roadmap für die kommenden Jahre"
Die Kulturszene sei entsetzt gewesen über die kurze Frist, sagt Agnes Krumwiede, kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion. "Ein solch massiver Einschnitt in die Rechte von KünstlerInnen fördert kein kreatives Schaffen."
Bisher erlischt das Urheberrecht an einem Werk nach der deutschen Gesetzgebung erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, auch wenn es Ausnahmen gibt, etwa bei Filmen. "Dieses starre Urheberrecht wird der Realität und den Veränderungen nicht mehr gerecht", sagt Malte Spitz, der im Vorstand für Netzpolitik verantwortlich ist. Ziel der Grünen sei die deutliche Verkürzung und Flexibilisierung der Schutzfristen.
"Diese politische Linie gibt der Antrag trotz der Modifizierung weiter vor", sagt Spitz. "Dabei gilt: Leute, die Schutz wollen und brauchen, werden ihn bekommen." Ob der Parteitag die Modifizierung annimmt, ist ungewiss, angesichts der Gefechtslage ist weiterer Streit wahrscheinlich.
Ein flexibleres Urheberrecht ist jedoch nur ein Punkt aus dem 16 Seiten umfassenden Antrag zu Netzpolitik, Internet und digitalem Wandel. Spitz spricht von einer "grünen Roadmap für die kommenden Jahre", welche die Netzpolitik als Querschnittsaufgabe für alle Themen definiere.
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