Debatte um Zuschussrente: Von der Leyen will nicht mehr streiten
Die Sozialministerin möchte eine parteiübergreifende Initiative gegen Alterarmut. Sie begrüßte das Konzept der SPD. Aus der CSU kommt Kritik am Modell der Zuschussrente.
BERLIN afp/dapd | Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat das Rentenkonzept der SPD grundsätzlich begrüßt und eine parteiübergreifende Initiative gegen Altersarmut vorgeschlagen. „Es ist gut, dass die SPD die Gerechtigkeitslücke mit ähnlichen Mitteln angehen will“, sagte von der Leyen der Welt am Sonntag.
Rente sei stets in einem „gesellschaftlichen Konsens“ bearbeitet worden und das werde auch künftig so sein. Sie gab sich zuversichtlich, dass das Problem gemeinsam gelöst werden kann und „dass am Ende Menschen, die ein ganzes Leben gearbeitet haben, eine gerechte Rente bekommen.“
Kritik an ihren Berechnungen zur Altersarmut wies von der Leyen zurück. „Die Gerechtigkeitslücke bleibt. Mit den Löhnen steigt doch immer auch die Grundsicherung und Hartz IV, denn das Existenzminimum ist die Löhne gekoppelt“, sagte die Ministerin. „Das heißt, den Geringverdienern fehlen immer gleich viele Leitersprossen zur eigenen Rente.“ Die Zuschussrente trage dazu bei, eine Gerechtigkeitslücke zu schließen. „Jeder Monat, der verstreicht, ohne dass wir etwas tun, verschiebt weiter Lasten auf die kommenden Generationen.“
Mit der Zuschussrente will von der Leyen die Altersbezüge von Geringverdienern auf bis zu 850 Euro steigern. Voraussetzung sind 30 Beitragsjahre, eingerechnet werden dabei auch Wehr-, Zivil- oder Freiwilligendienst. Weiteres Erfordernis sind 40 „Versicherungsjahre“. Darunter sollen auch Ausbildung, Studium oder Arbeitslosigkeit fallen. Während Unionspolitiker sich skeptisch zu dem Vorschlag äußerten, kam vom Koalitionspartner FDP heftige Kritik. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging auf Distanz zu den Plänen.
Das SPD-Modell sieht eine Betriebsrente plus vor, die zur „zweiten Säule“ neben der gesetzlichen Rentenversicherung werden soll. Danach soll jeder Arbeitnehmer zwei Prozent des Bruttolohns einzahlen, wenn er nicht widerspricht. Der Staat solle die Betriebsrente pauschal mit 400 Euro pro Jahr fördern. Außerdem will die SPD mit einer „Solidar-Rente“ Geringverdiener besser stellen. Wenn die Ansprüche aus mindestens 40 Versicherungs- und 30 Beitragsjahren nicht mehr als die Grundsicherung ergeben, werde die Rente auf 850 Euro aufgestockt.
CSU für Frauen
Die CSU will der Altersarmut durch eine Besserstellung von Frauen bei der Rente zu Leibe rücken. „Die durchschnittliche Frauenrente in Deutschland ist heute halb so hoch wie die durchschnittliche Männerrente“, sagte Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) der Leipziger Volkszeitung. „Aber nicht, weil Frauen weniger leisten, sondern weil Familienarbeit rentenrechtlich kaum zu Buche schlägt.“
Haderthauer schlug vor, diese „Hauptursache für Altersarmut“ mit einer Familienkomponente im Rentensystem zu beseitigen. Dazu solle der Rentenbeitrag für ein Elternteil für die ersten zwölf Kindererziehungsjahre um monatlich 50 Euro gesenkt werden. Außerdem sollten künftige Renterinnen auch für Geburten vor 1992 drei Kindererziehungsjahre bei der Rente angerechnet bekommen statt bisher nur einem Jahr. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 11,6 Milliarden Euro, die aber erst im Jahr 2030 zum voll Tragen kämen.
Dagegen wies Haderthauer die Zuschussrenten-Pläne von Ursula von der Leyen zurück. „Die Rente muss immer ein Spiegel der Lebensleistungen bleiben“, forderte sie. Wenn jemand sein Leben lang sehr wenig oder zu Niedriglöhnen gearbeitet habe, dann könne er keine hohe Rente erwarten.
Leser*innenkommentare
Grundeinkommen für Lebensleistung
Gast
"Dagegen wies Haderthauer die Zuschussrenten-Pläne von Ursula von der Leyen zurück. „Die Rente muss immer ein Spiegel der Lebensleistungen bleiben“, forderte sie. Wenn jemand sein Leben lang sehr wenig oder zu Niedriglöhnen gearbeitet habe, dann könne er keine hohe Rente erwarten."
Was bitte bedeutet "Lebensleistung"???
Haben nicht vielleicht genau die mehr oder sehr viel "Lebensleistung" erbracht, die als "Niedriglöhner" sehr viel oder aus gesundheitlichen Gründen sehr wenig gearbeitet haben und so schon zu Lebzeiten vor der Rente dieses Sozialsystem in Deutschland kennen lernen und ausleben mussten? Oder vielleicht gar doch Elternteile, die mehrere Kinder groß gezogen haben (mit sehr wenig Geld)?
Meiner Meinung nach vollbringt jedeR eine enorme Lebensleistung - wie auch immer. Daher bin ich u.a. auch für das BEDINGUNGSLOSE GRUNDEINKOMMEN (für alle). Ein Einkommen ausschließlich für das Leisten des alltäglichen Lebens. Auf dieser Basis kann dann jedeR kreativ und engagiert seinem Job/seiner Berufung nachgehen und noch Einkommen hinzu verdienen, ohne davon abhängig zu sein und sich ausbeuten lassen zu müssen.
drehmstz
Gast
Die sogenannte Zuschussrente knöpft den Fast-nichts-Verdienern nur noch mehr ab, was sie ohnehin nicht haben.
Und niemand muss sich darüber wundern, dass Geringverdiener nicht "riestern" können. Wovon denn?
Stattdessen gibt es recht einfache Möglichkeiten, die Rentenkassen zu füllen: Börsenspekulation, Aktien- und Unternehmensbesitz sollten mit einer Rentenabgabe belegt werden; nicht zu vergessen die Mehrfachimmobilienbesitzer und -fonds, die ebensowenig wie die Banker in die Rentenkasse einzahlen. Sie alle kassieren mächtig Kohle: die oberen 10 % besitzen das X-fache dessen, was die unteren 50% der Gesellschaft haben usw. Geld ist da, man muss es nur bei den Richtigen abschöpfen.
Gorgon Zola
Gast
Ich bin für den Volksentscheid: "Von der Leyen absetzen".
Ich habe keine Lust mehr auf diesen Blödsinn.
Und was erwartet wer denn bitte von der SPD in dieser Frage?
Deutsche, wie lange laßt ihr euch noch für blöd verkaufen und gegen einander ausspielen?
Basis-Demokratie-subito.
Es lebe die Anarchie.
Schneider
Gast
Debatte über Altersarmut ist überfällig.
Damit eingebunden werden muß die vorhandene Armut in allen Lebensbereichen und Lebensjahren. Die Politiker erhalten Steuergelder aus dem gleichen Topf wie die Empfänger von Sozialleistungen.
Jeder hat das Anrecht auf ein würdevolles Leben.
aurorua
Gast
Sich mit unverdienten, beitragsfreien, exorbitant überhöhten Pensionen schamlos selbst bedienen, aber über die Alterssicherung derer entscheiden, die mit wirklicher Arbeit und Zahlung von Beiträgen das System erst am Laufen halten.
Mindestlöhne um 12,- Euro (in anderen EU-Ländern durchaus üblich) gleicher Lohn für gleiche Arbeit, plus Flexibilitätszuschuss für Leiharbeiter und schon wäre der erste Schritt getan.
Mindestrenten von 950,- Euro monatlich für alle Rentenbezieher, auch bei voller Erwerbsminderung, wären annähernd gerecht. Wer "Lebensleistung" in einem vom Staat und von ausbeuterischen Arbeitgebern forcierten Billiglohnsektor mit Arbeitsleistung gleich setzt, sollte mal arbeiten gehen.
Detlev
Gast
Sie wollen "eine parteiübergreifende Initiative gegen Alterarmuteine parteiübergreifende Initiative gegen Alterarmut" und die dürfte bei den Grundpositionen von CDU/CSU und SPD nicht zu einer wirksamen Bekämpfung von Altersarmut führen.
Die SPD will die Riesterblamage nicht aufs ich nehmen, die CDU will nicht arme Menschen aufbessern und dafür höhere Beiträge und Steuern einführen. Damit dürfte die Sache schon tot sein, bzw. zu kleinen Lösungen für 3 oder 10 Prozent der Betroffenen führen.
Alleine der SPD-Grundsatz das Renteneintrittsalter bei 67 bzw. 69 zu belassen, erzeugt massive Einschnitte in der Rentenhöhe, weil eben kaum ein Mensch in diesem Alter noch arbeitet bzw. arbeiten kann.
Dann müssten die Parteien auch eine 60-67-Quote vorschreiben für die Betriebe und vorzeitige Entlassungen verhindern. Vor kaum zehn Jahren schmissen die meisten deutschen Unternehmen einen Teil ihrer Ingenieure mit 55 Jahren raus. Das wären bei dieser eher privilegierten Gruppe eine Deckungslücke von 12 Jahren. Und nicht eingerechnet ist hierbei Studium, Pausen und Phasen von Arbeitslosigkeit bzw. Jobsuche.
Kurz: Mir fehltder Optimismus.
Das einzig Gute ist, dass die Menschen über die Rente diskutieren und viele sich jetzt genau ansehen, was wer vorschlägt und warum.
Die SPD fühlt sich mit ihrem Vorschlag ziemlich gut, aber es wird nicht lange dauern und die Details werden zeigen, dass für Menschen mit Phasen langer Arbeitslosigkeit oder eben Minijob, Niedriglohn, Leih- und Zeitarbeit kaum Verbesserungen entstehen, eben nur Hartz-IV-Niveau und das bedeutet: Anträge, Vermögen aufbrauchen, Immobilien verkaufen und Ersparnisse bis auf den Mindestsatz aufbrauchen.
Riester hilft bei dieser Gruppe eben nicht und ob die Zeit- und Leiharbeitsbranche wirklich Betriebsrenten oder betriebliche Systeme anbietet, muss man bezweifeln. Dort gibt es ja sogar Klagen wegen unterlaufen der Tarifgesetzt, z.B. in Berlin und Sozialbeiträge werden jetzt schon zurückgefordert. Wer in so einer Wild-West-Branche progressive Rentenversorgungswerke einrichtigen will, wird wohl scheitern, zumal viele Top-Unternehmen solche Lösungen nicht mal anbieten. Außerdem ist es ein Vorschlag: Es ist wahrscheinlich, dass CDU und SPD nach einer Lösung in der Mitten suchen und die könnte die wenigen positiven Effekte beider Vorschläge noch verwaschen.