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Debatte in der LinksparteiAuf der Suche nach der Einheit

Beim Jahresauftakt der Linken fordert deren Führung ein Ende des Streits um Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. Die Debatte über Inhalte wird vertagt.

Im Mittelpunkt des Streits: Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. Bild: dpa

Führende Linke-Politiker fordern ein rasches Ende der Auseinandersetzung über Zukunft und Führungspersonal der Partei. Ansonsten drohe ein Rückfall in die machtpolitische Bedeutungslosigkeit. Der Streit über das Verhalten von Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch habe dazu geführt, dass "das Ganze eskaliert", erklärte Fraktionschef Gregor Gysi auf einer Klausurveranstaltung der Bundestagsfraktion.

"Es ist jetzt bei uns ein Klima der Denunziation entstanden", erklärte Gysi. "Ich finde das unerträglich." Hintergrund ist eine Auseinandersetzung zwischen ost- und westdeutschen Landesverbänden über die inhaltliche Ausrichtung der Partei. Jüngster Streitpunkt in diesem Konflikt ist eine Personalie: Bartsch soll Berichten zufolge über eine angebliche Liebesbeziehung von Partei- und Fraktionschef Oskar Lafontaines gegenüber Medien geplaudert und sich selbst als möglichen Parteichef ins Spiel gebracht haben.

Auch Gysi nahm in seiner Rede darauf Bezug: "Das war gegenüber dem Bundesvorsitzenden nicht loyal", sagte er vor rund 700 Zuhörern in Berlin. Zugleich wandte sich Gysi gegen Forderungen vor allem aus West-Landesverbänden nach einem Rücktritt Bartschs: "Er hat sich riesige Verdienste erworben im Dienste der Partei." Bartsch "war und ist auch ein guter Bundesgeschäftsführer". Auch Lafontaines Co-Parteichef Lothar Bisky sowie viele Ost-Landesverbände stützen Bartsch. Der Bundesgeschäftsführer, der bei der Veranstaltung nicht auftrat, erklärte im ZDF zur Lafontaine-Nachfolge: "Ich habe mich nie selbst als Nachfolger ins Spiel gebracht."

Gysi forderte die Linke-Mitglieder auf, sich nicht weiter gegenseitig zu bekämpfen. Stattdessen müsse ein "Zentrum" her, das die Meinungen der parteiinternen Strömungen aufnehme. Der Fraktionschef versprach, noch am selben Tag einen Verantwortlichen für die Organisation dieses Zentrums zu benennen. Dies habe er beim Wahlparteitag 2009 versäumt, und dies habe zur Eskalation beigetragen.

Wann und wo Lafontaine nach seiner Krebsoperation wieder politisch in Erscheinung tritt, ließ Gysi offen: "Aus der Politik ist er sowieso nicht zu verdrängen." Er hoffe, dass der 66-Jährige "auch in der Bundespolitik bleibt". Lafontaine nahm nicht an der Veranstaltung teil.

Auch Co-Parteichef Lothar Bisky warnte vor fatalen Folgen des Richtungs- und Personalstreits. "Die gemeinsam erkämpften Erfolge können ganz schnell wieder verspielt sein."

Über die inhaltliche Ausrichtung der Partei sprach deren Führung wenig. Fraktionschef Gysi bezeichnete die Linke als "einzige Opposition" im Bundestag wie in der Gesellschaft. Der Abzug deutscher Truppen aus Afghanistan, am besten noch 2010, sowie die Abschaffung der Hartz-IV-Gesetze blieben besonders wichtige Ziele seiner Partei. In allen Bundesländern müssten Koalitionsbildungen möglich sein. Im Bund sieht Gysi dafür "in absehbarer Zeit keine Möglichkeit".

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6 Kommentare

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  • US
    uwe Schwarz

    @Sylvia Henners

    Sind Sie eigentlich rot geworden, als Gregor Gysi von einem Klima der Denunziation sprach? Man könnte es auch „mit Dreck schleudern“ nennen, das käme Ihrem Beitrag noch näher. Wo nehmen Sie eigentlich Ihre intime Kenntnis des Politikstils von „Herrn Bartsch“ her? Zuviel junge Welt oder zuviel Spiegel gelesen? Die Wirkung ist sehr ähnlich, wenn es um die LINKE geht ...

    Um Ihren Wortschatz („Nacht der Langen Messer“) beneide ich Sie nicht. Und ich möchte auch in keiner Partei sein, die Sie ernstnehmen. Gründungskonsens der PDS war einst der unwiderrufliche Bruch mit dem Stalinismus; ich setze mich dafür ein, daß auch die LINKE nicht davon abrückt.

  • SH
    Sylvia Henners

    Das Herr Bartsch nun so öffentlich demontiert wurde, ist zwar für ihn persönlich nicht schön, aber wie man in den Wald ruft, so schallt es eben heraus. Nur, dass die Herren Gysi und Bisky sich offen ans Podium gestellt haben und nicht hinten herum über Bande (Medien) gespielt haben um sich selber in die Poolposition zu bringen. So wie es Herr Bartsch am besten kann - Offenes Terrain ist halt ihm zuwider.

     

    Allerdings war gestern unter vielen Parteigenosen und Parteigenossinnen auch zu hören, Bartsch sei nur ein Bauernopfer und die öffentliche Demontage sei eine kleine Beruhigung vor der Landtagswahl in NRW. Die Nacht der Langen Messer würde jetzt in der Parteizentrale und den als Realos bezeichneten Parteiorganisationen vorbereitet und auch Herr Bartsch sei schon am wetzen. Das komme seinem innerparteilichen Politikstil ja auch sehr nahe, denn er nichts kann er besser als Leuten von hinten Messer in den Rücken zu stecken (lassen). Auf dem Parteitag im Mai in Rostock würde dann der große Showdown der eitlen Männer als Trauerspiel der LINKEN gegeben.

     

    Auweia! Wenn diese Aussagen zutreffen, dann nimmt diese Partei niemand mehr wirklich ernst. Egal was sie im öffentlichen Diskurs seit ihrem bestehen alles angestossen hat.

  • MS
    Michael Schütte

    Das mit dem Klima der Denunziation sollte Herrn Gysi doch eigentlich nur zu bekannt sein, wo er doch selber an der Verschleierung seiner Vergangenheit tatkräftig arbeitet, damit eben dieses aus seiner Vita nicht an die Oberfläche kommt. Lafontaine wird in der sogenannten Linkspartei zum Säulenheiligen erkoren, an dem gefälligst jede Art von Kritik abzuprallen hat. Personenkult ist bei denen noch immer en vogue.

  • H
    horst

    Tja... dann muss ich wohl doch die Grünen wählen, was. Jawohl, taz! Gute Propaganda.

  • HR
    Hubert Rudnick

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    Auf der Suche nach der Einheit

    Es geht nicht darum eine gute politische Arbeit im Sinne der Opposition zu machen, sondern man möchte sich profilieren und trägt so seine Machtkämpfe aus.

    Gerade jetzt wo wir in Deutschland eine sehr schwache BK haben, da sollten sich die Oppositionsparteien aufmachen und Wege aufzeigen wie man das Land besser in die Zukunft führen könnte, aber daran ist diesen Politikern nichts gelegen.

    Sie benehmen sich in ihren eigenen Parteien nur wie kleine Jungs, oder wie Streithähne.

    HR

  • BG
    Bernd Goldammer

    Was für ein abscheuliches Foto!