Debatte im NRW-Landtag: Bund ist schuld an Castor-Chaos
Trotz Protesten des Landes hält der Bund an den Atommüll-Transporten von Jülich nach Ahaus fest. Das sei "unverantwortlich", meint SPD-Ministerpräsidentin Kraft.
DÜSSELDORF taz | Nordrhein-Westfalens rot-grüne Minderheitsregierung macht allein den Bund für die drohenden Castor-Transporte aus dem ehemaligen Atomforschungszentrum Jülich ins Zwischenlager Ahaus verantwortlich.
Diese sorgten für "unnötige Risiken für Mensch und Umwelt", warnte der für die Atomaufsicht zuständige Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger (SPD) am Donnerstag im Landtag: "Die Brennelemente dürfen nur noch einmal transportiert werden - ins Endlager." Auch SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nannte die Transporte "unverantwortlich".
Bei dem Atommüll handelt es sich um die strahlende Hinterlassenschaft des Forschungszentrums Jülich. Hinter dem steht mit 90 Prozent das Bundeswissenschaftsministerium, 10 Prozent hält Nordrhein-Westfalen. In einem Kugelhaufenreaktor wurden dort über 300.000 hochradioaktive Brennelemente eingesetzt, die noch heute in 152 Castoren in Jülich lagern.
Ende Juni 2013 aber läuft die Genehmigung für das dortige Zwischenlager aus. Bis dahin soll der hochradioaktive Abfall nach Ahaus geschafft werden: Vergangene Woche hatte der Aufsichtsrat des Forschungszentrum einen Antrag des Landes abgelehnt, den Atommüll bis zur Errichtung eines Endlagers in Jülich zu lassen.
Nordrhein-Westfalen droht damit in den kommenden Monaten das Castor-Chaos: Für den 170-Kilometer-Transport steht bisher nur ein geeigneter Lkw zur Verfügung, auf den jeweils zwei Atommüllbehälter passen. Ein Transport per Bahn wurde offenbar bereits im Vorfeld verworfen, weil der strahlende Müll dabei mitten durch die Innenstädte etwa von Köln, Duisburg und Oberhausen rollen würde. Schon heute mobilisiert die Anti-Atom-Bewegung gegen den Atommülltourismus. Eine erste Demonstration ist für den 18. Dezember vor dem Zwischenlager Ahaus geplant.
Im Düsseldorfer Landtag bekannte sich nur die FDP eindeutig zu den Castortransporten – die seien billiger als der Umbau des Jülicher Zwischenlagers auf den neuesten technischen Stand. Bundesumweltminister Norbert Röttgen, zugleich Landesvorsitzender der CDU, will den Transport offenbar durchdrücken. Entsprechend hilflos argumentierten seine Landtagsabgeordneten: Rheinländer beklagten die Verunsicherung der Bewohner Jülich, Münsterländer die Belastung der Bevölkerung in Ahaus.
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