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Debatte SchulsystemDer deutsche Dinosaurier

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Die Hauptschule ist tot, die Sekundarschule ist da. Wird jetzt noch das Gymnasium reformiert, dann könnte es endlich Elite-Schulen für alle geben.

An den Hauptschulen machen "Risikoschüler" bis zu drei Viertel der Schülerschaft aus. Bild: ap

D as dreigliedrige deutsche Schulsystem ist schon seit Jahren nur noch ein Zombie. Nicht nur weil die klassische Dreifaltigkeit von Haupt-, Realschulen und Gymnasien niemals in Reinform existierte. Derzeit planen auch 10 von 16 Bundesländern zweigliedrige Schulsysteme oder haben sie eingeführt. Jüngstes Beispiel ist Berlin, wo das Abgeordnetenhaus diese Woche beschloss, dass 90 Prozent der Schüler vom kommenden Schuljahr an nur noch zwei weiterführende Schularten besuchen: die Sekundarschule und das Gymnasium. Daneben werkeln noch einige Gemeinschaftsschulen, die aber haben eher Modellcharakter.

Und das ist das Problem. Mit der Flucht in die Zweigliedrigkeit entziehen sich die Länder der Debatte darüber, ob Schüler nicht besser gefördert werden könnten, wenn sie möglichst lange zusammen lernen. Stattdessen werden sie weiter im Kindesalter auf Schulformen verteilt, die ihren Begabungen vermeintlich am besten entsprechen. Auch wenn es jetzt nur noch zwei Schultypen sind und nicht mehr drei wie früher.

Der Auslesegedanke, der Eltern, kaum dass die Kinder sprechen können, zur Wahl der richtigen Grundschule antreibt, bleibt mit der Existenz des Gymnasiums fest im Schulsystem verankert. Die Gymnasien dürfen weiter leistungsschwächere Schüler nach einer Probezeit relegieren und binden damit die Jahrgangsbesten. In diesem ungleichen Wettlauf um gute Schüler werden die Sekundarschulen zur zweiten Wahl. Das birgt die Gefahr, dass die Trennung in begabte und weniger begabte Schüler vor allem die zuvor existente Trennung in sozial höhere und niedrigere Schichten reproduziert.

Die Schule für alle - in Deutschland oft abschätzig Einheitsschule genannt - ist in vielen Ländern Europas etabliert und scheint zu funktionieren. Obwohl die Pisa-Studien keine Schlüsse auf den Einfluss der Schulstruktur auf den Lernerfolg zulassen, ist doch bemerkenswert, dass die neun erstplatzierten Länder von 2000 alle ein "Einheitsschulsystem" haben.

Trotzdem hält Deutschland an der Trennung von höheren und niederen Schulformen fest. Als Wilhelm von Humboldt Anfang des 19. Jahrhunderts ein dreistufiges Schulsystem mit Elementarschule, Gymnasium und Universität für Preußen entwarf, konzipierte er das humanistische Gymnasium jedoch als einzige weiterführende Schulform, die allen Kindern "klassische" Bildung vermitteln sollte. Eine frühe Aufteilung hatte der Reformer nicht im Sinn, "da […] die Bestimmung eines Kindes oft sehr lange unentschieden bleibt", wie er im "Königsberger Schulplan" schreibt. Tatsächlich wurde das Gymnasium erst auf Betreiben der Konservativen in Abgrenzung von der Volksschule für eine gebildete Oberschicht reserviert.

Die Verteidiger des humanistischen Gymnasiums von heute verkehren den Humboldtschen Bildungsbegriff also ins Gegenteil. Aus Furcht, die Gymnasien könnten ausbluten, hat die Hamburger Elterninitiative "Wir wollen lernen" unlängst rund 184.500 Unterschriften gegen eine verlängerte Grundschulzeit und für eine Aufteilung nach der vierten Klasse gesammelt.

Der Glaube an ein gegliedertes Schulsystem basierte in Deutschland lange Zeit auf der Annahme, dass Schüler, die in verschiedene Leistungsniveaus aufgeteilt werden, besser lernen. Erst die Pisa-Studie im Jahre 2000 entzauberte den deutschen Ausdifferenzierungswahn. Die in Gymnasien konzentrierte Elite war im internationalen Vergleich nur mäßig, geradezu katastrophal schnitten Schüler in den unteren Leistungsgruppen ab: Jeder Fünfte kann in der neunten Klasse kaum oder nur auf Grundschulniveau lesen. An den Hauptschulen machen diese "Risikoschüler" bis zu drei Viertel der Schülerschaft aus.

Es ist vor allem dieser nicht zu leugnende Verfall der Hauptschulen zu Restschulen, der die Politiker zum Handeln bewegt. Die Überlegung die Hauptschulen mit anderen Schulformen zusammenzulegen, lag daher nahe: Indem Schulen entstehen, die nicht nur 10, sondern 50 Prozent aller Schüler besuchen, wird die soziale Mischung im Klassenzimmer bunter, die Atmosphäre lernfreundlicher und werden die Abschlüsse besser.

Ob sich diese Erwartungen erfüllen, hängt davon ab, wie die Länder das zweigliedrige System gestalten. In Sachsen, das von Anfang an auf die Mittelschule neben dem Gymnasium setzte, gibt es weiter getrennte Haupt- und Realschulklassen, es ist also ein de facto dreigliedriges System. Wer seine Kinder trotz Mittelschulempfehlung fördern will, steuert Privatschulen an. Berlin will die Sekundarschulen attraktiv machen, indem dort alle Abschlüsse bis zum Abitur möglich sind, auch Hamburg geht bis an die Grenzen des zweigliedrigen Systems.

Gleichzeitig wagt es keine Partei, das Gymnasium infrage zu stellen. Zu groß ist die Angst, die eigenen Wähler zu vergraulen. Denn das deutsche Heiligtum ist mittlerweile die beliebteste Schulform. In 11 Bundesländern gehen Schüler mehrheitlich nach der Grundschule aufs Gymnasium, das sind bis zu 40 Prozent eines Jahrgangs. Dabei hat sich hier pädagogisch in den vergangenen Jahren wenig getan. An vielen Gymnasien gilt noch immer das Prinzip "Pauken, pauken", und wer es nicht schafft, der muss eben runter.

Eltern sind konservativ. Das entspricht ihrer Rolle als Eltern. Egal welcher Herkunft, gleich ob gelernt, studiert oder ohne Abschluss - sie wollen ihren Kindern eine glänzende Zukunft ermöglichen und sie vor Experimenten bewahren. Diese bewahrende, also konservative Haltung der Eltern macht sie misstrauisch gegen fundamentale Veränderungen.

Folglich muss das Gymnasium vorsichtig reformiert werden. Das Marbacher Schiller-Gymnasium etwa bildet Eliten, ohne die vermeintlich fehlplatzierten Kinder abzuschulen. Für dieses Konzept gab es 2007 einen deutschen Schulpreis. Auch die Daten der Pisa-Studien zeigen diese Möglichkeit auf: Die Bildungsbeteiligung an den Gymnasien ist kontinuierlich gestiegen, ohne dass das Leistungsniveau gesunken ist. Gymnasien, die sich darauf einstellen, ihre Schüler individuell statt im Gleichschritt zu unterrichten, könnten die Eliteschulen für alle von morgen sein. Ein später Sieg für den ollen Humboldt.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.

18 Kommentare

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  • E
    Einheitsschuelr

    Lieber Herr Scholl,

     

    Sie fragen:

     

    >Wieso gehören in Bayern und Baden-Württember 68,2 bzw. 61,% der Hauptschulen zur Optimalform, und keine bzw. nur 4,8% zur Problemgruppe, in Berlin aber mehr als 60% zur Problemgruppe und keine einzige Hauptschule zur Optimalform?<

    a) Vor allem KEIN Elternwahlrecht

    b) vielleicht denken Sie kurz selbst 'mal darüber nach, was es bedeutet, Flächen- und Stadtstaaten zu vergleichen

     

     

    Sie loben die PISA-Ergebnisse von Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen.

     

    Sind Sie wirklich so bescheiden?

     

    Im _Mittelwert_ sind diese Länder tatsächlich etwas über dem Durchschnitt.

     

    Allerdings haben sie dieselben Probleme, wie alle anderen deutschen Bundesländer auch: keine Spitzenleistungen (das obere Perzentil _endet_ wo die der Spitzenländer _anfangen_!) und am unteren Ende weit abgeschlagen: selbst der _schlechteste_ finnische Schüler ist (Bsp. Lesekompetenz) noch erheblich besser, als die 5% im untersten Perzentil dieser Länder (http://pisa.ipn.uni-kiel.de/Zusfsg_PISA2006_national.pdf, Seite 10ff).

     

    Herr Scholl, das ist kein Grund zum Feiern!

     

    Wenn Sie sich die PISA-Interpretation von Herrn Sprenger zu eigen machen, dann laufen Sie wirklich Gefahr, sich lächerlich zu machen. Sein Versuch, die deutschen PISA-Ergebnisse umzudeuten ist wirklich dumm und peinlich.

  • R
    Realschule

    Abschaffung der Hauptschule? Wohl eher Abschaffung der Realschule.

    "Unten" und "Oben" gibt es weiterhin, die Mitte dagegen verschwindet. Man kann zwar Schulen abschaffen, nicht aber die Schüler.

    Die gesellschaftlichen Herausforderungen der zunehmenden Prekarisierung und der Integration werden also in Zukunft alleine von der Aufsteigerschulart Realschule getragen, die bisher Schülern aus bildungsfernen Schichten den Zugang in Richtung Abi etc. ermöglicht hat. Das Gymnasium bleibt für sich.

    Ergo: Das zweigliedrige System ist um Längen elitärer und gesellschaftlich konservativer als das dreigliedrige.

    Vielleicht müssen endlich gesellschaftliche Probleme tatsächlich von der Gesellschaft gelöst werden und nicht alleine von den Schulen?

  • M
    Munoz

    Dreigliedirges Schulsystem wird zu einem zweigliedrigen? Ein wenig mehr Recherche bitte.

    Das deutsche Schulsystem ist seit langem viergliedrig. Die Hauptschule abzuschaffen macht es gerade mal dreigliedrig.

     

    (Aber Gott sei Dank hat es sich durchgesetzt, die Förderschulen nicht zu thematisieren. Vielleicht bemerkt ja so keiner wie wir die Schülerinnen und Schüler auf die die angestaubte Didaktik nicht eingerichtet ist auf Halde schieben.)

  • B
    Blabla

    Erstaunlich wie weiterhin die demographische Zusammensetzung der Schülerschaft ignoriert wird, solange es nur der eigenen Argumentation dient. Die zunehmende Zahl von "Problemkindern" in den Hauptschulen soll sich also von den Leistungsfähigen und -willigen in ihrer Klasse beflügeln lassen? Wenn dem so wäre, würde es nach 4 Jahren gemeinsamer Grundschule dann schon so gewaltige Unterschiede in der Leistung geben?

  • S
    SoSo

    Wird Zeit, dass endlich mal neueste Erkentnisse in die Überlegungen mit Einfließen.

     

    Dass auch die Kinder, die schneller lernen, davon profitieren, wenn in ihrer Klasse Schüler sind die langsamer und schlechter lernen wenn man nur die Unterrichtsform offener gestaltet, kann man bei einigen modernen Schulformen beobachten. Dort bringen die schnell lernenden Schüler den langsamer lernenden Schüler etwas bei und lernen dabei selbst das zu Vermittelnde besonders gut.

     

    Also an der Unterrichtsform muss noch viel modernisiert werden, dass mit dem frühen ausselektieren halte ich da für absolut kontraproduktiv und unmodern.

  • E
    engel

    Das eigentliche Problem dieser ganzen Reform-Debatte ist die etwas schizofrene Vorstellung, dass es auf der einen Seite etwas konservative Eltern gäbe und auf der anderen irgendwo die eigentlichen Bedürfnisse der Geselleschaft, und dazwischen das Bildungssystem. In Wirklichkeit sind Arbeitgeber, Politiker, usw. und anscheinend auch Redakteure selbst Eltern und kontrollieren so die beiden Enden des Bildungssystems.

    Warum soll jemand in der Früh sein Kind auf eine Haupt- oder Gesamtschule schicken wollen, wenn er selbst dann nur Menschen mit einer klassischen Gymnasialausbildung einstellt. Oder anders gefragt, wo schicken die, die "es geschafft" haben, ihre Kinder hin? Resultat: Das ganze Bildungssystem wird ohne jegliches Ergebnis langsam zu Tode reformiert, weil jede Reform ausgehebelt oder umgangen wird - und werden wird, ehe sie überhaupt zu tragen kommt.

    Solange es nicht wirklich zu einer Debatte kommt, was für eine Gesellschaft man eigentlich will, kann man sich auch die ständige Reformiererei sparen. Man sollte sich vielleicht erst einmal fragen, ob es realistisch ist, den Elitegedanken im Schulsystem zu einem Zeitpunkt zu bekämpfen, wo er sich engültig in der Gesellschaft durchsetzt. Die Zeiten einer "bürgerliche Mittelstandsgesellschaft", die sind doch vorbei.

  • D
    DiversityAndEquality

    Vielleicht sollten die "konservativen Eltern" lieber mal dafür sorgen, dass ihre Kinder nicht schon mit 16 im Alkoholrausch grölend Freitag und Samstag nacht die Innenstädte bevölkern, andere beleidigen und anpöbeln, und ihnen ein Mindestmaß an respektvollem Umgang und sozialer Kompetenz anerziehen.

     

    Das wäre eine sinnvollere Betätigung, als mit aller Macht an einem reaktionären, auf soziale Apartheid ausgerichteten Bildungssystem festhalten zu wollen, das den jungen Menschen wiederum keinerlei soziale Kompetenz vermittelt!

     

    Wir brauchen endlich ein Schulsystem, in dem die Förderung der Individualität und Andersartigkeit jedes einzelnen Menschen einerseits und das Einüben wechselseitigen Respekts vor der menschlichen Vielfalt, sozialen Bewusstseins und Solidarität sowie gewaltfreier Konfliktbewältigung andererseits mindestens so viel Raum einnehmen wie das Trimmen junger Menschen auf ein gescheitertes Wirtschaftsmodell.

  • RS
    Ralf Scholl

    Liebe Frau Lehmann,

    Sie wiederholen zwar das, was in der Presse über das deutsche Schulsystem immer wieder gesagt wird, davon wird aber keine Ihrer Aussagen richtiger.

    Vielleicht lesen Sie einmal http://www.koreaverband.de/publikationen/archive/1-98/1-98-art12.pdf,

    um zu verstehen, warum ein Land wie Korea bei PISA wesentlich besser abschneidet als wir.

    Dass die Qualität der Gymnasien in den letzten 30 Jahren nicht gelitten hätte, ist eine kühne Behauptung von Ihnen. Heute können auch die begabtesten Abiturienten die Mathe-Abituraufgaben von vor 20 Jahren nur noch zu einem Teil lösen, da das Niveau ganz erheblich abgebaut wurde, und mit G8 noch deutlich weiter sinken wird.

    Vielleicht machen Sie sich auch einmal mit http://www.schulformdebatte.de/index.php?page=start

    vertraut, einer Aufarbeitung von Dutzenden von wissenschaftlichen Arbeiten zu Fragen der Schulstruktur und der Effizienz von Einheitsschulen im Vergleich mit gegliederten Schulsystemen in Deutschland.

    Und bitte, bitte erklären Sie mir eines: Wieso gehören in Bayern und Baden-Württember 68,2 bzw. 61,% der Hauptschulen zur Optimalform, und keine bzw. nur 4,8% zur Problemgruppe, in Berlin aber mehr als 60% zur Problemgruppe und keine einzige Hauptschule zur Optimalform?

    (Ergebnisse von PISA 2006)

    Und vielleicht begründen Sie mir dann auch, wieso eigentlich Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg und Sachen mit einem jeweils dreigliedrigen (bzw. eigentlich dreigliedrigen Schulsystem - ihre Beschreibung), die in Deutschland die mit Abstand besten Resultate in allen PISA-Tests erzielt haben, ihre Schulstruktur zu einem klägliche versagenden Einheitsschulsystem ändern sollten!!

    Ansonsten würde Ich Ihnen außerdem dringend die Lektüre von Herrn Martensteins Artikel im Tagesspiegel vom 12.1. anraten. Er fasst die bestehende Situation genau beobachtend zusammen.

    Und als Lehrer hätte ich noch eine letzte Bitte: Verschonen Sie uns bitte mit Weltverbesserungsideen und ermöglichen Sie uns endlich eine vernünftige Arbeit an der Schule! Dass von den Schülern endlich auch mal wieder etwas verlangt werden kann, ist überfällig. Das Auslosen von 30% der Gymnasialplätze hilft sicherlich nicht!

    Chancengerechtigkeit ist eben nicht dasselbe wie Chancengleichheit. Letztere gibt es leider nicht, da Begabungen eben leider doch zum Gutteil angeboren sind, und nur gefördert werden können.

    Und verstehen Sie mich recht: Ich möchte als Lehrer jede Begabung fördern, aber eben wirklich jede: Sowohl die Schwach- wie die Hochbegabten. Und das funktioniert gemeinsam einfach nicht.

  • PS
    Peter Schneider

    jetzt müssen diese Sekundarstufen nur noch Klasse 11 und 12 anbieten, sprich Abi, Dann wäre ich zufrieden. Damit wären alle besänftigt, jene die die Abschaffung des mehrgliedrigen Schulsystems fordern und jene die am Festhalten des Gymnasiums als "Abschottung" vor "Leistungsschwachen" fordern. Nach ein paar Jahren Jahren kann man dann sehen, ob sich Gymnasium-Abiturienten oder Sekundar-Abiturienten besser im Wettbewerb durchsetzen konnten. Ich tippe auf letzteres.

  • GH
    G. H. Pohl

    Meine Meinung: Leute wie CDU-Schulexperte Klaus Kaiser und Konsorten können und wollen es nicht lernen!

    Unter rd. 18 Mio. Einwohnern in NRW sehen Sozialverbände hier 800.000 arme Kinder,

    arm sind auch ihre Eltern.

    Eine Ursache:

    Kürzlich wurde bekannt, daß 70% der Gesamtschul-Abiturientia von

    Profi-Kaffeesatzlesern als nicht geeignet für weiterführende Schulen

    eingestuft worden war, dank der lernresistenten und „klassenbewußten“

    Bildungsideologen besonders in der CDU und CSU: Auslese statt Förderung.

    Kein Gedanke an das Beispiel skandinavischer Bildungssysteme,

    die seit Jahren bei „Pisa“ erfolgreich sind.

    Erfolg:

    Die „Elite“ ist gesichert, viele kleine, wohlhabende Blödbaddel werden mit Nachhilfe

    – koste es was es wolle - zum Abitur gepeitscht.

     

    Leute dieses Schlages sind unwillig und skrupellos. Sie ignorieren bewußt,

    daß in unserem gesamten Staatswesen unüberschaubare menschliche

    und auch wirtschaftliche Schäden zugefügt werden.

    Tja, ist wohl Klassenkampf von oben…

    Das von o.a. Klientel ideologisch verbrämte, von keiner Wissenschaft

    seriös goutierte, dreistufige Schulsystem ist ungeeignet, menschenunwürdig und

    wirtschaftlich nicht vertretbar.

  • R
    R.Carstens

    Hoffnung und Zweifel

     

    So richtig der jetzt in Berlin eingeschlagene Weg für die Sekundarschule auch ist (für die Gemeinschaftsschule wird es in es in Deutschland wohl nie eine Mehrheit geben), angesichts des sich formierenden Widerstandes rückwärtsgewandter Eltern und Lehrer, muss man um den Erfolg bangen. Statt dessen wird sich der Hang zu immer mehr Privatschulen für die Kinder wohlhabender Eltern verstetigen, während zugleich der Druck auf die Bildungshoheit des Staates weiter zunimmt. Bestimmte Entwicklungen an den Hochschulen, die wachsende Zahl privater Bildungsinstitute, angefangen bei Kindergärten, Business-Schools und Internaten, laufen ganz klar auf eine weitere Teilung unserer Gesellschaft hinaus, die nicht mehr an ihrer Bedeutung für das Gemeinwohl begriffen, sondern nach Gesetzmäßigkeiten des Einkommens bewertet wird. Wenn diese Entwicklung nicht erkannt und umgedreht werden kann, versiegen alle Bildungsoffensiven in den Müllkippen des Nirwana.

  • F
    Fred

    Herzlich Willkommen im Neo-Sozialismus ! Ost-Berlin und Frau Honecker freuen sich über ihre Berliner Altstalinisten !

  • R
    reblek

    Die Sozialdemokratie hat sich nie getraut, eine Gesamtschule einzuführen, die diesen Namen verdient hätte oder verdienen würde. Wahrscheinlich nicht nur aus Furcht vor reaktionärer Agitation, sondern auch, weil ihr Haufen selbst nicht wirklich davon überzeugt ist, dass möglichst langes gemeinsames Lernen für alle Kinder das Beste ist. Und da der Teller zu groß ist, als dass die Herrschaften über dessen Rand hinaus in andere Länder sehen könnten, wird das wohl auch so bleiben. Schließlich ist das Gymnasium DIE Stätte von Bildung, Kultur und was sonst angeblich noch so alles an dieser überschätzten Schulform hängt.

  • TS
    Thomas Sch.

    Daß wir pisamäßig nicht gut abschneiden, hat nichts ursächlich mit dem Sytem der Dreigliedrigkeit zu tun. Diese gibt es schon seit mehr als hundert Jahren und hat für Deutschland Unmengen von Nobelpreisträgern und Wissenschaftlern hervorgebracht. Da man außerdem die Sonderschulen hinzuzählen muß und ebenso das 10. Extrajahr der Hautschule sowie die Möglichkeit, verkürzt ein Fachabitur zu bauen, muß man eigentlich von einem sechsgliedrigen Schulsystem reden und das kommt der gewollten individuellen Förderung schon sehr nahe. Schließlich kann man nicht jedem Schüler einen Lehrer zur Seite stellen, auch wenn das vielleicht wünschenswert wäre. Wenn es die Aufteilung in Leistungsgruppen wie wir sie haben, nicht gäbe: Man müßte sie erfinden. Dadurch, daß man die Hauptschule abschafft und alle in eine Klasse setzt, davon werden doch die Schüler nicht automatisch besser. Die sog. individuelle Förderung kann dann doch wohl nur so aussehen, daß die Schüler (nur eben in einem Gebäude) nach ihren individuellen Leistungsgruppen zusammengefaßt werden. Und schon hat man genau wieder das, was man gerade abgeschafft hat. Ein Unding ! Ich erinnere mich an ein Erlebnis aus der vierten Klasse, als wir „Kater Mikesch“ lasen. Der eine oder andere konnte mal besser lesen oder auch mal nicht so gut, aber Einer, der war so grottenschlecht und kämpfte mit den Buchstaben, o, weia. Der arme Kerl wurde gehänselt und verspottet; echt schlimm. Der wäre auf der Sonderschule sicherlich besser aufgehoben gewesen. Und nun stellen Sie sich mal vor, in einer Klasse sind nicht nur besonders schwache, sondern zusätzlich noch besonders leistungsfähige Kinder. Das soll was bringen ? Im Leben nicht.

  • K
    Karol

    Ich würde sehr, sehr gerne Verstehen, wo würde dann die Verbesserung für meine Kinder kommen, die beide sehr gut in der Schule sind, indem sie zusammen mit Kindern lernen die entweder kein Bock auf Schule haben, oder intellektuell nicht auf der Höhe sind.

     

    So, wo soll die Verbesserung sein?

     

    Sollen jetzt alle gleich schlecht sein?

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Institutionelle Querschnittslähmung

     

    Das deutsche Schulsystem leidet nicht nur unter seiner "Dreigliedrigkeit" sondern auch noch an der unsinnigen Kompetenzverteilung Kommunen (als Schulträger) und das jeweilige Bundesland als Dienstherr der (beamteten) LehrerInnen mit zentralen Lehrplänen.

     

    So notwendig und sinnvoll eine sechsjährige Basisschule ist, so notwendig und sinnvoll ist eine darauf aufbauende Zweisäulenstruktur.

     

    Leider wird in der gesamten Schulstrukturdebatte die ganze berufliche Bildung außen vor gelassen. Unser viel gerühmtes Duales Ausbildungssystem lässt rund eine halbe Million Jugendliche perspektivlos in sogenannten Warteschleifen, die Unsummen an Geld kosten (runde sechs Milliarden jährlich). Welche eine Verschwendung in Zeiten leerer öffentlicher Kassen.

     

    An für sich sind die sogenannten Werkrealschulen gar nicht so schlecht, weil sie allegemeine und beufliche Bildung miteinander verbinden sollen.

     

    Deshalb mein Strukturvorschlag:

     

    Eine sechsjährige Basis- bzw. Primarschule

     

    und darauf aufbauend zwei Säulen: das Aufbaugymnasium (in Baden-Württermberg gibt es schon seit Jahrzehnten Aufbaugymnasien) und die völlig neu konzipierte Kolleg-Schule die allgemeinbildend sowie profilbildend ist, in den Jahrgangsstufen 7 - 10 und in den Jahrgangsstufen 11 - 12/13 sich spezialisiert auf berufliche Vollzeitschulen und berufliche Gymnasien.

     

    Damit aber mehr Innovation möglich ist, dürfen die Kommunen nicht länger nur Schulträger sein, sondern die Schulen auch selbst konzipieren und managen dürfen. Falls sich Kommunen dazu außer Stande sehen, sollte schulrechtlich die Möglichkeit für frei-öffentliche Charterschulen gegeben werden. In den USA gehören die Charterschulen zu den innovativsten überhaupt - im Interesse der Kinder und Eltern.

     

    Mehr dazu in der Publikation von Nathalie Maibauer "Educational Entrepreneurship - Schule als pädagogisch-unternehmerische Aufgabe" erschienen im Universitätsverlag Karlsruhe und als kostenloser Download unter diesem Suchbegriff erhältlich.

     

    Mit der Innovation der frei-öffentlichen Charterschule könnte auch die institutionelle Querschnittlähmung unseres Schulsystem überwunden werden.

     

    L.P. Häußner, Karlsruhe

    Initiator von www.unternimm-die-schule.de

  • V
    Viktor

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    solch eine Reform könne, meines Erachten nach, nur zustande kommen, wenn es ein einheitliches Schulsystem gäbe.

    Auch wenn es eine Gesamtschule einheitlich gäbe, würde es noch immer keine Bildungsgleichheit sein.

    Wenn beispielsweise ein Lübecker nach Bayern zum Studieren kommt, hat er weit aus weniger Chancen das Studium erfolgreich abzuschließen.

    Wenn diese Chancengleichheit geben wird, dann können wir über Gesamtschulen reden.

    Trotzdem finde ich das Gesamtschulenkonzept sehr gelungen, da in diesem Schulsystem, endlich Leistungsdruck vonseiten der Schüler kommt und nicht vom Lehrer. Ich als M-Zügler, in der 10. Klasse einer Hauptschule, kann nur bestätigen, dass der Leistungsdruck meistens von den Lehren praktiziert wird.

     

    Ein schönes Wochenende,

     

    Viktor

  • L
    Lemsi

    Eltern sind konservativ? Eltern wollen dieses Elitedenken?

     

    Also in unserem Umfeld ist die Mehrheit der Eltern der Meinung, dass dieses Schulsystem Asozial und Kinderfeindlich ist.

    Eine Schule die alle gemeinsam bis z.B. zur 9. oder 10. Klasse besuchen und dann das Abitur anfängt hilft unserer Gesellschaft und unseren Kindern mehr.

     

    Finnland zeigt es ja ...