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Debatte KruzifixUnchristliches Abendland

Kommentar von Ralph Bollmann

Die europäischen Werte gründen in der griechisch-römischen Antike und der modernen Aufklärung. Der Beitrag der Kirchen war, höflich gesprochen, ambivalent.

Hat das monotheistische Christentum einst die toleranten Kulturen der Antike zerstört? Bild: ap

E s war die Ministerin selbst, die am Montag den fragwürdigen Begriff benutzte. Sie wisse um die Bedeutung der "christlich-abendländischen Kultur", erklärte die neue niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan am Montagnachmittag vor der CDU-Landtagsfraktion. Auch ihre Kritiker aus CDU und CSU wurden nicht müde, Christentum und Abendland begrifflich in eins zu setzen, gerne noch kombiniert mit Hinweisen auf Judentum oder Aufklärung.

Warum das Abendland ausschließlich christlich oder auch jüdisch-christlich sein soll, wissen die Kritiker der Ministerin allerdings nicht schlüssig zu erklären. Mit historischen Fakten oder der Mehrheitsmeinung in der Geschichtswissenschaft lässt sich eine solche Sicht jedenfalls so schwer in Einklang bringen wie Guido Westerwelles Thesen über spätrömische Dekadenz.

Bislang herrschte doch eigentlich Einigkeit darüber, dass die Wurzeln des europäischen Denkens im antiken Griechenland zu suchen sind. Was wir heute als okzidentalen Rationalismus bezeichnen, verbreitete sich dann mit Hilfe römischen Machtbewusstseins über die gesamte mediterrane Welt. Politische Selbstverwaltung, Debattenkultur, Toleranz gegenüber dem Andersartigen: das alles war längst da, als eine intolerante Sekte die Grundlagen der antiken Welt zu erschüttern begann.

Bild: taz

Ralph Bollmann ist Leiter des Parlamentsbüros der taz.

Für seine These, mit dem Monotheismus sei eine neue Art von Hass in die Welt gekommen, wurde der Ägyptologe Jan Assmann fast ebenso geprügelt wie jetzt die niedersächsische Sozialministerin. Dabei war diese Sicht keineswegs neu. Schon vor zweihundert Jahren wies der britische Historiker Edward Gibbon darauf hin, dass vor allem der Aufstieg des Christentums die tolerante Kultur der Antike zerstörte.

Die neuere Forschung sieht das vermeintlich christliche Mittelalter als einen Prozess der gleichzeitigen Ausbreitung aller drei monotheistischen Religionen - des Christentums im Westen, des Islams im Osten und des Judentums in der Diaspora. Zur Wahrheit gehört auch, dass alle drei Religionen Errungenschaften der Antike weitertrugen.

Dass der Islam, der dabei erst führend war, später ins Hintertreffen geriet, dürfte auch mit älteren kulturellen Prägungen des östlichen Mittelmeerraums zusammenhängen. Vor allem mit der zunehmenden Erstarrung von byzantinischer Kultur und orthodoxer Religion, als deren legitimer Erbe sich das heutige Griechenland versteht.

Erst die Emanzipation von der christlichen Dogmatik in Renaissance und Aufklärung schuf die Grundlagen dessen, was wir heute das Projekt der Moderne nennen. Der Weg dahin war lang und widersprüchlich. Während sich in den katholischen Ländern die Sphären von Kirche und entstehenden Nationalstaaten ausdifferenzierten, bedeutete die Reformation Luthers in dieser Hinsicht einen historischen Rückschritt.

Sie begründete eine Einheit von Staat und Kirche, die in Preußen zwar 1918 formal endete, in zahlreichen Regelungen des deutschen Staatskirchenrechts aber fortlebt. Auch Überbleibsel der weltlichen Herrschaft, die katholische Bischöfe bis 1803 in den süddeutschen Fürstbistümern ausübten, finden sich im bayerischen Konkordat bis heute. Dass ausgerechnet Verfechter dieser Sonderregeln der kemalistischen Türkei Vorhaltungen über die Trennung von Staat und Religion machen, erscheint einigermaßen bizarr.

Diese Vorgeschichte erklärt, warum man sich in Deutschland mit laizistischen Ideen bis heute schwertut. Glaubensfreiheit wird in Deutschland traditionell nicht im Konflikt zwischen Staat und Kirche hergestellt, sondern durch den Antagonismus der beiden Konfessionen, die sich gegenseitig in Schach halten - erst durch blutige Kriege, seit dem Westfälischen Frieden von 1648 durch juristische Verträge.

Die bisherigen Versuche, die moderne Einwanderungsgesellschaft in Deutschland staatskirchenrechtlich einzuhegen, zielen auf die Einbeziehung des Islams in das bestehende konfessionelle System. Von den christlichen Kirchen wird dieses Argumentationsmuster bewusst eingesetzt, um den Säkularisierungsprozess einzudämmen und die wachsende Gruppe der Atheisten und Agnostiker als Defizitwesen erscheinen zu lassen. Mit abendländischen Werten hat das wenig zu tun, umso mehr dafür mit christlicher Interessenpolitik.

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75 Kommentare

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  • H
    Hugenotte

    Darauf, dass die Antike aus heutiger Sicht nicht ganz so tolerant war, wie einige propagieren, wurde in den Kommentaren bereits ausgiebig eingegangen. Zum Thema Ambivalenz des Mittelalters (unter dem Gesichtspunkt Dominanz der großen monotheistischen Religionen Islam und Christentum) hier mal ein Literaturtipp: Henri IV (beide Bände) von Heinrich Mann und ein Hinweis auf eine aufschlussreiche Dokumentation (bisher gesendet auf Phoenix und Arte und 3-Sat: Spanien unter dem Halbmond.

  • S
    Shrike

    Typisch taz:

     

    Auf das Christentum wird draufgehauen, aber der Islam wird in Schutz genommen.

     

    "Dass der Islam, der dabei erst führend war, später ins Hintertreffen geriet, dürfte auch mit älteren kulturellen Prägungen des östlichen Mittelmeerraums zusammenhängen. Vor allem mit der zunehmenden Erstarrung von byzantinischer Kultur und orthodoxer Religion, als deren legitimer Erbe sich das heutige Griechenland versteht."

     

    Diese steile These sollte Herr Bollmann mal untermauern.

     

    Und natürlich ist das Abendland auch stark christlich geprägt, nur haben sich mittlerweile die auklärerischen Ansätze, die es in der Antike schon gab, in weiterenwickelter Form durchgesetzt, während das Christentum in großen Teilen Europas stark auf dem Rückzug ist.

     

    Wenn herr Bollmann dies als Verbesserung empfindet, sollte er sich (wie viele Linke) schon mal fragen, was das wachsende Gewicht des Islam dann für Europa bedeuten könnte.

     

    Ich bin auch Atheist, aber meine Religionskritik ist nicht so einseitig.

  • K
    kami

    Mist, mein gestriger Post ist irgendwie verschütt gegangen. 2. Versuch, hoffe, es gibt kein Doppelposting:

     

    @Ralf B

    Das ist ein wichtiger Punkt, dass es Unterschiede zwischen der Lehre des Christentums und den kirchlichen Institutionen gibt. Wie auch zwischen Kirchenvertretern und "Kirchenvolk", siehe Kirche von unten u.ä. Bewegungen.

     

    Allerdings ist die Trennung auf den zweiten Blick vielleicht doch nicht so ganz trennscharf. Denn auch, was wir von Christus und Co. so zu wissen vermeinen (also z.B. das, worauf sich gläubige Anhänger des "Christentums" berufen würden, die vielleicht mit "der Kirche" als Institution nichts oder wenig Unkritisches am Hut haben) beruht ja auf einer langen Überlieferungsgeschichte, die alles andere als institutionsfrei oder unproblematisch ist. - Siehe z.B. die Kreise und Konzilien im Christentum, die entschieden haben, welche Texte "in die Bibel rein dürfen". Selbiges gilt natürlich auch für den Koran und noch mehr für die diversen Hadithe, auch wenn Fundis aller Couleur immer gern so tun, als ob sie Zugang zu einem Wissen hätten, das als reines Wort Gottes direkt vom Himmel gefallen ist.

     

    Insbesondere sollte man sich m.E. vor einer idealisierenden Trennung hüten, die "den bösen Institutionen" viel Fehler nachweist, aber die "eigentliche Lehre" dagegen als schön und gut ansieht. - Nicht nur weil auch letztere immer machtvoll gefiltert und mithin "uneigentlich" ist (siehe oben). Sondern auch, weil die Lehre Christi, wie jede Religion, ganz abgesehen von ihren amtskirchlichen Pervertierungen neben vielem Schönen doch auch recht viel Heikles und Problematisches enthält. Paulus zum Beispiel: Glaube Liebe Hoffnung und das Wichtigste ist die Liebe.. das ist doch herrlich und auch im 21. Jahrhundert etwas, das sich gute Christen gerne als Beleg für das eigentlich wunderbare Christentum hernehmen. Der Mist, der ein par Seiten weiter steht (Männer, die bei Männern schlafen, sind von Gott nicht gewollt; das Weib hat im Gottesdienst stille zu sein; Frauen müssen lange Haare haben und Männer kurze etc.) wird dagegen allzu gern unterschlagen.

     

    Ich finde so ein Herauspicken der Lieblingszitate, die uns heute noch taugen, durchaus ok und legitim... solange nicht so getan wird, als ob die anderen nicht auch da stünden. Ist das nun eine "aufklärerische" Haltung, die sich von Religion weg hin zu säkularer Ratio bewegt? Stellt sich der Mensch damit gar über Gott (falls es das olle Spaghettimonster gibt)? Ratzinger und die Mullahs sehen das wohl so. Ich selbst empfinde es dagegen als großen Widerspruch, wenn diese achsogläubigen Herren immer die ganze Welt belehren, was Gott so will und nicht will, als ob sie eben mit ihm telefoniert hätten oder selbst Gott sind. Diese Dauerdummheiten: "Gott will nur männliche Priester, ich weiß das." "Gott will, dass Du folgende Zutaten nicht in Deine Steaksauce tust..". "Gott will die Bedeckung Deiner Haare bis zur folgenden Höhe, das weiß ich ganz genau." Oh weia.

    Sollte nicht gerade der besonders gläubige Mensch sich vor der alles übersteigenden Größe seines angebeteten Gottes in Demut verneigen und sein eigenes kleines Unwissen eingestehen? Das wäre mal eine ganz neue Rolle für all die Glaubensinstitutionen, die sich immer so gern als Bollwerke der Werte und Wahrheiten in der bösen Postmoderne gerieren: die Anleitung zur Demut der kleinen Einzelmenschen. Sehr toleranz- und demokratiefördernd; wäre doch mal was zur Versöhnung des Glaubens mit dem 21. Jahrhundert (und endlichen Entschärfung der leidigen Kruzifix-, Kopftuch- und sonstigen Hypes).

     

    Mit Dank für eine spannende Debatte und agnostischen Grüßen.

  • N
    Nigredo

    @Ralf B.

     

    Ich kann für mich nur sagen, dass ich in diesem Zusammenhang keinen Unterschied mache, weil es die Vertreter nicht tun.

    Persönlich habe ich gar nichts gegen Glauben als solchen, und ich bin überzeugt davon, dass das biblische Jesus Christus in seinem Grabe routierte, wenn er die heutige Kirche sähe, weil sie genau das ist, was er immer bekämpft hat. Jesus würde vor Scham kotzen, wenn er sähe, dass der Inquisitor aus Altötting wie sein Vorgänger Latexprodukte verbietet, so dass an dieser Engstirnigkeit tausende unschuldiger Menschen krepieren.

     

    Gerade weil sich viele für gläubig halten und sich trotzdem der Kirche unterordnen in ihrem Glauben (zunächst einmal ihren privaten Glauben zu einer öffentlichen Religion machen), kommt es ja dazu, dass die Kirche ihren schädlichen Einfluss überhaupt erst geltend machen kann. Und wenn man in dieser Religion dann statt verschiedener Machtzentren in verschiedenen Tempeln nur einen einzigen Diktator in Rom hat ("Der Führer hat immer Recht!"), dann kommt es eben insgesamt zu so faschistoiden Auswüchsen wie im Katholizismus.

  • RB
    Ralf B.

    Ich stimme mit Herrn Bollmann völlig überein. Jedoch eines fällt mir bei der Zeitungslektüre schon seit längerem auf:

    Es wird kein Unterschied gemacht zwischen Christentum und Kirche, zwischen christlich und kirchlich. Es scheint in diesem Land auf der einen Seite nur Atheisten zu geben, die Kirche und Christentum gleichermaßen ablehnen, weil sie beides in einen Topf werfen, und auf der anderen Seite nur Kirchenmitglieder (darunter auch viele Politiker), die der Ansicht sind, dass die Institutionen katholische Kirche und evangelische Kirche das Christentum vertreten.

    Den Vertretern dieser Anschauungen ist aus meiner Sicht nicht hinreichend bewusst, wie wenig die Kirchen und die ihnen treu ergebenen Politiker mit der Lehre des Jesus von Nazareth zu tun haben. Die katholische Kirche entstand dank der Machtpolitik des skrupellosen Herrschers Konstantin, nach heutigem Rechtsverständnis ein Krimineller und Menschenrechtsverbrecher ersten Ranges, in der katholischen Kirche jedoch bis heute ein verehrter Heiliger. Die evangelische Kirche entstand, als einige Fürsten die Reden eines Martin Luther zum Vorwand nahmen, um sich der Bevormundung durch den katholischen Kaiser zu entziehen. Diese "protestantischen" Herrscher ernannten sich dann auch gleich zu den obersten Führern der evangelischen Kirche, abgesegnet durch Luther, welcher lehrte, dass alle Obrigkeit von Gott eingesetzt sei und somit u.a. auch gerechte Kriege führen dürfe. Jesus lehrte solches nicht. Seinen Jüngern gab er eine Vorausschau der Geschichte: "Haben sie mich verfolgt, so werden sie auch Euch verfolgen." Und tatsächlich wurden die Menschen, die die Lehre Jesu ernst nahmen wie zum Beispiel die Manichäer, die Bogumilen, die Katharer in den nachfolgenden Jahrhunderten meistens grausam verfolgt und ausgelöscht. Wobei die Anstifter zur Ketzerjagd stets in kirchlichen Kreisen zu finden waren. Ähnlich geschieht es auch in der heutigen Zeit.

     

    Quellen und weitere Informationen:

    Sind die Werte, die die Kirchen vertreten, christlich?

    http://www.theologe.de/pro-ethik.htm

    Klage gegen die Kirchen und ihren Etikettenschwindel

    http://www.christus-oder-kirche.de/index.php

  • WS
    Werner Sommer

    @ 27.04.2010 21:19 Uhr von chris:

     

    Nein! Hitler hat seine Herrschaft und seine antisemitische Ideologie dem römischen Katholizismus zu "verdanken":

     

    Die alten Eliten der Weimarer Republik (von Hindenburg, Industrielle) verachteten Hitler als "böhmischen Gefreiten"; in den genannten Kreisen wurde Hitler erst durch Franz von Papen salonfähig und zum Kanzlerkandidaten gemacht, also durch einen Funktionär der römisch-katholischen Zentrumspartei.

     

    Am 23.03.1933 schlossen sich die römisch-katholischen Abgeordneten im Reichstag den Nazis an und verschafften diesen die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit, um Hitler zum Diktator mit Gesetzgebungsvollmacht zu ermächtigen. (Ermächtigungsgesetz = "Zerstörung der Demokratie", wie bundestag.de auf seinen Info-Seiten sagt.)

     

    Römisch-katholische und z.T. lutherische Priester bzw. Funktionäre hatten Jahrhunderte lang gegen Juden gehetzt und gepredigt und auch antisemitische Reliefs an Kirchengebäuden angebracht. Dieser christliche Totalitarismus war das Beet, in dem der nazistische Rassismus wurzeln und gedeihen konnte.

     

    Ergo: Ohne Christen, insbes. ohne röm. Katholen, hätte es keine Nazis, keinen Antisemitismus, keinen Völkermord und vielleicht auch keinen 2. WK gegeben.

  • T
    Thomas

    Ich denke, Toleranz ist nie ein besonderer Wert, wenn man meint die Wahrheit zu besitzen. Letzteres kann sicherlich für die Religionen gelten, aber auch für Weltanschauungen, welche sich nicht auf Gott berufen.

     

    Ich denke, der Hauptbeitrag der christlichen Religion für die heutige Gesellschaft liegt in anderen Bereichen und zwar insbesondere in dem Blick für die sogenannten "Verlierer" der Gesellschaft. Ein großer Kritiker des Christentums hat ja selbigen vorgeworfen, mit seiner Sklavenmoral ebend die griechischen Herrenmenschenwerte in der Gesellschaft zu zerstören.

     

    Also ich gehe mal fest davon aus, dass unsere westliche Gesellschaft ohne den Einfluss des Christentums schon anders aussehen würde. Ob besser oder schlechter, dass steht ja hier nicht zur Debatte.

  • N
    Nigredo

    @kami

    Der zweite Abschnitt meines Beitrags bezog sich schon nicht mehr auf den ihren, sondern auf die gesamte Diskussion.

    Selbiges gilt für diesen.

     

    Ich habe an anderer Stelle bereits formuliert, dass mir ein Fenster, durch dass die Sonne in den Klassenraum scheint, mir genug Symbol ist - für die Aufklärung (dennoch mag es dem ein oder anderen auch als Symbol Gottes stehen, das ist mir egal und fällt ebenso unter Toleranz^^).

     

    Idole gehören so oder so nicht in die Klassenräume. Einen kritischen Kopf aufzuhängen, führt ebenso ins Dogma, darum gilt nur das alte Dogma "kill your Idols" oder buddhistischer: "Siehst du den Buddha, töte den Buddha!". Ethik und Moral sind keine religiösen Werte, sondern sind bereits unter Tieren verbreitet, weil sie der Arterhaltung diesen - das erstaunlichste Beispiel ist hier wohl die Vampirfledermaus - es würde also niemand in die Barbarei verfallen, wenn diese Tugend nicht mehr von Gott gedeckelt würde, sondern einfach für sich und für alle gilt (den Griechen galt sie selbst den Göttern, die ebenso diese Tugend vermissen lassen konnten).

     

    Aufgrund seiner Unverfänglichkeit und allgeimeinen Aussagekraft ist mir der griechische Mythos darum so viel lieber, nicht nur, weil er von größerer Weisheit zeugt als die biblische Dogmatik, deren Aussage es ist, es gäbe eine Hierarchie (i.e. "göttliche Ordnung"), die ein für alle Zeiten gilt. Im Gegensatz dazu steht zum Beispiel der Prometheus-Mythos, der davon erzählt, wie dieser gegen diese Ordnung verstieß und dafür von Zeus an einen Felsen im Kaukasus gefesselt wurde. Zeus' Sohn Herkules war es dann, der ihn wieder befreite. Grundtenor: Was richtig ist, muss nicht zwangsweise gut sein und andersherum. Und was den Vätern noch galt, kann morgen schon nicht mehr gelten. Auch aus diesen Gründen erlebte das Antike Griechenland in der Aufklärung seine Renaissance.

  • O
    Oberhart

    Zunächst mal Gratulation zu dem guten Artikel. Ob die Antike jetzt tolerant(er) war oder eher nicht, ist meiner Meinung nach völlig irrelevant. Wichtig ist doch, einfach mal festzustellen, dass Menschenrechte zum Beispiel so gut wie alle GEGEN die Religionen durchgesetzt werden mussten. Es gibt wohl nicht ein Menschenrecht, nicht einmal das auf freie Religionsausübung, das nicht gegen die Kirche(n) verteidigt werden musste. Wer hier die Religionen als Stifter der Menschenrechte hinstellt ist ein übler Geschichtsverdreher.

     

    Wenn hier der Leser Erikius Vertreter der Kirchen als treibende Kräfte zur Bekämpfung der Sklaverei ausmacht, dann unterschlägt er, dass die Gegenseite sich ihre Meinung ebenfalls biblisch-religiös legitimieren liess. Oder mit Blick auf muslimische Geistliche in Nordostafrika sogar noch immer legitimieren lässt.

     

    Witzig auch die Darstellung des Lesers Chris, es seien Christen unter den Nationalsozialisten verfolgt gewesen. Diesen Blödsinn kann er zwar leider an einer staatlichen deutschen Schule so gelernt haben, richtig ist das allerdings nicht. Es gab zwar vereinzelte Christen, die verfolgt wurden, aber niemals aufgrund ihres Glaubens. Wenn er mal die Zeit hat, kann er sich ja mal die Hirtenbriefe der Bischöfe aus der Zeit zu Gemüte führen. Führende Antisemiten der Zeit waren nicht eben selten Theologen - und der Antisemitismus wurde religiös legitimiert (Stichwort: Christusmörder).

     

    Da bleibt eigentlich nur, der taz zu wünschen, dass Religionskritik jetzt häufiger das Wort bekommt.

  • K
    kami

    @jan79

    Hmja, das Lustigmachen über Tippfehler zeugt nicht von guter Debattenkultur. Dennoch scheint es mir (die selbst genug Vertipper produziert) legitim, die Schreibung "Tolleranz" ein wenig durch den Kakao zu ziehen - zumal, wenn sie durchgängig erscheint. Das ist dann doch eher kein Tippfehler, sondern zeugt schon ein Bißchen von Unkenntnis der hier zur Debatte stehenden Grundbegriffe.

  • K
    kami

    @Nigredo:

    Bin nicht ganz sicher, wie sich Ihr Kommentar auf meinen Beitrag beziehen soll. Er klingt wie eine Gegenposition, bringt inhaltlich aber eher eine Bestätigung. Wie auch immer:

     

    Stimme Ihnen voll zu, dass es auch im letzten Jahrhundert bezüglich Frauenrechten u.a. alles andere als rosig aussah. - Nicht nur, weil sich das schlechte Erbe kirchlicher Institutionen bis in diese Zeit fortgesetzt hat, sondern auch, weil durchaus auch ab dem Zeitalter der religionskritischen Aufklärung (und unter der Ägide vieler religionskritischer Aufklärer)einige undemokratische Intoleranzen und Ungleicheiten in die Welt gesetzt und perpetuiert worden sind. (Der spätere Kolonialismus im Namen der "Zivilisierung und Aufklärung Unzivilisierter" beispielsweise war nicht viel besser als der Kolonialismus unter dem Banner der "Christianisierung von Heidenmenschen".)

     

    Mithin würde ich nicht dafür plädieren, statt Kreuz einfach ein Voltaire- oder Kant-Portraits in die Klassenzimmer zu hängen.

    Dennoch sind mir letztere deutlich lieber und demokratisch-verfassungskonformer als der Papst oder Mohammed und Co.

    Der Tradition der Aufklärung ist doch immerhin auch die Möglichkeit des kritischen Nachdenkens und Weiterdenkens über eigene aufgeklärte Positionen und ihre Unzulänglichkeiten inhärent.

    Die Monotheismen dagegen (insbesondere in ihrer institutionalisierten Form) haben diese schreckliche Tendenz, immer als alleinige Vertreter einzig seligmachender, überzeitlicher und absoluter Wahrheit aufzutreten.

    Mir scheint, ein Teil dieser "wir lassen uns unsere Kreuze nicht abhängen"-Hysterie ist auch dem dümmlichen Denkfehler vieler Religösen zu verdanken, dass das einzige Gegenmodell zu göttlich-absoluten Wertesystemen ein verdamenswerter Anything-goes-Relativismus ohne jegliche Ethik sei. Es ist zum Verzweifeln.. und beweist umso mehr, wie dringend unsere Schulen Einweisungskurse in Ethik und Grundlagen der Logik notwenig hätten statt konfessionsgebundenem Religionsunterricht.

  • N
    Nigredo

    @jan79

    Wenn der Standpunkt des Anderen schon so lächerlich ist, dass er nur deshalb diskussionswürdig ist, weil zu viele ihn teilen, dann muss es auch erlaubt sein, sich die Diskussion dadurch schönzureden, dass man wenigstens auch auf einem Fehler wie "Tolleranz" herumreiten darf - schon weil der auch so weit verbreitet ist unter denen, die gern mehr "Tolleranz" für sich einfordern ohne sie anderen zu gewähren.

    "Ein bisschen Spaß muss sein...!"

    (Warum eigentlich nur ein bisschen?)

  • J
    jan79

    interessante debatte.

    den einfluß der monotheistischen kulturen auf unsere heutige ethik zu leugnen, ist sicher etwas kurzsichtig.

    nur kann ich die legende vom christlichen abendland eben auch nicht mehr hören.

    zu den sklavenhaltern der antike/ sklavenbefreienden christen/ abolitionisten:

    die sklavenhaltenden gentlemen des südens der usa verstanden sich durchaus als christen ebenso wie andere kolonialmächte latein- und südamerikas und afrikas, die mit hilfe afrikanischer sklaven ihre reiche aufbauten und ihren reichtum vergrößerten und natürlich auch das wort gottes in die barbarei trugen. die am erfolgreichsten sklavenhandelde nation der neuzeit ist übrigens das katholische portugal. rein zahlenmäßig dürfte der neuzeitliche sklavenhandel den antiken eher verblassen lassen, ebenso war das leid dieser "christlichen" sklaven keinen deut geringer.

    gern vergessen wird ja auch die leibeigenschaft im europäischen feudalimus, durchaus ein form der sklaverei.

     

    @all

    sich über rechtschreibfehler anderer lustig zu machen und mit diesen zu argumentieren zeugt auch nicht gerade von scharfsinn und "debattenkultur".

  • RH
    Rainer Hercher

    Danke, dass endlich mal jemand den Mut hat, das zu schreiben bzw. zu drucken. Die achso christlichen Werte, die für uns heute so selbstverständlich sind, wie Menschenrechte und Demokratie sind ja nun alles andere, aber eben gerade NICHT christlich. Diese Werte mussten gegen den Widerstand der christlichen Kirchen durchgesetzt werden.

     

    Gleichberechtigung, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit etc, wurden bis in die 1960 Jahre hinein von der Kath. Kirche als "Teufelszeug" verdammt. Und heute sind´s allesamt christliche Werte? Verlogner gehts nimmer. Dass die Kirchen heute so tun als hätten sie´s erfunden, liegt nur daran: "Was die Kirche nicht verhindern kann, dass segnet sie" (Kurt Tucholsky)

     

    Ich wünsche mir mehr Journalisten und vor allem endlich auch Politiker, die den Mut haben, das Christentum und die Kirchen als das zu sehen, was sie wirklich sind: Das Bleigewicht an der Menschlichkeit und am Verstand der Menschheit.

     

    In einem Punkt möchte ich Herrn Bollmann jedoch teilweise widersprechen: Die Antike war, jedenfalls nach unserem heutigen Verständnis, nicht so tolerant, wie er das beschreibt. Es gab auch dort Sklaverei, Todesstrafe und andere grausame Dinge. Dass die Machtübernahme des Christentums im Laufe des 4. Jahrhunderts direkt ins dunkle Mittelalter geführt hat, in welchem (und darüber hinaus) diese Unmenschlichkeiten qualitativ und quantitativ bis zum Exzess ausgedehnt wurden, und die Kirche daran glänzend verdient hat, sollte die Unzulänglichkeiten der Antike nicht vergessen machen.

     

    Friedliche und freigeistige Grüße

    Rainer Hercher

  • N
    Nigredo

    @Kami

     

    "Nur zwei Dinge im Leben sind sicher: Der Tod und Steuern" (jaja, ich weiß, der funzt nur, wenn man die deutsche Übersetzung von "taxes" (Steuern) mit "toll" (Gebühren) falsch ins Englische rückübersetzt und ja, es ist nicht witzig, wenn man es erklären muss, aber "Toleranz" mag ja "toll" sein, sie bigott einzufordern und dabei falsch zu schreiben, ist es nunmal nicht!

     

    Übrigens mag es ja richtig sein, dass es in der Antike Sklaven gegeben hat und solche die nicht wählen durften, aber wie war das denn noch Mitte des letzten Jahrhunderts rechtlich mit der Stellung der Frau oder mit den Homosexuellen? Selbst heute noch werden beide von der katholischen Kirche heftigst diskriminiert.

  • K
    kami

    P.S.: Bin ich die einzige, der es schwerfällt, Ko-Kommentare ernstzunehmen, die dem Autor Unwissenheit vorwerfen aber "Tolleranz" druchgängig mit Doppel-l schreiben?

  • K
    kami

    War ja klar, dass so ein Artikel wieder kreischende Vertreter des christlichen Abendlands auf den Plan ruft. (Hat PI wieder Ausgang?)

    Auch ich finde den Artikel deutlich zu beschönigend in seiner Darstellung der angeblich toleranten und demokratischen Antike - und finde die Kommentare mit Hinweisen auf damalige Sklaverei, Demokratie nur für ausgewählte männliche Eliten etc. sehr angebracht.

    Dennoch ist es ja ganz eindeutig nicht das Ziel des Artikels, das Christentum zu verteufeln und die griechische Antike wieder hochleben zu lassen. Vielmehr geht es darum, alle Kreuzanbeter darauf hinzuweisen, dass der Einfluß des Christentums mehr als ZWEIDEUTIG ist und (wie alle Monotheismen) auch unglaublich viel Antidemokratisches und Intoleranz hervorgebracht hat. Ein Teil unserer heutigen demokratischen Toleranz mag durchaus dem Christentum entspringen, ein guter und eher sehr viel größerer Teil aber eben auch jenen Bewegungen (Aufklärung, Rationalismus), die sich gegen Religion und insbesondere auch kirchliche Dogmatisierung und Institutionalisierung gewendet haben.

    Also regt euch doch mal wieder ab, ihr Christenmenschen. Niemand will euch absprechen, dass das CHristentum auch ein paar gute und wichtige EIgenschaften hatte.

    Was aber gar nicht geht ist, es als alleinige Grundlage unserer Kultur und Demokratie hochzujubeln und die wichtigen demokratischen Impulse aus christentumskritischer Tradition zu verleugnen oder zu vereinnahmen.

     

    Nichts anderes passiert, wenn in staatlichen Schulen das Christenkreuz als alleiniges Symbol für "demokratische Grundwerte" ausgehängt wird. Pfui Teufel. ALso hängt gefälligst Kant und Voltaire daneben/darüber, Buddha und Baha’u’llah nebendran... oder laßt uns solche Symbolik komplett abhängen (wie es Frau Ministerin Özkan gefordert hat). Hängt meintwegen stattdessen eine Kopie unsere demokratischen Verfassung auf.

     

    Vielleicht kapiert ihr ja auch irgendwann mal, weshalb es schwulen, lesbischen, geschändeten, aus ehemals kolonisierten und zwangschristianisierten Länder stammenden, atheistischen, muslimischen oder agnostischen Menschen solch ein Grauen ist, dass "im Zeichen des Kreuzes" Mathematik und Ethik gelehrt werden soll. Und vielleicht kapiert auch die eher limitierten Monotheistenhirne unter uns mal, dass die Forderung nach Kreuzabhängung in staatlichen Schulen keine Verleugnung von ein paar netten EIgenschaften des CHristentums bedeutet.

  • G
    Gurke

    Bei diesem Streit geht es um Toleranz. Der Staat muss neutral sein, also auch das Christentum nicht durch das Aufhängen von Kruzifixen bevorzugen.

     

    Wenn man die Toleranz mit "christlichen Werten" begründet (, was man, wenn man sich die richtigen Stellen raussuchen würde, durchaus machen kann), ist das genau so gut, wie wenn man irgendwelche antiken Philisophen oder die "Toleranz der Polytheistischen Religionen" (zumindest einigen anderen Polytheisten gegenüber) oder irgendwas völlig anderes als Grundlage nimmt.

     

    Es geht aber hier nicht darum, irgendwelche Jupiter/Zeus/Thor/Osiris-Statuen aus den Klassenzimmern rauszuhalten, um in öffentlichen Gebäuden Neutralität und Religionsfreiheit zu demonstrieren, sondern um Kruzifixe, die nun mal leider (egal für welche Werte sie auch stehen mögen) ein Symbol des Christenums und damit eben nicht neutral sind.

  • M
    Martin

    Es war einmal ein großer Denker, Jude und Deutscher, der die immer noch richtigen Worte prägte: Religion ist Opium für das Volk. Mit anderen Worten ist sie Teil der Herrschaftsstruktur einer Gesellschaft. Die 'Wurzeln' des Abendlandes? Kreuzzüge, die Plünderung von Byzanz, die Inquisition, die Vernichtung der Kulturen Mittel- und Südamerikas, Hexenverbrennungen, man kann gar nicht genug aufschreiben, was das Christentum auf seinem Gewissen hat, von der Hilfe des Vatikans für die NS-Verbrecher bei deren Auswanderung nach Südamerika ganz zu schweigen. Und jetzt die Kindesmißhandlungen. Und die Frechheit, einer Frau Özkan mit ihren Ansichten der Religionsfreiheit dumm zu kommen. Bloß gut, dass wir es hierbei mit einer absterbenden Spezies zu tun haben.

  • HJ
    Hans-Heinrich Jansen

    Auf die Gefahr hin, daß das schon jemand geschrieben hat: Die Christenverfolgungen im antiken Rom sind dem Kommentator offenbar entgangen. Oder paßten sie ihm nicht in den Kram, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Diese Form von Geschichtsfälschung ist auch für einen pointierten sein wollenden Kommentar zu viel des Guten und schlägt ins Gegenteil um, sie entwertet ihn.

  • ID
    I DenkSchlächter

    Macht's wie ich: ich unterscheide nur zwischen Armleuchtern und netten Menschan.... Als linker Atheist kann ich mir das leisten...

  • N
    Nigredo

    @Maria: Damals konnte man Toleranz immerhin richtig schreiben!

     

    Das eine polytheistische Gesellschaft religiös toleranter ist, liegt in der Natur der Sache: Man hat nichts per se gegen die fremden Götter, oft fügt man sie sogar in den eigenen Pantheon ein oder sieht die fremden gleich als die eigenen an (Sehe die Griechen und ihr Blick auf die Ägypter).

    Beim Eingottglauben ist es dagegen so, dass der fremde Gott, selbst wenn er derselbe ist, wie der eigene und nur einen andren Namen hat, mit Kreuzzügen bekämpft wird. Der Islam schützt immerhin noch die Juden und Christen und bekämpft nur die Polytheisten, das Christentum dagegen führt Krieg gegen Juden, Muslime und sich selbst gleich noch mit.

     

    Man mag nun behaupten, dass die christliche Nächstenliebe ein wichtiges Motiv der Toleranz sei, aber galt sie immer nur für den Nächsten und nie für den Andersgläubigen, ausserdem entstammte sie direkt der griechisch-römischen Antike und wurde lediglich in einen neuen Terminus gefügt.

    Ähnlich stumpf könnte man behaupten, die Deutschen hätten das Wasser erfunden, weil die Römer nur "aqua", aber eben kein Wasser kannten.

    Ganz nebenbei ist auch die Vermittlung polytheistischen Glaubens viel stärker auf Toleranz ausgelegt, weil die ibel im Wesentlichen ein Gesetzbuch ist, dass keine Kritik erlaubt, der Mythos aber ein offenes System, dass zur Tugend erziehen soll. Das "dunkle Mittelalter" mag eine Erfindung sein, der christliche Beitrag zur Entstehung der modernen Gesellschaft ist es aber ebenso.

  • S
    susi

    Ein lesenswerter Artikel, aber leider recht einseitig in seiner träumerischen, utopistischen Perspektive ganz im Sinne Winckelmanns. Niemand wird bestreiten, dass die abendländichen Wurzeln auch und vielleicht sogar vor allem in der Antike liegen. Aber weder Freiheit und Gleichheit, noch Grund- und Menschenrechte lassen sich allein aus antikem Gedankengut ableiten, sondern bedurften zunächst eines christlichen Verständnisses, das dann wiederum in seinem Antipoden, der Aufklärung, seine Vollendung fand.

  • NF
    Norman Frey

    Und am interessantesten finde ich ja, dass das "Jüdisch-Christliche Abendland" auf einmal seine Werte aus der Religion gezogen haben will, die es mind. 1000 Jahre lang verfolgt hat.

  • NF
    Norman Frey

    Ist es nicht völlig egal, ob die Aufklärung ihre Ideale nun aus der Antike oder aus der (reinen) christlichen Lehre gezogen hat? Fakt ist doch, dass sie es war, die die Werte von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit hervorbrachte und das Christentum sie nicht gerade befördert hat.

     

    Also wissen wir nicht wer letztendlich die Religionsfreiheit erfunden hat; gut ist sie trotzdem und steht deshalb in der Verfassung. Und aus dieser Religionsfreiheit folgt (wie das Verfassungsgericht richtig festgestellt hat), dass Kruzifixe nix in staatlichen Klassenräumen zu suchen haben!

  • FN
    Floda Nashir

    Die christliche Phase unserer Kultur/Geschichte will ja niemand leugnen, aber eine sooo große Rolle spielt sie heute eben nicht mehr, schon gar keine alleinige oder prägende.

     

    "Aber so gut wie jedes Menschenrecht, dass sich in irgendeiner Weise auf die Wertigkeit der Menschen bezieht kann man in der Bibel nachlesen." Und in allen anderen moralisch-ethischen Schriften/ Regelwerken ebenso. Das ist doch keine christliche Errungenschaft, sondern schlicht und einfach menschliches Grundbedürfnis.

     

    Und der Chris kommt hier tatsächlich wieder mit dem Herrn Hitler an. Unglaublich!

  • E
    Einer

    Ich finde es erschreckend, wie sehr in einem modernen demokratischen Staat tatsächlich die folgerichtige Forderung einer Ministerin, religiöse Symbole aus staatlichen Einrichtungen heraus zu halten, derart torpediert wird.

    Ich bin, z.B., ausdrücklich nicht religiös sozialisiert, und ich habe den Eindruck, dass man mir etwas aufzwingen möchte, einen Stempel, dem Motto nahe: "Du kommst aus einem christlich geprägten Land, als bitteschön, erkenne das an und lebe danach!"

    Nöö, ich lebe nach weltlichen Prinzipien, die sich rational begründen lassen und die nicht religiös verbrämt und anachronistisch sind.

    Ich habe die Schnauze einfach voll von Menschen, die sich letztlich als Herrenmenschen aufspielen, die, mittels ihres christlichen Glaubensbekenntnisses, ihre Kinder dazu erziehen, dass sie Menschen ohne oder anderen Glaubens, anspucken, verprügeln und ausgrenzen, so wie das mir in den 80er-Jahren in der Grundschule auf Grund der Tatsache meiner atheistischen Sozialisation passiert ist.

  • E
    Eberhard

    Vielleicht, nur vielleicht, begreift der eine oder andere: Hände, die zu Gebet gefaltet sind, helfen nicht.

  • S
    Sokrates

    Ist in Deutschland schon wieder Ostern?

  • W
    Wolfgang

    Der Glaube versetzt Berge....

    von Menschen unter die Erde!

    Da gibt eine muslimische Ministerin einen Eid ab,

    "..so wahr mir Gott helfe!"

    Wie kann man so scheinheilig einen Eid abgeben, auf eine von Menschen erfundene Gottesfigur und dann noch behaupten, es sei der gleiche Gott, wie der der Juden,

    der Muslime und der Christen. Das nennt man auch zu Kreuze kriechen.

  • N
    Name

    Recht hat er, das Gerede vom jüdisch-christlichen Abendland und der zweitausendjährigen Tradition geht mir gehörig auf den Geist. Es stimmt einfach nicht. Europa hat seine Wurzel, ganz richtig geschrieben, in der Antike. Dass hier eine leichte Schönfärbung stattfindet, ist schade. In der Antike entstand dann auch das Christentum, dass dann im Laufe der Jahrhunderte mehr Anhänger fand. Wenn ich hier dann aber Kommentare lese, dass das Christentum für die Abschaffung der Sklaverei zuständig war, dann frage ich mich nur, ob denn die Jahrhunderte dazwischen vergessen wurden? Leibeigenschaft wurde von guten Christen praktiziert und auch der Sklavenhandel für Nordamerika lag in der Hand von Christen. (den Islam will ich in dieser Frage nicht ausnehmen, zwar soll man Sklaven frei lassen, doch gibt genug Beispiele für versklavte Christen)

     

    Im Mittelalter wurde Europa sehr stark vom Christentum geprägt, was nicht immer sehr hilfreich war. Seien wir ehrlich, ohne den ständigen Kulturkontakt mit dem Islam, wären viele wissenschaftliche Errungenschaften (zumindest zu ihrer Zeit) nicht möglich gewesen. Dabei war der Islam nicht nur Übermittler des antiken Wissens sondern auch Verwerter desselben. Kommentiert und weitergedacht gelang so ein enormes Wissen nach Europa.

     

    Was dann den Niedergang der Blüte des Islam angeht, so ist dies weniger in irgendwelchen abstrus gedachten Vorstellungen des Ostens begründet, denn vielmehr in der Tatsache, dass sich religiöse Eiferer größeren Einfluss sichern konnten. Die Geschichte von al-Andalus ist zeigt uns z.B. sehr gut, wie dieser ständige Disput zwischen Gemäßigten und Fundamentalisten ausgesehen hat.

     

    Europa ist viel mehr als diese Reduzierung auf (jüdisch-)christliche, was in sich ja schon ein fragwürdiger Begriff ist, wenn man sich mal das jüdisch-christliche Zusammenleben in Europa über die Jahrhunderte hinweg ansieht. Diese Begriffe werden nu genutzt, um sich nach Außen abzugrenzen, weil man meint, dass man (vor allem den muslimischen Migranten gegenüber) eine Identität aufbauen muss, die den Fremden wirklich fremd erscheinen lässt. Damit wir wissen, woran wir sind und wie der Fremde zu werden hat, damit er nicht mehr ganz so fremd ist. Und da er aber fremd ist, können wir uns immer wieder schön vor Augen halten, wie fremd der Fremde eigentlich ist.

     

    Leider verstehen immer noch zu wenige, dass Kulturen sich nicht bekämpfen, sondern befruchten.

     

    Aber nein, über unsere "Tradition" sind wir so fest in unserem Denken, dass wir keine neuen Ideen zulassen. Das, was wir haben, gilt als perfekt und deswegen gibt es keine Diskussion, keinen Austausch. Meistens führt so etwas dann zu Rückschritt und Niedergang. Wir werden sehen.

  • MM
    Mirko Malessa

    von erikius:

    "(...)dass die politische Kirche nichts mit der Bibel zu tun hat und folglich in dieser Hinsicht unchristlich war."

     

    Netter Versuch.

     

    "Später war ein gewisser William Wilberforce (...) er war evangikaler Christ."

     

    Wie alle Menschen zu seiner Zeit, wo er gelebt hat.

     

    "Die Abolitionisten der Nordstaaten waren im Ursprung auch hauptsächlich bekennende Christen."

     

    Viele Ungläubige mit politischem Einfluss wird es damals in den Vereinigten Staaten auch nicht gehabt haben...

     

    "(...)dass vor Gott alle Menschen gleich sind."

     

    Vor Gott. Aber nicht zwischen den Menschen untereinander. Alter Hut. Damit haben schon Sklavenhändler argumentiert. Waren diese Sklavenhändler damals eigentlich Christen...?

     

    "Dies haben weder Römer noch Griechen gekannt."

     

    Stimmt. Die kannten Frei und Unfrei.

     

    "Was hier und da die Kirche gemacht hat steht auf einem anderen Blatt."

     

    Stimmt nicht - das steht auf der Rückseite.

     

    "Aber so gut wie jedes Menschenrecht, dass sich in irgendeiner Weise auf die Wertigkeit der Menschen bezieht kann man in der Bibel nachlesen."

     

    Wollen wir mal auflisten, was David so alles gemordet, gemetzelt, gebrantschatzt, und betrogen hat...? Alles Menschenrechte?

     

    "Es fällt auch heute auf, dass überall wo die Menschenrechte mißachtet werden in der Regel auch die Christen verfolgt werden."

     

    Nicht nur Christen. Aber ihre knappe Ansicht verrät Sie.

     

    "Das die ach so hohen Werte der Antike durch eine Sekte durcheinander gebracht wurde mag hier und da richtig sein, (...)"

     

    Also war das Christentum doch eine Sekte? Warum sollte es dann heute keine mehr sein? Die Bibel ist doch immer noch die Bibel. Oder sehe ich das falsch?

     

    " (...) es brachte zum Beispiel die Gleichheit aller Menschen..."

     

    Und die Leibeigenschaft. Vom Feudalismus ganz zu schweigen. Alles Grundlage für den Faschismus, nur so am Rande bemerkt.

  • M
    Mat

    Ach Herr Bollman... Blödsinn, selbst wenn er intellektuell verpackt wird, bleibt Blödsinn.

     

    Die Märchen von der antiken Toleranz, den immer, immer bösen Christen, etc. Es ist beinahe unerträglich...

     

    Berichten Sie aus dem Parlament auch dermaßen undifferenziert, unsachlich und unwissend? Das wäre tragisch.

  • M
    Maria

    Schade schade, der Autor hat keine Ahnung von der Antike sonst würde er die Polytheisten dort nicht tollerant nennen.

  • E
    Ebs

    Die politischen Geschehnisse im Zuge der Reformation bedeuteten aber auch die Möglichkeit "die" Kirche dem Staat in dienender Form unterzuordnen.. "cuius regio, eius religio". Damit wurde die jahrhundertelange monopolistische Deutungshoheit der alleinigen katholischen Kirche zumindest innerhalb des deutschsprachigen Raums gewissermaßen in einen protestantischen und einen katholischen Flügel aufgefächert, was im Prinzip zu einer kulturellen Bereicherung und besseren Vergleichbarkeit der jeweiligen Glaubensbekenntnisse führte.

    Die sog. Glaubenskriege waren hingegen doch eher meist der gelungene Versuch verschiedenster Landesherren ihren jeweiligen weltlichen Machtbereich zu erweitern und gleichzeitig dafür die Volksfrömmigkeit zu mobilisieren..

    Eine Wahrheit ist doch damit also, dass der Staat sich die Kirchen mit Beginn der Neuzeit wieder verstärkt dienstbar machte, und sich die Amtskirchenträger allen staatlichen Anliegen immer seltener widersetzten.

    Ein Christ jedoch, der die Bergpredigt ernst nehmen möchte, könnte wohl kaum für seinen oder irgendeinen Staat in den Krieg ziehen..

    Dass sich das Christentum als staatlich geförderte Institution jedoch als religiöser "Sieger" seit dem 4. Jahrhundert aus der griechisch-römischen Spätantike hervorhob, erfolgte schon damals den rein machtpolitischen Erwägungen eines weltlichen Herrschers, seinerzeit demzufolge Kaiser Konstantin dem Großen.

     

    Eine echte und völlige Trennung von Staat und Kirche könnte demnach hingegen mittelfristig eine wesentliche Einschränkung der Kontrollmöglichkeiten des Staates gegenüber den Amtskirchen bedeuten. In der Folge waberten die Kirchen alleine vor sich hin, brüteten seltsame Ideen aus, bis diese dann von einem begabten, reaktionären und charismatischen Politiker aufgegriffen würden, und dann die Welt damit um eine Plage bereicherten..

     

    Nein, nein, da ist mir dann doch die staatliche und gesamtgesellschaftliche Eingebundenheit aller jeweiligen Glaubensbekenntnisse noch immer das sprichwörtlich "kleinere Übel".

    Ein Blick auf die derzeitigen nordamerikanischen Evangelikalen reicht mir da dann nämlich schon zur Vergewisserung gegenüber einer solchen tatsächlich drohenden geistesgeschichtlichen Entwicklung!

     

    Mfg,

    Historiker, M.A.

  • M
    M.S.

    Es ist einfach erschreckend wie - entweder unwissend oder absichtlich- immer wieder versucht wird, den Einfluss der christlichen oder jüdischen Religion als Grundlage unseres gesamten heutigen Welt-, Gesellschafts- und Menschenbildes zu bestreiten. Dabei gäbe es weder die umfassenden Grundrechte noch die so gerne zitierte Toleranz in ihrer heutigen Form ohne die christliche Religion (zumindest als Idealbild in der Lehre). Die Vorstellung das alle Menschen gleichwertig sind und miteinander friedlich zusammenleben sollen, ist eben nicht die Idee oder das Werk einer nicht-christlichen Weltanschauung. Traurig, dass selbst das einfachste Grundwissen über Geschichte nicht mehr vorhanden scheint (umso schlimmer wenn es sich dabei um vermeintliche Historiker handeln sollte).

    Abschließend nur folgende grundsätzliche Fakten, um es kurz zu machen: Weder die griechische noch die römische antike Kulutur (wie andere davor auch)kannten die Gleichwertigkeit der Menschen (lesen Sie bei griechischen Philosophen nach, wie Menschen durch Geburt z.B. schon als Sklaven oder freie Menschen definiert werden. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht auf die Eroberungs- und Kriegspolitik, die Heldenidealisierung und den Tötungskult im Zusammenhang mit den entsprechenden Göttern dieser Kulturen eingehen). Gleiches galt für die sogenannte Toleranz und Diskussionskultur, die sich z.T. übrigens nur auf freie Bürger des eigenen Staates beschränkte.

    Also ganz zu schweigen von der Möglichkeit der gleichwertigen Verbindung von antiken Stadtstaaten oder einer entsprechenden Anerkennung anderer Völker.

    Sicherlich gibt es in verschiedenen Bereichen Verbindungen zur Antike (Staatswesen und Verwaltung, Kunst, etc.), die sich aber schon seit Jahrhunderten dem neuen Menschen- und Gesellschaftsbild unterordnen, das durch die christliche Religion entstanden ist.

  • GW
    Georg Weil

    Mehr noch als durch Symbole wird der Glaube durch Menschen vermittelt!

     

    Frau Özkan weist in der taz am 22.4.2010 ganz richtig darauf hin, dass es in den Kindertagesstätten nicht um Verwahrung von Kindern sondern um wertvolle Erziehungsarbeit geht. Und sie fordert insbesondere Migrantenfamilien dazu auf, Vorbehalte gegenüber einem Kita-Besuch ihrer Kinder abzulegen. Das war vor der umstrittenen Aussage zu religiösen Symbolen in der Schule.

     

    Leider ging in dem Streit um religiöse Symbole diese frühere und sehr viel weiter tragende Aussage der neuen Sozialministerin komplett unter. Der Streit um Symbole kostet kein Geld. Hier werden anders als im Kita-Bereich so oder so keine zusätzlichen Investitionen fällig. Da kann die Politik herrlich drum streiten und braucht keine Angst davor zu haben den Menschen vermitteln zu müssen, dass Investitionen in die Zukunft zu tätigen sind, die von allen getragen werden müssen.

     

    Leider sind die Kitas in Niedersachsen wie in vielen anderen Bundesländern stark unterfinanziert.

     

    So schreibt das Niedersächsische Kindertagesstättengesetz etwa vor, dass für eine Kindergartengruppe mit 25 Kindern in der Regel zwei Erzieherinnen bzw. Erzieher zuständig sind.

     

    Trotzdem werden häufig statt zwei nur eine Erzieherin/ein Erzieher pro Gruppe beschäftigt und dazu eine Sozialassistentin/einen Sozialassistent, die/der jedoch deutlich geringer qualifiziert ist. Die Ausnahme wird zur Regel. Die Träger argumentieren mit dem Kostendruck aufgrund zu geringer Zuwendungen der Kommunen und des Landes.

     

    Durch hohes berufliches Engagement kann zwar diese defizitäre Versorgung ein Stück weit abgefedert werden, aber auf Dauer droht das auf äußerste Kante genähte System gegen die Wand zu fahren.

     

    Hinzu kommt die fehlende Bereitschaft der Bundesländer massiv die Erzieherinnen- und Erzieherausbildung aufzustocken.

     

    Gäbe es gebührenfreie Kitas mit Ganztagsangeboten und kostenfreiem Mittagessen für wirklich alle Kinder, die in Deutschland leben, dann müsste Frau Özkan ihren Appell an Migrantenfamilien, ihre Kinder verstärkt in Kitas anzumelden, gar nicht so dringlich formulieren, wie sie es jetzt tut.

     

    Es sind nicht in erster Linie die Familien, die ihren Kindern den Kita-Besuch nicht gönnen, sondern es sind der Bund, die Länder und die Kommunen, die zu wenig Kita-Angebote bereitstellen und sich gegenseitig dafür die Verantwortung in die Schuhe schieben anstatt zu handeln!

     

    Wer mitverfolgt hat, wie verzweifelt viele Eltern in Hannover einen Kita-Platz für ihr Kind suchen und wie intensiv sich in Hannover Eltern auch solche mit "Migrationshintergrund" dafür einsetzen, dass zusätzliche Kita-Angebote geschaffen werden, der kann sich nur verwundert die Augen reiben, wenn er von Frau Özkan hört, dass angeblich viele Migrantenfamilien selbst daran Schuld seien, wenn ihre Kinder keine Kita besuchen.

     

    Ein weitaus dickeres Brett als bei den Migrantenfamilien wird Frau Özkan bei ihren Ministerkollegen Möllring (Finanzen) und Bode (Wirtschaft) bohren müssen, wenn es ihr tatsächlich um mehr geht, als wohlfeile Appelle zu formulieren!

     

    Bleibt zu hoffen, dass der um religiöse Symbole angezettelte Streit nicht dazu dienen sollte, Frau Özkan von vornherein zu demontieren, um ihrer Forderung nach mehr Kindern in den Kitas keine Taten folgen lassen zu müssen.

     

    Christliche Werte werden ebenso wie jüdische, muslimische, humanistische und demokratische Werte nicht in erster Linie durch Symbole vermittelt sondern durch Menschen, die ihren Glauben, ihre Weltanschauung leben und umsetzen auch in der Arbeit mit Kindern in den Kindertagesstätten und Schulen! Die fallen aber nicht vom Himmel und arbeiten auch nicht einzig für "Gottes Lohn". Vielmehr müssen sie ausgebildet und bezahlt werden, weil es uns unsere Kinder wert sind!

  • M
    MoritzH

    Vielen Dank für diese Geschichtsstunde!

     

    Allerdings folgt er einer Erzählung, die eher humanistischen Träumereien als dem historischem Forschungsstand entspricht.

     

    Die glorrreiche Antike und das düstere - weil vom christlichen Dogma erdrückten - Mittelalter sind Fiktionen einer Neuzeit, deren Strukturen zwar durch und durch von Mittelalter bestimmt waren, die aber antike Werke wiederentdeckte und die eigene Zeit mit diesen - in zugegebenermaßer produktiver Weise - neu interpretierte.

     

    Die Antike als tolerante und humane Zeit? Als Antwort könnte man die lange Liste von Städte aufzählen, die von der Zeit des Klassischen Griechenlands bis in die Spätantike entvölkert,versklavt und dem Erdboden gleichgemacht wurden. Oder auf die Tatsache hinweisen, dass die Institution der Kaufsklaverei bis in die Spätantike nie ernsthaft angezweifelt worden ist. Und so weiter...(Oder Sokrates, der für seine Ansichten sterben musste, in einer Stadt von der Perikles gesagt haben soll, dort dürfe jeder leben wie er will).

     

    Die Antike kannte keine religiösen Konflikte, weil die Idee, einer Gemeinschaft mit verbindenen Werten anzugehören noch nicht existierte. Stand, Status, "Klasse" bestimmten das Handeln und Denken der Leute, Gemeinschaft blieb einer exklusiven Gruppe von männlichen Bürgern vorbehalten.

     

    Das Mittelalter ist nicht zu letzt deshalb so "düster", weil die schreibendenen Zeitgenossen es mit dem Maßstab einer Religion beschrieben, die die Schändlichkeiten der Welt für unvereinbar hielt mit dem eigenen Wertesystem (das für alle Menschen gilt). Das Sterben der Sklaven in der Arena ist nicht unterhaltsam hält, nur weil sie rechtlose, wertlose Menschen sind.

     

    Das Christentum hat weder soziale Ungleicheit abgeschafft noch sich dem Weg der Institutionalisierung und Fanatisierung entzogen - aber mit der Idee alle Menschen nach universal gültigen Werten zu messen, ist es ein fester Bestandteil unserer modernen Ethik und Geisteswelt geworden und spielt darin vielleicht eine grundlegendere Rolle, als die Fiktion einer Wiedergeburt der Antike, bei der es sich wohl eher um eine fantasievolle Rekonstruktion innerhalb eben jener Ordnung handelte, die man gerade zu leugnen trachtete.

  • A
    Atarius

    Der Kommentar ist mindestens genauso verkürzend wie die eindeutigen Festlegungen auf das "Christliche". Die "tolerante" Antike kannte genauso das Todesurteil wg. Gotteslästerung wie die Sklaverei, die Verfolgung von Verstößen gegen den verpflichtenden Staatskult im römischen Reich setzten sich auch fort als das Christentum aus politischen Gründen zur Staatsreligion avancierte. Genauso wie übrigens Homosexualität in der römischen Armee zur Wahrung der Disziplin mit Stockschlägen bestraft wurde.

    Auf der anderen Seite bewahrte die christliche Scholastik (z.T. über die islamische Gelehrsamkeit) das Erbe der Antike, genau wie z.B. der Sklavenhandel aufgrund christlicher Propaganda unterdrückt wurde.

    Also bitte nicht alles so einfältig auf politische genehme Ursachen aufteilen, die Realität ist das Resultat vieler ideologischer und politischer Bestrebungen und Kämpfe.

  • K
    Kruzitürkn

    Zitat:"Die bisherigen Versuche, die moderne Einwanderungsgesellschaft in Deutschland staatskirchenrechtlich einzuhegen, zielen auf die Einbeziehung des Islams in das bestehende konfessionelle System. Von den christlichen Kirchen wird dieses Argumentationsmuster bewusst eingesetzt, um den Säkularisierungsprozess einzudämmen und die wachsende Gruppe der Atheisten und Agnostiker als Defizitwesen erscheinen zu lassen. Mit abendländischen Werten hat das wenig zu tun, umso mehr dafür mit christlicher Interessenpolitik."

     

    Dazu fallen mir spontan zwei Sachen/Fragen ein:

     

    Ist damit gemeint, dass die Christen in Deutschland sich die eingewanderten Moslems schnappen, um mit ihnen zusammen die Durchblickmenschen (Agnostiker, Atheisten) zu mobben?

     

    2.; : Okay, also sieht christliche Interessen- und Machtpolitik in Zukunft so aus, dass man sich, soweit man Einfluss darauf hat, mit gut organisierten anderen Konfessionen oder Religionen auf ein Miteinander und die gemeinsame Basis einigt. Das ist natürlich äußerst verwerflich. Toleranz, Teilhabe, Hervorhebung von Verbindung statt Trennung. Ein echt gemeiner Plan zur Erringung der Herrschaft über die armen vernünftigen Menschen, die eigentlich meinen, über dem Gläubigen (irgendwie defizitäres Wesen) zu stehen.

     

    schräg!

  • GM
    Gerald Mueller

    "Politische Selbstverwaltung, Debattenkultur, Toleranz gegenüber dem Andersartigen" im roemischen Weltreich?

     

    gute Guete; die Roemer waren genau solange tolerant wie sich alle anderen in ihr Reich eingefuegt haben - ich erinnere an die Juden, Karthago, die Druiden (!) usw. Da war Toeleranz Mangelware. Ein wenig mehr reflektiertes Geschichtswissen anstelle von Schlagwoertern und kryptochronischen (ums mit Stanislav Lem zu sagen) Interpretationen wuerde hier sicherlich einen langen Weg gehen

  • L
    Luftikus

    Vielen Dank für diesen Artikel!

     

    Leider wird dieser Unsinn von den ausschließlich christlichen Werten, auf denen unsere Gesellschaft angeblich basiert, von viel zu vielen Leuten unkritisch nachgeplappert. Schön zu sehen, dass es auch anders geht.

  • A
    AlexsZander

    Schöner und guter Kommentar - gut dass das mal gesagt wurde.

     

    Von wachsender Bedeutung auf unsere Kultur ist vielleicht noch die vermehrte Bildungsexpansion in deren Zuge immer mehr Menschen in Kontakt mit moderner Wissenschaft, ihre Methoden und ihrer grundsätzlichen Ablehnung gegenüber absoluten, endgültigen Wissen, welche im der Wissenschaftsphilosophie des Kritischen Rationalismus wurzelt, von Bedeutung.

     

    Aber das sind ja eher sehr aktuelle Tendenzen, wenn nicht eher noch welche die wir erst in der Zukunft erleben werden.

  • HW
    Hubert Wombat

    Etwas einseitiger, dennoch hervorragend verfasster Beitrag. Herr Bollmann bringt es auf den Punkt.

  • KK
    kammertöns karl heinz

    das kreuz mit dem kreuz - es ist das zuchtmittel einer christlichen sekte und einer partei, die nicht christlich ist. also wohin mit dem kreuz. bestimmt nicht in schulen und amtsstuben. die verbrechen im namen des kreuzes reichen aus um dieses mordinstrument in die folterkammer einer sogenannten christlichen religion zu verbannen.

  • MN
    Maiyhn Nahmäeh

    Ohne nähere Angaben wird behauptet, dass das Christentum die Toleranz der Antike zerstört hat.

     

    Danach wird einfach gesagt, dass es schade ist, das es noch kirchenrechtliche Regelungen gibt - auch hier wird nicht behauptet, warum es so schlimm ist.

     

    Kurz formulierter Fazit: Ein schlechtet Kommentar.

  • PA
    Peter A. Weber

    christlich-jüdisch-griechische-römisch-abendländische Kultur?

     

    Alles schön und gut. Aber warum kommt denn niemand auf die Idee, sich einmal der Grundlagen der Kultur, Wesensart und Religion unserer unmittelbaren Vorfahren, der Germanen und Kelten, zu erinnern? Bedeuten uns eigentlich unsere eigene Herkunft sowie die traditionellen westeuropäischen Religionen nichts und lassen wir uns immer noch unsere Ahnen als Barbaren diffamieren? Seit wann sind wir in unserer Mentalität Südländer oder Orientalen?

     

    Solche Fragen haben nichts mit Rassismus oder Minderbewertung anderer Kulturen zu tun, sondern im Gegenteil mit einem Selbstbewußtsein und einer wirklichen Identität, an denen es den meisten Deutschen offensichtlich mangelt. Dann brauchten wir auch keine Fahnen mehr zu schwenken oder zu marschieren, um uns eine Bedeutung zu geben.

  • US
    Ulrich Schaffert

    Angesichts der Tatsache, dass die ersten Christen vom römischen Staat blutig verfolgt wurden, ist die These, das Christentum sei eine intolerante Sekte gewesen, ziemlich bizarr. Meiner Meinung nach macht es sich der Autor ein bisschen zu einfach, wenn er die griechisch-hellenistischen Wurzeln unserer Demokratie derart idealisiert und die positiven Auswirkungen der jüdisch-christlichen Tradition auf unsere abendländische Geschichte aus einem durchschaubar anti-religiösen Affekt heraus negiert. Man kann berechtigter Weise harsche Kritik an dem späteren Triumphalismus einer mit weltlicher Macht liierten christlichen Kirche mit all seinen üblen Folgen üben. Doch dies mit der angeblichen Intoleranz des Monotheismus zu begründen, greift meines Erachtens viel zu kurz. Auch die Rolle, die die Reformation trotz ihrer obrigkeitsfixierten Haltung für die Entwicklung neuzeitlichen und aufklärerischen Gedankenguts gehabt hat, müsste in ihren positiven und emanzipatorischen Impulsen viel stärker gewürdigt werden. Eine dialektische Betrachtungsweise der Geschichte würde den tatsächlichen differenzierten Zusammenhängen mit Sicherheit mehr gerecht, als die ideologisch- eindimensionale Rekonstruktion, wie sie der Autor in seinem Artikel zu begründen versucht.

  • T
    thomsen

    "Während sich in den katholischen Ländern die Sphären von Kirche und entstehenden Nationalstaaten ausdifferenzierten, bedeutete die Reformation Luthers in dieser Hinsicht einen historischen Rückschritt." Immer wieder die gleiche vereinfachte Weltsicht, im Widerspruch zu den historischen Tatsachen:

     

    Das katholische Frankreich: zeitweilig von Kardinälen regiert, auf dem Weg zum Absolutismus und zum modernen Nationalstaat

    Das katholische Spanien: ein Nationalitätenstaat, zunehmend reaktionär

    Das katholische Österreich-Ungarn: ein Nationalitätenstaat, zunehmend von inneren gegensätzen bedroht, am Ende völlig aufgelöst

    Das katholische Italien: ein Gewirr aus Klein- und Kleinststaaten - am Ende moderner Nationalsstaat

     

    Das evangelische England: Staatskirche, in Schottland Calvinismus - Monarchie auf dem Weg zur modernen Demokratie, zur Industrialisierung, auf dem Weg zur Weltmacht

     

    Die evangelischen (calvinistischen) Niederlande: auf dem Wege zur Demokratie, zur selbstständigen Handelsmacht.

     

    Die evangelischen (lutherischen) skandinavischen Königreiche mit Staatskirchen Monarchien auf dem Wege zu demokratischen Nationalstaaten.

     

    Das evangelische (lutherisch/calvinistisch) Preussen:

    absolutistische Mittelmacht, nach 1800 trotz Monarchie und Militarismus zunehmend Motor der Modernisierung in Deutschland

     

    Und dann auch noch die mehrheitlich evangelische (calvinistische) Schweiz

     

    Wie soll man diese Vielfalt auf einen Nenner bringen und dann - die Guten ins Töpfchen die schlechten ins Kröpfchen - darüber sich ein pauschales Urteil bilden - die einen fortschrittlich, die anderen rückschrittlich?

  • ET
    Erwin Tegtmeier

    Das musste mal wieder gesagt werden, wird aber leider Sprecher der CDU, allen voran die Kanzlerin, nicht daran hindern, die demokratischen Werte wahrheitwidrig auf das Christentum zurückzuführen.

  • I
    Ingeborg

    Seit Karl Martell ist eine gewisse christliche Hegemone im Abendland zu erkennen, ebenso wie man von einem muslimischen nahen Osten sprechen kann. Daher ist es schon so, dass man von einem christlich geprägten/christlichem Abendland sprechen kann sogar fast muss, ansonsten würde man 15 Jhde einfach ausklammern. Evtl ist der Begriff Wurzeln ein falscher Begriff, da die Wurzeln von Europa kulturell in Griechenland und sprachlich gesehen noch etwas mehr in Rom liegen. Aber das einfach zu bestreiten, dass das Abendland christlich ist, halte ich schon für etwas vermessen.

     

    Grüße Inge

  • YM
    yo mei

    Haben Sie Assmanns Buch gelesen? Ihre Zusammenfassung "neuer Hass" ist jedenfalls leider verfälschend, denn Assman schreibt, dass der Monotheismus sich in Teilen des "Alten" Testaments einer Sprache der Gewalt bedient, die für dasselbe jedoch nicht originär ist, sondern natürlich auch außerhalb in der Umwelt der Völker vorkommt. Die Frage, die Assmann in seinem Buch nachgeht ist dann eher, wieso das diese Sprache der Gewalt (z.B.: Androhung von Strafen, wenn das und das nicht eingehalten wird) in diesen biblischen Texten eingesetzt wird. Das Christentum bringt dann auf der Basis der antiken Kultur und Sprache v.a. durch Paulus eine von der damaligen Oberschicht eher abgelehnte neue Religion, die die mittleren und unteren Schichten ansprechen konnte mit seiner einfach zu verstehenden Liebesbotschaft. Wie Sie den Lauf der Geschichte dann weiter zusammenfassen, lässt ist wissenschaftlich gesehen nicht nachzuvollziehen...

  • J
    Jan

    Der beste Artikel den ich seit langem in der Taz gelesen habe.

  • J
    Joba

    Gegen die schiere Stoffülle des Themas scheint mir Herrn Bollmanns Abhandlung reichlich undifferenziert. Die gegenwärtige Rezeption der Antike (auch die der Rennaissance) ist ohne deren lange christliche (bzw. islamische) Interpretation gar nicht vorstellbar. Wo sie davon abweicht, bedeutet das noch lange kein ursprüngliches Verständnis der Antike, denn Geschichte lässt sich nicht "rein" rekonstruieren. Auch war in der Antike nicht alles human, siehe die Aussetzung von für schwach befundenen Säuglingen.

    Die Aufklärung ihrerseits hatte etliche Vertreter, die nichteuropäischen Menschen anderer Hautfarbe das volle Menschsein abgesprochen haben.

    Der Dreck, den sog. Christen historisch am Stecken haben, wird durch den der anderen zwar nicht besser, er ist aber auch nicht schlimmer als dieser.

    Selbstgerechtigkeit steht nicht nur Gläubigen schlecht an, sondern ebenso Agnostikern und Atheisten.

  • LN
    Lea Nam

    Wieso? Ist doch klar, worin christliche Werte bestehen:

    Wer nach einer gescheiterten Ehe noch einmal heiraten möchte, ist ein Sünder und darf nicht die Sakramente empfangen.

    Wer dasselbe möchte und Angestellter einer sozialen Einrichtung in kirchlicher Trägerschaft ist, fliegt raus und wird fristlos gekündigt.

    Wer homosexuell empfindet und Zärtlichkeit haben und geben möchte, ist ein Sünder, handelt gegen die natürliche Ordnung und hat in der Kirche nichts zu suchen.

    Wer für Schwule und Lesben gleiche Rechte möchte, gefährdet die Ehe und verwirkt die Sympathie des Vatikans.

    Wer selbst bestimmen möchte, ob und wann er Kinder möchte und deshalb Verhütungsmittel verwendet, ist ein Sünder und verstößt gegen den Willen Gottes.

    ... Diese Liste kann je nach Kultur und Zeit beliebig aktualisiert werden.

    Alles klar?

  • TG
    TheWi Grund

    Was für in Meisterwerk historischer Beweisführung! Besonders schön finde ich folgenden Gedankengang:

     

    "Dass der Islam, der dabei [beim rationalen Aufklären] erst führend war, später ins Hintertreffen geriet, dürfte auch mit älteren kulturellen Prägungen des östlichen Mittelmeerraums zusammenhängen. Vor allem mit der zunehmenden Erstarrung von byzantinischer Kultur und orthodoxer Religion [...]."

     

    Das ist doch mal ein erfrischend neuer Blick auf die Vergangenheit! Die byzantinische Kultur (d.h. das oströmische Reich) ist also schuld daran, dass der Islam die wunderbare Welt der griechisch-römischen Aufklärung nicht über Istanbul hinaus ins Abendland befördern konnte.

     

    Wow! Ich erblasse vor solchen grundstürzenden Erkenntnissen... In diesem Sinne: O Κωνσταντινούπολη, γιατί πέσατε!

  • D
    Doc

    Noch näher an der Wahrheit wäre vermutlich sogar, daß die Realität zumindest kirchlichen Handelns über weite Strecken der letzten Jahrhunderte eher in einem krassen Gegensatz zu den Werten stand, die man heute gerne als "christlich" vereinnahmen möchte, und das erst das Zurückdrängen der religiösen Einflüsse Basis der modernen Gesellschaft war.

  • LS
    Ludwig Staab

    Herr Bollmann,

    in der real existierenden Antike wurde an Sokrates ein Justizmord begangen, aus Gründen über die sich christliche Fundamentalisten freuen würden.

    Außerdem huldigte man dem Kaiser als Gott bzw. göttlicher Abstammung, brachte Steinstatuen Opfergaben da, hatte eine ausgeprägten Wahrsage- und Aberglauben, Speiseverbote u.ä. und schließlich für jedes Natur- oder menschliche Ereignis eine eigne Gottheit. Das soll tolerant und rational gewesen sein? Nur im Hollywoodfilm!

    Das monotheistische Christentum, bei dem "das Gesetz für den Menschen da" war, brachte Aufklärung im besten Sinne- auch wenn von der Kirche später vieles versaut wurde!

  • N
    Nigredo

    Nicht zu vergessen, dass das Mittelalter als vermeintliche Hochzeit der Kirche in Mitteleuropa so heidnisch geprägt war, dass man selbst in der Kirche Angst vor Hexen hatte. Bis zum fin de siecle waren sogenannte "heidnische" Glaubensideen in Deutschland weit verbreitet, erlebte mit der Romantik und dem Animismus eine neue Blüte und verschwand dann langsam bis mit "New Age" das Heidentum eine erneute Renaissance erlebte. Kirche war eine lange Zeit über auf die intellektuellen und weltlichen Eliten beschränkt. Der Rest machte tagsüber den ganzen Affenkram mit, und wenn keiner zuschaute, des nachts, machte man alles rückgängig, drehte die Kreuze um etc, um so die alten Götter zu ehren und nicht zu verärgern.

    Was passierte, als die Kirche tatsächlich weltliche Macht erhielt? 30 Jahre Krieg - der verheerendste Krieg, den diese Welt bis heute gesehen hat - soll das etwa das europäische ERbe sein?

  • IM
    IM Mommsen

    "Politische Selbstverwaltung, Debattenkultur, Toleranz gegenüber dem Andersartigen" - ich bitte sie. nicht nur die these von der "toleranten Kultur der Antike" ist ebenfalls recht westerwellesk: christenverfolgungen, opferzwang, kaiserkult, scheidung zwischen 'barbaren' und zivilisierten völkern können hier als beispiele gelten.

    auch die hier gelobte selbstverwaltung fand dann doch eher in form von marionettenfürsten statt und die debattenkultur exkludierte frauen und sklaven.

    trotz der kategorie 'kommentar' - etwas mehr differenzierung wäre nett - das gilt übrigens auch fürs bashing des 'christlichen mittelalters'. danke.

  • AL
    Aufmerksamer Lerser

    Man kann und sollte das weiter zuspitzen: Die christliche Tradition, dass sind Kreuzzüge, Inquistition und Hexenverbrennung.

  • R
    Rami

    "Bislang herrschte doch eigentlich Einigkeit darüber, dass die Wurzeln des europäischen Denkens im antiken Griechenland zu suchen sind."

     

    Ja ja, die übliche Selbstleugnung des Westens...als hätten 1000 Jahre Mittelalter nix hervorgebracht. Und dann noch den okzidentalen Rationalismus alleine auf die Griechen zurückzuführen, platter gehts nimmer!!!

  • SO
    Son of Socrates

    Danke für diesen Kommentar zur Debatte um das Kruzifix. Es wird an der Zeit, der Propaganda christlicher Interessenvertreter etwas entgegenzusetzen.

  • C
    chris

    Hitler war ein ausgesprochener Hasser der, seiner Ansicht nach, schwachen christlichen Religion. Fast hätte er das geschafft was manche Taz-Autoren sich sehnlichst wünschen, nämlich die Beseitigung des Christentums.

    Doch das Christentum hat schon so manche Verfolgungen überlebt und wird nun auch die gegenwärtige Hetze mancher Medien überleben. Gott sei Dank!

  • WS
    Werner Sommer

    Bei diesem inhaltlich voll zutreffenden Beitrag von Ralph Bollmann, der jedes aufgeklärte Menschenherz erfreut, ist allenfalls die Überschrift etwas schräg, und das beigefügte Foto ist geradezu ekelerregend und sachlich völlig falsch.

     

    Wie wäre es mit diesem japanischen Bild:

     

    http://www.kant.uni-mainz.de/ikonographie/pix/096.jpg

     

    Darin gelten Buddha, Konfuzius, Sokrates und Kant als die Vier Weltweisen.

  • N
    Null

    Das ist mein Kommentar.

  • M
    Meiner

    Ja ja, die uralte Debatte, was "Christentum" und was wirklich "christlich" ist. Das "Abendland"/Europa ist es MIT SICHERHEIT nicht. Spätestens seit Nizäa 325 A.D. hat sich der Westen - unter der Ägide der alleinseligmachenden KK - endgültig vom Christentum verabschiedet und den Weg der Korruption, der Politik und des Machtgebarens gewählt, von der Verderbtheit der kirchlichen Lehre ganz zu schweigen. So nimmt es auch nicht wunder, daß ein uraltes, aus vorchristlichen Zeiten stammendes Symbol - das Kreuz - als angeblich "christlich" verehrt wird. Leute, lest mal die Evangelien im griechischen Original: Wo steht denn da was von "Kreuz", so, wie es heute üblich ist? Da steht entweder "stauros" (Pfahl), oder "xylon" (Holz). Christus ist NICHT gemäß der lex romana exekutiert worden, sondern gemäß JÜDISCHEN Regeln, und da gab es ganz einfach kein Kreuz, sondern ein aufrechter Pfahl, siehe Deuteronomium Kap. 21 V. 22 und 23. Deshalb ist die Frage ob Kreuz ja oder nein von vornherein völlig irrelevant und genauso sinnvoll wie die Frage, was wäre, wenn 1 und 1 Drei ergäbe.

  • A
    Annegret

    Ich stimme Herrn Bollmann zu!

     

    Schön, dass ausserhalb des Universitätsmilieus wenigstens Herr Bollmann und die taz historische Kenntnisse und politischen Durchblick haben.

  • JP
    Julius Pompilius

    Wer behauptet, die Antike sei tolerant gewesen, urteilt nur dem Augenschein nach und hat von der Sache nur wenig Ahnung. Zunächst sei daran erinnert, der römische Imperialismus alles andere als ein Akt der Menschenfreundlichkeit und der Toleranz gewesen ist. Auch Alexanders Weltreich war es nicht. Es ging darum, die anderen Völker zu unterwerfen und zu kontrollieren. Die Toleranz funktionierte nur so lange, wie bestimmte Grundlagen der Herrschaft nicht in Frage gestellt wurden. Dass die religiöse Grundlage allgemein akzeptiert wurde, hing damit zusammen, dass strukturell im Mittelmeerraum und im Norden eine ähnliche Vorstellung vom Zusammenhang von Religion und staatlicher Macht bestanden hat. Eine entscheidende Grenze gab es gegenüber den Juden, die grundsätzliche Zweifel an dieser Art von religiöser Legitimierung staatlicher Macht hatten. Für sie gab es seit Sauls Zeiten ein Ringen um die Weltlichkeit der staatlichen Macht trotz der göttlichen Salbung des jeweiligen Königs. Man wollte aber niemals mit den Königen der umgebenden Reiche verwechselt werden können. Daher hat die Gedankenfigur der Weltlichkeit von staatlicher Macht hier ihren Sitz und nicht in der griechisch-römischen Antike. Dieser Gedanke war auch im Christentum verwurzelt, auch wenn die Christenheit es seit Konstantin schwer hatte, diese Trennung durchzuhalten. Aber auch hier gab es heftige Kritiker einer religiös begründeten Legitimität der christlichen Kaiser. Ich will der Kürze halber nur noch den Investiturstreit erwähnen, die vordemokratischen Strukturen in den Klöstern und die Leistungen der freikirchlichen Gruppierungen, die nach Amerika ausgewandert sind.

    Debattenkultur der Antike? Das war eine Sache ganz weniger freier Männer, Frauen, Sklaven und Fremde durften an der "freien" Debatte auf der Agora nicht teilnehmen. Welches Ideal kann man daraus ableiten?

  • M
    Marcello

    "Hat das monotheistische Christentum einst die toleranten Kulturen der Antike zerstört?"

     

    Darum wurden die früh Christen wohl auch von den tolleranten polytheistischen Römern unterdrückt und ermordet...

     

    Nächstes mal bitte etwas nachforschen bevor sie solche gewagten Thesen aufstellen denn die Polytheisten waren keinen Deut besser.

  • H
    Hartmut

    Endlich mal ein Artikel, der die Märchen der Kirchen ins Visier nimmt, die besagen, dass unser heutiges Wertesystem in einer modernen Gesellschaft auf dem Christentum beruhen würde. Demokratie als Gesellschaftsordnung stammt aus der Antike, und die heutigen Begriffe von Menschenwürde und Freiheit gehen vielmehr auf die Aufklärung (und deren Rückgriff auf die Antike) zurück. Sie wurden sogar eher gegen die mächtigen Kirchen durchgesetzt.

  • F
    Fawkrin

    Ein durchweg gelungener Kommentar.

    Doch wo bleiben die Anmerkungen der geschätzten sogenannten "Islamkritik"?

  • E
    erikius

    Der Kommentar ist interessant aber leider in vielen Punkten sehr ungenau. Es fängt da an, dass noch nicht einmal ausdiffernziert wird, dass die politische Kirche nichts mit der Bibel zu tun hat und folglich in dieser Hinsicht unchristlich war.

    Am Beispiel Sklaverei skizziere ich kurz, was uns christliche Werte gebracht haben, die es in der antiken Welt nicht gab: Sklaven gab es im antiken Griechenland sowie im Römischen Reich.

    Im Römischen Reich waren es Christen, die als erste anfingen diese freizulassen (und dafür belächelt wurden).

    Später war ein gewisser William Wilberforce für die gesetzliche Abschaffung der Sklaverei in England federführend, er war evangikaler Christ. Seine gegründete Abolition Society wurde haupsächlich von christlichen Gruppen getragen. Die Abolitionisten der Nordstaaten waren im Ursprung auch hauptsächlich bekennende Christen.

    Das heißt, die Gleichstellung aller Menschen (dazu gehört Freiheit, Würde, Geschlecht, Religion etc...)die unser höchstes gesellschaftliches Gut sind stammt aus der biblischen Aussage, dass vor Gott alle Menschen gleich sind. Dies haben weder Römer noch Griechen gekannt.

    Was hier und da die Kirche gemacht hat steht auf einem anderen Blatt.

    Aber so gut wie jedes Menschenrecht, dass sich in irgendeiner Weise auf die Wertigkeit der Menschen bezieht kann man in der Bibel nachlesen.

    Es fällt auch heute auf, dass überall wo die Menschenrechte mißachtet werden in der Regel auch die Christen verfolgt werden (China, Nordkorea, Saudi-Arabien, Jemen, Iran, Irak, Ägypten, etc...). Aber das nur am Rande.

    Das die ach so hohen Werte der Antike durch eine Sekte durcheinander gebracht wurde mag hier und da richtig sein, es brachte zum Beispiel die Gleichheit aller Menschen...

  • R
    Rainer

    Tut mir leid aber diesen Artikel würde ich nur für voll nehmen wenn er von einer unparteiischen Person geschrieben wäre.

  • T
    Theo

    Die Wurzeln Europas liegen laut Theodor Heuss auf 3 Hügeln: Golgatha bei Jerusalem (Christentum), Akropolis in Griechenland (Demokratie), Kapitol in Rom (Rechtsstaatlichkeit).

     

    Die Aufklärung ist ein Produkt aus griechisch-antiken Denken und christlichem Glauben. Ohne dem Bezug zum christlichen Glauben kann man den Gang der europäischen Philosophie und Geistesgeschichte überhaupt nicht verstehen.

     

    Die antike Kultur war weniger tolerant als Herr Borrmann weis machen will. Es gab Sklaverei, Rechtlosigkeit der Frau und Verfolgung von Christen. Tolerant kann man auf jeden Fall die sexuelle Freizügigkeit nennen. Ob diese Triebhaftigkeit ein "zivilisatorischer Fortschritt" war, würde ich aber bestreiten.