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Debatte EnergiewendeDie Brüsseler Gefahr

Kommentar von O. Geden und B. Knopf

Atomkraft und CCS fürs Klima? Die Pläne der Europäischen Union könnten den deutschen Umstieg auf Erneuerbare in Schwierigkeiten bringen.

Eine Drohung Europas? AKW Sellafield in Großbritannien. Bild: dpa

D ie deutsche Energiepolitik ist seit Fukushima fast ausschließlich mit der Umsetzung der nationalen Energiewende beschäftigt. Doch die am Mittwoch von der Europäischen Kommission vorgestellten Pläne zur Zukunft der EU-Energie- und -Klimapolitik zwingen Deutschland zu einer aktiven Auseinandersetzung mit der europäischen Dimension des nationalen Vorzeigeprojekts.

Für die EU geht es dabei um die Frage, welche Ziele sie sich für das Jahr 2030 setzt. Bleibt es beim derzeitigen Dreiklang aus Klimaschutz-, Erneuerbaren- und Effizienz-Ziel? Werden diese Ziele rechtsverbindlich sein oder nur symbolisch? Wie ehrgeizig sollen sie ausfallen?

Auch wenn mit einer endgültigen Entscheidung durch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten nicht vor 2015 zu rechnen ist, muss Deutschland frühzeitig aktiv werden. Denn die Ausrichtung der EU-Energie- und -Klimapolitik in der Zeit nach 2020 hat einen größeren Einfluss auf die deutsche Energiewende als hierzulande angenommen.

In der Klimapolitik ist die Handlungsautonomie Deutschlands am stärksten eingeschränkt, alle wesentlichen Entscheidungen über Emissionsminderungspflichten werden auf EU-Ebene getroffen. Auch zentrale Instrumente wie der Emissionshandel sind inzwischen vollständig europäisiert. In der Energiepolitik hat Deutschland zwar größere Spielräume, da jeder Mitgliedstaat souverän über seinen Energiemix entscheiden kann. Aber durch die Einbindung in den europäischen Stromverbund sind wir eng mit unseren Nachbarn verknüpft.

Mit den Polen statt gegen sie

So nutzen wir etwa seit dem Atomausstiegsbeschluss verstärkt die polnischen Netze für den Transport von überschüssigem Windstrom. Sollte Polen seine Drohung wahr machen, den Stromtransit einzuschränken, würde der Problemdruck in Deutschland steigen – nur ein Beispiel dafür, dass sich die Energiewende gemeinsam mit den EU-Partnern deutlich effizienter verwirklichen lässt als ohne oder gar gegen sie.

Bis zum Ende der laufenden Dekade existieren in der EU drei komplementäre Ziele: die Minderung der Treibhausgasemissionen um 20 Prozent gegenüber 1990, der Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien auf 20 Prozent sowie die Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent. Sowohl der Tenor des Grünbuchs als auch die Haltung fast aller großen Mitgliedstaaten lassen es unwahrscheinlich erscheinen, dass die bisher bestehende Zielarchitektur nach 2020 einfach fortgeschrieben wird.

Die Autoren

Oliver Geden ist Experte für EU-Energie- und Klimapolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

Brigitte Knopf ist Leiterin „Energiestrategien Europa und Deutschland“ am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Im Kern dürfte es auf eine Entscheidung zwischen zwei Optionen hinauslaufen. Entweder setzt sich die EU für 2030 nur noch ein Klimaschutz-Ziel, oder aber sie kombiniert Klimaschutz- und Erneuerbaren-Ziele.

Technologieneutral bis 2030

Dass für 2030 abermals ein Emissionsminderungsziel festgelegt werden wird, ist in der EU breiter Konsens. Heftig umstritten dürfte jedoch das Ambitionsniveau eines neuen Klimaziels sein. Die im Grünbuch genannten 40 Prozent sind keineswegs gesetzt, denn meist werden in den Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten noch einmal Abstriche an den ursprünglichen Kommissionsvorschlägen vorgenommen.

In der Frage, ob noch einmal Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien beschlossen werden sollen, bleibt das Kommissionspapier recht vage. Zwar wird auf 2011 veröffentlichte Politikszenarien der Kommission verwiesen, die für 2030 einen Anteil von 30 Prozent ausweisen. Gleichzeitig wird aber betont, dass die Erneuerbaren schon bald kein Nischendasein mehr fristen werden und zunehmend mit konventionellen Energietechnologien in Wettbewerb treten müssten. Dies lässt erwarten, dass eine Debatte an Fahrt gewinnen wird, die die besondere Förderung der Erneuerbaren grundsätzlich in Frage stellt.

Schon heute fordern Mitgliedstaaten wie Frankreich, Großbritannien und Polen den Einstieg in eine „technologieneutrale“ EU-Klimapolitik. Im Klartext: Die Erneuerbaren sollen sich im Wettbewerb gegen Atomenergie und – sofern vorhanden – fossile Kraftwerke mit CCS behaupten müssen. Aus deutscher Perspektive mag ein solcher Ansatz rückwärtsgewandt erscheinen. Aber es wäre verfehlt, der Kommission eine Aversion gegen Erneuerbare zu unterstellen. Das Grünbuch spiegelt lediglich die unterschiedlichen Energieträger-Präferenzen der EU-Länder wider.

Sollte es der Bundesregierung in den jetzt anstehenden Verhandlungen nicht gelingen, ein EU-Erneuerbaren-Ziel für 2030 durchzusetzen, dürfte sich die Schere zwischen der deutschen Energiewendepolitik und der EU-Energie- und -Klimapolitik entweder deutlich öffnen oder aber hierzulande eine Kurskorrektur befördern.

Das EEG als unerlaubte Beihilfe

Zwar kann die EU einen Mitgliedstaat nicht davon abhalten, eine ehrgeizige Erneuerbaren-Politik zu verfolgen. Dennoch könnte der Beschluss eines reinen EU-Klimaschutz-Ziels die deutsche Vorreiterstrategie stark beeinträchtigen. So könnten die Energiewende-Ausbauziele unter Legitimationsdruck geraten, wenn in der Bevölkerung der Eindruck entsteht, dass sie über ihre Stromrechnung globale technologische Lernprozesse fast im Alleingang finanziert.

Nachbarstaaten, die auf Atomstrom setzen, dürften kaum noch bereit sein, ihre Stromnetze auszubauen, um phasenweise überschüssige Wind- und Solarstrommengen aufzunehmen. Nicht zuletzt liefe das deutsche Fördersystem für Erneuerbare Gefahr, als unerlaubte Beihilfe eingestuft zu werden.

Dieses Szenario lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Wenn Deutschland seine Energiewendebeschlüsse wie geplant umsetzen will, wird es die europäische Dimension nicht vernachlässigen dürfen, sondern im Gegenteil den künftigen europäischen Rahmen in seinem Sinne gestalten müssen. Ohne ein ehrgeiziges und rechtsverbindliches Erneuerbaren-Ziel auf EU-Ebene wird die Energiewende in schweres Fahrwasser geraten.

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14 Kommentare

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  • E
    Energetisch

    Die Energiewende in schwerem Fahrwasser?

     

    Das ist sie doch jetzt schon.

    Diese Subventionsorgie als Zukunftsbild unserer Energiewirtschaft kann nur negativ auffallen..

  • I
    Irmi

    Der Staat und EU haben doch alles freigegeben zur Privatisierung nach dem Motto Konkurrenz belebe das Geschäft. Da alle so gierig sind auf fette Bankkonten müssen dies die kleinen Bürger zahlen. Die Politiker und die in der EU verdienen ja sehr viel Geld, die können sich nicht in das Leben eines normalen Bürgers hinein denken.

    Wenn dann auch noch das Wasser rein privatisiert wird, dann geht es uns wie den Menschen in Afrika, dann können wir ungefiltertes Wasser trinken, mit stinkender Brühe duschen. In Afrika gibt es gewisse Firmen die haben für sich selbst sauberes Wasser und das Volk, das gar nichts hat soll dieses so reine Wasser pro Liter 2 Dollar kaufen. Die Menschen sind schwer krank von dem Dreckwasser, das man den Schwarzen läßt, die Weissen können sich ja das saubere Wasser locker leisten.

  • SS
    Sing Sang

    Zum Glück sind noch nicht alle so durchgeknallt wie wir hier in Deutschland. Wir hatten eine sichere Energieversorgung. Kernenergie war ein Bestandteil davon. Diese Märchen von unsicheren Kraftwerken oder der Atomkatastrophe von Fukushima dient nur dem einen, Deutschland ins tiefste grüne Mittelalter zu befördern. Ach jetzt kommen die Jammerlappen mit ihrer These vom bösen „Atommüll“. In anderen Ländern ist dieser Atommüll, bis auf einen wirklich winzigen Teil, wertvoller Rohstoff, wird aufbereitet und wiederverwendet. Nur das dumme Deutschland hat sich das mit den Atomgesetzen selbst verboten.

  • PA
    Peter A. Weber

    Bei den Diskussionen über die Klimaziele und Anteile regenerativer Energien geht das neben der Frage der Umstellung auf alternative Energien wichtigste Ziel fast unter: Die Regionalisierung und Dezentralisierung der Energieerzeugung.

     

    Nur durch eine Dezentralisierung der Energieversorgung - d.h. eine Zerschlagung oder zumindest teilweise Entmachtung der Großkonzerne - ist es überhaupt möglich, eine unabhängige Versorgung ohne Preisdiktate und Profitwillkür zu gewährleisten. Megakraftwerke (Atom- oder Kohlestrom) und Riesenprojekte regenerativer Art können aussschließlich von Energiemonopolen oder Oligopolen betrieben werden.

     

    Durch eine schrittweise Umstellung auf Dezentralisierung würden wir uns automatisch vom Atomstrom oder anderen Wahnsinnsprojekten verabschieden. Den politischen Willen dazu kann ich allerdings bei keiner relevanten Partei oder Regierung entdecken. Dies ist auch nicht verwunderlich, wenn man berücksichtigt, daß gerade die Energiekonzerne eng mit der Politik verfilzt sind und ihr lobbyistischer Einfluß enorm hoch ist.

  • T
    Öttinger

    Ist nicht der Alt-BaWürttemberger Öttinger Energie-Kommissar in der EU? Na ja, dann kommt die Anwandlung der EU zum Atomklostrom plus Fracking von Merkel selber.

    Die Olle muss nicht immer mit ihrem Face präsent sein, um zu intrigieren, wie mensch gerade wieder jetzt sieht.

  • AW
    AfD Wähler

    "Die Brüsseler Gefahr"

     

    Für Deutschland bedeutet dieses:

     

    -Raus aus der EU!

    -Raus aus dem Euro!

    -Rein in die Atomkraft

     

    Deutschland muß stark bleiben.

     

    Ein AfD Wähler...

  • E
    Elektron

    Die lobbygesteuerte EU-Kommission wird schon für anhaltende Erträge der Strom-Oligarchen sorgen. Außerdem gibt es damit vielleicht noch Rückendeckung für die begradigte deutsche Energiewende.

  • M
    Mareike

    Wenn bei den Atomstrompreisen die 600Mrd Subventionen, die Kosten für die Endlagerung und die Rückstellungen für die schweren Unfälle alle 20 Jahre eingerechnet werden, dürften die Erneuerbaren wettbewerbsfähig sein.

  • N
    Neutronenschnecke

    Nicht Brüssel oder Fukushima sind für Deutschland eine gefahr, sonern die ideologisch motivierte Enegiewende selbst.

  • A
    Arne

    Welche Neuigkeit!

    Von virnerein hätte jedem klar sein müssen, dass die Gefahren eines Atomkraftwerkes nicht an einer nationalen Grenze in der EU halt machen. Was in der BRD abgelaufen ist, hatte nichts mit dem Schutz der Bevölkerung vor unsicheren Kraftwerken zu tun, sondern sollte nur eine Stimmung schaffen, um bestimmte Anbieter von erneuerbaren Energien die Möglichkeit zu geben, sich ins Geschäft zu bringen und dem Verbraucher einen extrem hohen Preis für den Profit der Anbieter abzuverlangen ("Aber ihr wolltet doch keine Atomkraft mehr!")

    Wenn ein AKW-Abschalten in der EU nicht möglich ist, dann müssen Kompromisse gefunden werden. Die Gesundheit eines EU-Bürgers ist durch ein defektes Kernkraftwerk am anderen Ende der EU wesentlich stärker gefährdet, als das ein Schwede in Stockholm davon betroffen ist, wenn sich jemand in Palermo eine Zigarette in einer Kneipe anzündet.

     

    Die EU beweist mal wieder ihre Überflüssigkeit dadurch, dass sie nicht in der Lage ist, Fragen, die wirklich europaweit (mindestens) geklärt werden müssen, zu lösen.

  • V
    vic

    Die Zusammensetzung dieser Kommission würde mich sehr interessieren. Ich unterstelle massive Geschäftsinteressen und Lobbyarbeit.

  • V
    vic

    Na prima. Pflicht zur Wasserprivatisierung und Stromgewinnung per Atomkraftwerk und Fracking.

    Was kommt da noch?

    Toll, die EU.

  • KF
    Öko Fritz

    Zwei Dinge führen zu ehrlicher Nachhaltigkeit:

     

    EINSICHT oder NOT

     

     

    Ich hoffe wir brauchen nicht noch ein "Fukoshima" in Europa...

  • KF
    Öko Fritz

    Energiekommissar oder eher Energieverbrecher Öttinger... und Kumpanen