David Joram über den Machtkampf bei Hannover 96: Alleingang nach Gutsherrenart
Mit dem Fußball geht eine gewisse Verklärung einher: Wer betrügt, der hat eben gut getrickst. Ob das am Ende auch auf Martin Kind und Hannover 96 zutreffen wird, weiß man noch nicht so genau. Die Mitglieder haben Gerichte eingeschaltet, um ihren Präsidenten zurechtzuweisen. Der will die sogenannte 50+1-Regel abschaffen, welche eine Einflussnahme von Investoren verhindern soll. Über die Regel lässt sich diskutieren – nicht aber über die Art und Weise, wie in Hannover eine Ausnahme angestrebt wird.
Martin Kind, Vereinspräsident und Investor in Personalunion, führt dort ein Stück auf, das dem Demokratieverständnis Erdoğans gleicht. Klar, es geht nur um Fußball. Allzu sehr hat man sich daran gewöhnt, dass in diesem Metier Funktionäre ohnehin entscheiden, wie sie wollen. Und dann ist das halt so, weil ja alles hochkomplex ist, der Blick ins Detail anstrengt: Macher machen lassen, sagen sich viele Fußballfans, Hauptsache, am Ende steht es 1:0. Widerstand gibt es zwar in Hannover, letztlich aber auch nur von einem Bruchteil der Mitglieder. Er kommt von denen, die auch den Breitensport, den Stammverein, im Blick haben.
Das Gros aber hat die Bundesligatabelle im Blick, das weiß auch Martin Kind. Der Opposition hat er längst ein Schnippchen geschlagen, indem er selbst Beschlüsse der Mitgliederversammlung missachtet. Einer sieht vor, dass die Mitgliederversammlung über 50+1 abstimmen müsse. Kind zelebriert einen Alleingang nach Gutsherrenart. Seine Argumentationslinie geht so: Als gewählter Vorsitzender vertritt er die Interessen des Vereins – da hat ihm bei Entscheidungen dann niemand eine Weisung zu erteilen.
Nur: In diesem Punkt irrt Kind gewaltig. In der demokratischen Grundsatzung des e. V. steht: „Die Mitgliederversammlung ist das höchste beschließende Organ des Vereins.“ Daran sollte sich auch Martin Kind halten. Das müssen ihm im Zweifelsfall die Gerichte erklären.
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