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■ DaumenkinoFilmexil

Inzwischen kann die Emigration als relativ satt erforscht gelten; die kleine Zeitschrift Filmexil, nun schon in der dritten Nummer, hat sich darum verdient gemacht. Bislang sprach aber kaum einer über die Remigration, über diejenigen, die nach 1945 für immer oder eine Zeitlang oder auch nur ideell zurückkamen nach Deutschland. Wenige Filme gibt es zu dem Thema, das Heft bespricht vor allem zwei: Josef von Bakys und Fritz Kortners Film „Der Ruf“ und vor allem Harald Brauns „Zwischen gestern und morgen“ von 1947. „Wer nicht dabei war, weiß nichts“ ist noch eins der höflicheren Sentimente, die Remigranten wie Fritz Kortner entgegenschlugen. Kortner hatte ab 1937 in Amerika gelebt, aber nie aufgehört, „jedes Wort nachzustöbern, daß über Deutschland und sein Theater geschrieben wird“. Als er 1947 mit der Bahn in Berlin eintraf, fühlte er sich, obwohl er im Exil die Hälfte seines Gewichts verloren hatte, „falstaffisch dick und fett, ein herausgefressener Amerikaner, der keine Ahnung von den durchstandenen Höllenqualen haben kann. Ich bemerkte, daß das meinesgleichen Zugefügte im Bewußtsein der Mehrheit keine Rolle spielte.“ In „Der Ruf“ spielt er einen zurückgeholten, versöhnungsbereiten Professor, der, wie Kortner, nicht nur in Deutschland, sondern auch unter den Emigranten in den USA auf Ablehnung stößt. Weder Publikum noch Kritik mochten den „Problemfilm“. Als Kortner mitten im Kalten Krieg versuchte, wieder am Deutschen Theater zu inszenieren, stellten sich die Amerikaner quer: Als US-Bürger sei ihm jede Art von trading with the enemy im russischen Sektor untersagt.

Dazu Beiträge zur Rolle Atze Brauners, des Berliner Produzenten, bei der Film- Remigration von Fritz Lang, Gottfried Reinhardt und anderen; ein Ausschnitt aus dem Briefwechsel Arendt- Jaspers; ein Bericht über Robert Siodmaks Neuanfänge in der Bundesrepublik. mn

„Filmexil“ No. 3, Stiftung Deutsche Kinemathek, Edition Hentrich, Berlin.

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