■ Daumenkino: Wilde Kreaturen
Das auch nur ansatzweise Erklären von Plots sollte, was Komödie und Krimi angeht, mit höchsten Geldstrafen belegt werden. Da dies jedoch eine Tageszeitung ist, hier nun ein paar mürrisch hingeworfene Brosamen vom Tische des „Ein Fisch namens Wanda“-Teams. Ron McCain, Chef des Medien- Imperiums Octopus Inc., ist ein amerikanisch-australischer Tycoon und gräßlich noch dazu, weswegen er sich ausbreitet und ausbreitet, zum Beispiel in einem unrentablen englischen Zoo. McCain (Kevin Kline) engagiert einen neuen Direktor, um Marwood profitabel zu machen. Der Zoo ist Rollo Lees (John Cleese) letzte Karrierechance. Gewalt zieht immer, das weiß Rollo von „Octopus Hongkong T. V.“, wo er bisher zugange war – deshalb müssen Blut und Spiele her und alle süßen Kuschelchen raus. Die Verwirrung um die „Wilden Kreaturen“ erschöpft sich nicht darin, daß Kevin Kline nicht nur den Tycoon, sondern auch Vince, dessen ungeliebten Sohn, spielt, sondern besteht in einer grundsätzlichen Neuinterpretation der Fauna durch den Insekten-Oberpfleger Bugsy (!) Malone (Michael Palin) und Rollos (der Name allein!) Midlife-Sex-Appeal. Bugsy hängt am alten Marwood, weswegen er Rollo, wenn schon nicht von der tödlichen Gefährlichkeit der Eichhörnchen, so doch überzeugen muß, daß hier die Kuscheltiere der Stars – „die Schildkröte von Bruce Springsteen!“ – ihr Gnadenbrot verzehren. „Wilde Kreaturen“ sollte eigentlich ein dreieinhalbstündiges ökologisches Melodram werden, das in Finnland spielt und von einem Elch handelt, der sich nur in Weißtannenwäldchen fortpflanzen kann, zeigt jedoch u.a. ein Lama mit einer Krawatte um den Hals und einem Ballon am Kopf. Der Film wurde als Familienfilm konzipiert und ist bei weitem nicht so auf den Punkt gebracht wie der legendäre „Fisch“, doch Ossis können aus ihm viel über feindliche Übernahmen lernen und wie man sich gegen dieselben wehrt, durch einen beiläufigen Schuß beispielsweise.
Das Projekt hat immerhin dreißig Jahre auf dem Buckel. Terry Jones und Michael Palin schrieben 1967 ein halbstündiges Comedy Playhouse „The Zoo“, in dem ein Mr. Burster alle kleinen Pelztiere haßte und einen Zoo erträumte, der nur aus Killern bestand. Die BBC lehnte den Sketch damals ab, John Cleese vergaß ihn jedoch nie. Grausam und gefährlich die Dreharbeiten: Robert Lindsay, der einen Wärter spielt, wurde von einem Viech gebissen, und Cleeses Tochter Cynthia von Lemuren angefallen. Papa Cleese mußte tagelang dieselbe Unterhose tragen, „damit sich die Tiere an deinen Geruch gewöhnen“, so die Tiertrainerin. Credits: „Für diesen Film wurden keine Tiere verletzt, nur Menschen.“ AW
„Wilde Kreaturen“. Regie: John Cleese. Mit: Kevin Kline, John Cleese u.a. England, 1997
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