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■ DaumenkinoPrivate Parts

Keiner weiß, wie United Pictures diese Fotos hingekriegt haben. Auf Kinoplakaten sieht Howard Stern wie ein Rockstar aus. Die Brust ist wohlgeformt und ordentlich behaart, die Lockenmähne erinnert an die besten Zeiten von Aerosmith. Offenbar trägt der Mann, wie er so zwischen lauter spitzzackigen New Yorker Hochhäusern steht, nicht einmal Unterhosen. Mit einem Wort: Der Typ ist geil wie ein Abend lang Heavy Metal satt und dazu noch heavy Mädels.

Aber man kann sich auch irren. Das mit der Fasssade ist ein Spiel, der echte Bauch sieht sogar etwas schrumpelig aus, und überhaupt: „Noch nie hat es ein Mann mit so wenig zu so viel gebracht“, denkt Howard über seine private parts. Im richtigen Leben ist Mr. Stern bloß ein tölpeliger Lulatsch, ein knatterndes Großmaul, ein dummschwätzender Macho und, mehr noch, ein schratiger jewish Radiomoderator, der gerne über Frauen herzieht, wenn die Company ihm nicht gerade die Sendung abstellt. Denn Stern bedient sein Amerika seit den siebziger Jahren unterhalb der Gürtellinie. Damit wurde er zum erfolgreichsten Talkmaster von New York, neben dem Harald Schmidt eher wie Professor Higgins wirkt. O-Ton Stern in einem Interview: „Vor ein paar Monaten bekam ich während meiner Show den Penthouse in die Finger. Beim Durchblättern fiel mir ein Mädchen mit rasierten Schamhaaren auf. Also habe ich meiner Frau – live über den Äther – vorgeschlagen, sich doch auch mal die Pussy zu rasieren.“

Ist das noch lustig, oder greinen Sie schon? Stern findet beides okay. Die Verfilmung seiner Biographie „Private Parts“, die 1993 bereits in der ersten Woche auf Platz eins der Bestsellercharts landete, erzählt in Woody-Allen-hafter Manier, wie ein spleeniger Junge bis ins Erwachsenenalter die Welt als Jammertal sieht, über das ein mächtiger Vater wacht. Jede Zote ist ein Hieb gegen Papi, und jede Schweinigelei am Mikrofon ein Schrei nach Liebe. Weil Stern aber Vaters Anerkennung nie so recht finden kann, legt er sich mit allerlei Vorgesetzten an und wird vom Ödipussi selbst zum Medienfuzzi, mit einer Hörerschaft von immerhin 18 Millionen Menschen täglich.

Das alles steht zwar im Buch, der Film aber achtet mehr auf Sterns höchst eigene Lovestory. Immerhin hat er seine Ehefrau Alison (Mary McCormack) bereits im Experimentalfilm-Workshop an der Highschool kennengelernt, ihr später lieb bei der Behindertenarbeit geholfen und gemeinsam drei Kinder in eine Welt gesetzt, die so schlecht auch wieder nicht sein kann. Was bleibt, ist eine Erfolgsgeschichte mit sehr fertigem Humor, für den man Stern nicht einmal hassen muß. In New York zumindest lagen zwei Stern-Fans vor Lachen unter den Kinositzen. Es waren nette jüdische Emanzen Ende Dreißig. hf

„Private Parts“. Regie: Betty Thomas. Mit Howard Stern u.a.

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