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■ DaumenkinoHorner Sound

Während allerorten jede Mark mitgezählt wird, die James Camerons Lust-am- Untergang-Spektakel „Titanic“ in den Kinos einspielt, übersieht man den wohl erfolgreichsten Schiffskatastrophenprofiteur leicht. Dabei hat Camerons Streifen dem 44jährigen James Horner nicht nur seinen ersten Oscar für die „Beste Filmmusik (Drama)“ eingetragen; da sich die Soundtrack-CD besser verkauft als die Potenzpille Viagra, sollte der Filmmusikkomponist vor Ende des Jahres auch um gut 20 Millionen Dollar reicher sein. Viel Geld für spielfilmbegleitende Orchestermusik. Andererseits ist Horner den Publikumserfolg gewöhnt. Seine keltisch-dramatische Musik zu „Braveheart“ war vor zwei Jahren so beliebt, daß wenig später eine zweite CD mit „unveröffentlichten“ Stücken, Dialogschnipseln und traditionellem Dudelsackgedudel nachgelegt wurde.

Horner, dessen steile Karriere Ende der Siebziger mit Arbeiten für Roger Corman begann, galt lange Zeit als „Wunderkind“ unter Hollywoods Komponisten. In den Achtzigern konnte er sich mit hervorragenden und eigenwilligen Soundtracks auch zu unterklassigen (phantastischen) Filmen einen guten Namen machen. „Brainstorm“, „Star Trek II“ „Gorky Park“, „Aliens“ und vor allem seine noch immer unveröffentlichte Musik zu Michael Wadleighs „Wolfen“ verbanden meist geschickt den großen Orchestersound des „alten Hollywood“ mit deutlich kantigen, disharmonischen Jazz- und Elektronikelementen.

Doch dann wurden die ersten Ermüdungserscheinungen deutlich. Während sich auch viele andere Komponisten gern beziehungsweise notgedrungen bei den Klassikern von Prokofjew bis Holst bedienten oder ein zusammengeklaubtes Motiv halbwegs überzeugend zum „Zitat“ herausputzten, perfektionierte James Horner immer stärker die Kunst des Eigenzitats. Deutsche FilmmusikfreundInnen haben dazu längst das Verb „hornern“ gebildet; wie kein anderer produziert James Horner mittlerweile Filmmusiken, die fast durchgehend aus bekannten Motiven und Themen aus dem Repertoire des Komponisten zusammengesetzt sind.

Auch bei „Deep Impact“ wird wieder mächtig gehornert, kann man auf einer CD oder während eines Kinobesuchs quasi ein „Best Of James Horner“-Potpourri hören – da gibt es die martialischen Marschmotive aus „Das Kartell“, Anspannung frei nach „Sneakers“ und hohe Spannung wie weiland bei „Alien“. Daß Horner noch gute Musiken komponieren kann, steht außer Frage. Leider macht er es nur noch bei jedem fünften, sechsten Film. Ansonsten regiert das postmodern-industrialisierte Klangrecycling. Wie sonst hätte „Titanic“ diesen eigenwilligen keltischen Einschlag frei nach „Braveheart“ bekommen können? Thomas Klein

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