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Datenschutz-DebatteDie Transparenz der Anderen

Transparent sollen immer nur die Anderen sein. Ob bei Street View oder der Piratenpartei: Viele Netzaktivisten fordern Offenheit und Datenschutz zugleich – ein Widerspruch.

Verpixelte Gesichter – muss soviel Datenschutz wirklich sein, fragt Michael Seemann. Bild: Freiheit statt Angst 2008 - Lizenz: CC-BY-SA

Die netzpolitische Szene hat ein Problem. Datenschutz und Transparenz waren schon immer ihr Anliegen - Themen, für die sie auch am Samstag auf der "Freiheit statt Angst"-Demonstration in Berlin eintreten wird. Doch gerade jetzt, wo diese Themen dank Wikileaks und Google Street View auch in der gesamtgesellschaftlichen Debatte ankommen, wird klar, wie widersprüchlich diese Forderungen sind. Und schon immer waren.

Denn einerseits ist der Computer ein mächtiges Werkzeug der Partizipation und Meinungsfreiheit des Privatmenschen. Und andererseits ist da die Angst vor dem Missbrauchspotential des Computers in den Händen des Staates als Kontrollinstrument für den Einzelnen. Die Sicht auf die Verarbeitung von Daten ist seit langem zwiegespalten: Wo sie der Zivilgesellschaft Vorteile verschafft, wird sie bejubelt und eingefordert. Wo sie von den staatlichen - und neuerdings privatwirtschaftlichen - Stellen genutzt wird, wird sie verdammt und soll eingeschränkt werden.

Als der Berliner Polizeichef im Vorfeld der "Freiheit statt Angst"-Demo ankündigte, dass Polizisten dort Videoaufnahmen machen werden, obwohl ein Gericht das anlasslose Filmen verboten hat, war das Geschrei auf Seiten der Datenschützer groß. Andererseits wurden die Demoteilnehmer vom Chaos Computer Club aufgerufen, ihre Kameras mitzubringen, um eventuelle Polizeiübergriffe dokumentieren zu können - wie im vergangenen Jahr geschehen. Natürlich solle man im Fall des Falles die Gesichter der Demonstranten verpixeln, bevor man das Material online stellt - nicht aber die der Polizisten. Transparenz für die einen, Datenschutz für die anderen.

Matthias Bauer / CC-BY-SA

Michael Seemann ist Blogger, Journalist und Aktivist.

Bei der Piratenpartei stritt man unlängst über ein neues internetgestütztes Demokratiewerkzeug namens "Liquid Feedback", das für die Bundespartei eingeführt werden sollte. Es ermöglicht jedem Parteimitglied einerseits bei der Meinungsbildung vollumfänglich repräsentiert zu sein, aber gleichzeitig Entscheidungen in Themengebieten, die nicht im eigenen Interessenfokus liegen, völlig frei an irgendeinen Parteifreund seines Vertrauens zu delegieren. Die Software soll auch die sonst übliche "Hinterzimmerpolitik" für alle nachvollziehbar machen und geht damit einen weiten Schritt in Richtung einer der Hauptforderung der Piraten: nach einer transparenten Politik. Und sie verstößt gleichzeitig gegen eine andere Hauptforderung der Piraten: den Datenschutz.

Um beiden Anforderungen gerecht zu werden, diskutierte man darüber, eine klare Grenze einzuführen: die zwischen Mandatsträger, also "echtem Politiker" (soll transparent sein) und einfachem Parteimitglied (soll vollen Datenschutz genießen). Also ebenjene Grenze, die man mit Liquid Feedback doch eigentlich auflösen wollte.

Auch im Zuge der Debatte um Google Street View kam die Idee auf, Konzerne und Unternehmen gesetzlich einen Sonderstatus zu verpassen, was die Nutzung des öffentlichen Raums angeht. Um den normalen Menschen die Panoramafreiheit zu erhalten und gleichzeitig den Konzernen zu verbieten, die Häuser zu fotografieren, wären manche bereit, die "Straßenneutralität" zu beenden. Grenzen, Sonderregelungen und Diskriminierung als die neuen Wegmarken zur Freiheit?

Denn transparent soll immer nur der andere sein. Der Staat, nicht der Bürger, der Geschäftsmensch nicht der Privatmensch, der Profi, nicht der Amateur. Und gleichzeitig verschwinden genau diese Grenzen, soll Politik mehr von Bürgern gemacht werden, machen Amateure den Profis Konkurrenz. Schunkeln sie jetzt, aber bitte nur jeder zweite.

Es wird Zeit, dass sich die Netzszene offen mit ihren inneren Widersprüchen auseinandersetzt. Dass sie einsieht, dass Transparenz keine Einbahnstraße sein kann. Dass sie bei ihrem Differenzierungswahn bedenkt, dass man im Zweifel einem anderen ein anderer ist, auf dessen Transparenz dieser ebenso ein Interesse haben kann. Wikileaks mag derzeit Rechtsradikalen und Regierungen die Hosen ausziehen, aber sein Prinzip wird uns alle treffen. Wir haben es verpasst, den Kontrollverlust mit einer positiven Zukunftsvision zu flankieren, die eingesteht, dass auch wir mit der neuen Situation umgehen müssen. Es gibt noch viel zu diskutieren.

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25 Kommentare

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  • Hier kann ich mich den vorigen Kommentatoren nur anschließen: Die Unterscheidung betrifft die Privatsphäre und die öffentliche Sphäre.

    Auch Gesetze können da unterscheiden. Deshalb sind alle möglichen Offenlegungspflichten und Auskunftspflichten und Transparenzpflichten für öffentliche Stellen und Politik gesetzliche geregelt. Und alle möglichen Daten von Privatleuten gesetzlich geschützt.

    Das ein geht alle etwas an. Das andere geht niemanden etwas an.

    Wieso fällt es dem Autor so schwer, diese Unterscheidung, die auf der Hand liegt, zu aktzeptieren oder zu thematisieren?

  • Private Daten schützen, öffentliche nützen. Eins der obersten Gebote des CCC, da hat wohl die journalistische Recherche eine Pause gemacht oder?

    Genauso wie, dass die Polizeigewalt nach langem Prozess durch Videobeweise aufgedeckt werden konnte ung gleichzeitig, dass die Polizei Ihre Videoaufnahmen manipulierte und Szenen wegschnitt wo sie sich wie besoffene Hools benommen haben. Öffentliche Personen die eine Straftat begehen zu filmen und das Video zu verteilen, ansonsten direkt zu löschen ist bei Leibe kein Widerspruch.

     

    2 Artikel und 2 mal gegen nur Diskreditierung und einseitige Kritik an Menschen, denen Netzpolitik wichtig ist. Und sich dann darüber beschweren, dass Leute Blogs lesen und den Wahrheitsgehalt nicht geringer als so eine Hetze einstufen verwundert Sie Herr Seeman? So eine Realsatire kriegt nicht mal der Postillon hin - hut ab!

  • IT
    Ihr Tim

    Diese unterschiedliche Bewertung von Transparenz scheint ein Widerspruch zu sein. Doch das muss es nicht wenn man sich nach folgender Maxime richtet:

    Private Angelegenheiten sollen privat bleiben, aber öffentliche Aufgaben sollen für die Öffentlichkeit offengelegt werden.

    Letzteres klappt zum Beispiel in Schweden recht gut, wo jedermann die Arbeiten der öffentlichen Stellen einsehen kann, was z. B. Kungeleien, Korruption etc. ziemlich wirksam verhindert. Selbst die Überwachungsaktivitäten werden dort offengelegt, so dass die Schweden ihren "Überwachern" ein erstaunlich großes Vertrauen entgegenbringen.

    Dass die Kontrollitis trotzdem einigen zu viel wird zeigt freilich die ebenfalls dort entstandene Piratenpartei.

  • MM
    Maurice Morell

    Basis all dieser Diskussionen ist ANGST. Ich hoffe, wir kommen bald ohne sie aus.

  • T
    Tharben

    Wow, Michael! Einer deiner besten Texte. Vielleicht etwas oberflächlich (oder leide ich unter "Differenzierungswahn"?), aber schön klar formuliert. Und du machst einen glasklaren Punkt.

     

    Nur leider ist es eben doch nicht so einfach. Europa und die ganze Welt hat in unterschiedlichen Bereichen eine Tradition der Schutzrechte und Verbote. Heute ist es nun einmal so, dass jemand, der ganz ungeniert seine kleine Sünden und vergehen öffentlich macht, sich angreifbar und erpressbar macht.

     

    Die gesellschaftlichen Konventionen zu überwinden dürfte viel Zeit in Anspruch nehmen. Und wo ist dann die Grenze? Dass ich gerne bei Rot über die Straße gehe - geschenkt. Das kann ich gerne eingestehen. Aber wie sieht es mit dem Britney Spears-Song aus, den ich vor zehn Jahren maximal halblegal gefileshared habe? Spätestens wenn ich meinem Chef sage, dass ich homosexuell bin und gerne rosa Spitzenunterhöschen trage, dürfte der Job Geschichte sein. Das Finanzamt versteht (außer bei außergewöhnlich reichen Familien und großen Beträgen) auch keinen Spaß, wenn es um Steuerhinterziehung geht.

     

    Das stille Übereinkommen darüber, dass niemand sich zu 100% an jedes Gesetz und jede Regel halten kann, bedingt Privatheit, bedingt Geheimnisse, bedingt Datenschutz und bedingt somit in deiner Definition Intransparenz. Alternative: Wir schaffen die Gesetze und Regeln ab.

  • EM
    Ein Mensch

    Der Autor hat es nicht verstanden. Die Lösung liegt doch auf der Hand. Wissen ist Macht. Also muss Transparenz für die Mächtigen gelten (Staat, Grossunternehmen, Firmen, Profis) und Datenschutz für die Ohnmächtigen (einfache Bürger). Der Staat hat die Aufgabe diesen Machtausgleich zu bewirken oder zumindest gesetzlich zu regeln.

     

    Der Autor hat zwar verstanden, dass die Welt nicht schwarz/weiss ist, sondern grau. Er zieht aber nicht den richtigen Schluss: Auch Transparenz und Datenschutz muss graduell gelten. Je mächtiger jemand wird, desto weniger privat wird er.

     

    Der Staat hat die Macht, deswegen gilt für die Polizei ein höherer Transparenzanspruch als für den Demonstranten.

     

    Die Grossunternehmen haben (Wirtschafts-)Macht, deswegen gilt für sie ein höherer Transparenzanspruch (z.B. Bilanzen) als bei Einzelunternehmen.

     

    In Liquid Feedback könnte die Transparenz mit zunehmender Zahl an Delegationen ebenfalls zunehmen.

     

    Der anscheinende Widerspruch ist keiner. Man muss nur die Grauzone entsprechend strukturieren.

  • P
    p3t3r

    >>>>Wikileaks mag derzeit Rechtsradikalen und Regierungen die Hosen ausziehen, aber sein Prinzip wird uns alle treffen. Wir haben es verpasst, den Kontrollverlust mit einer positiven Zukunftsvision zu flankieren, die eingesteht, dass auch wir mit der neuen Situation umgehen müssen. Es gibt noch viel zu diskutieren.

  • AH
    Alter Hase

    "Öffentliche Daten nützen - Private Daten schützen."

     

    Was soll daran widersprüchlich sein?

     

    Ist für den Autor der Unterschied zwischen

    privat und publik unverständlich?

     

    Polemische Grüße!

  • GB
    GläserneR BürgerIn

    Wie schön, dass der Widerspruch der aufgeführt wurde gar keiner ist. Denn ich möchte schon Einspruch erheben, wenn Google mein Wohnzimmer fotografiert, welches ja im Erdgeschoss sein könnte. Das ist mein Datenschutz. Dazu benötige ich aber die Transparenz des Unternehmens Google, um sogar das nächste Mal schon vorher einen Einspruch erheben zu können, damit meine Daten nicht irgendwo abgespeichert sind.

     

    Auch der Widerspruch zwischen PolitikerIn und Parteimitglied ist keiner. Denn, wozu müssen wir über jedes einzelne Parteimitglied alles wissen (Datenschutz)? Aber ob der/die gewählte PolitikerIn im Sinne der "demokratischen" Partei handelt, muss kontrolliert werden (Transparenz).

     

    Dies wäre dann eine Machtausübung vom Volke, wie es "Demokratie" doch suggeriert. Aber vielleicht leben wir ja in gar keiner Demokratie. Dann hätten wir doch wieder Widersprüche.

  • T
    Torben

    @Stefan:

    Guter Kommentar.

    Ich sehe es ähnlich, derjenige welcher hoheitliche Aufgaben erfüllt (also der Staat, bspw. durch die Polizei) muss für denjenigen, den er vertritt und gegen den er Kraft dieser Vertreterstellung Macht ausüben darf völlig transparent sein. Deswegen ist es kein Widerspruch das Agieren von Polizei transparent und nachvollziehbar zu machen und diejenigen welche ihrer Gewaltausübung (ich beziehe mich auf das Gewaltmonopol des Staates, nicht auf irgendwelche wie auch immer geartete unrechtmäßige körperliche Gewalt) unterliegen zu schützen. Um bei dem Polizeibeispiel zu bleiben, es genügt ja bspw. die Kennzeichnung via eindeutig zugewiesener Nummer. Es fordert ja keiner eine Privatanschrift auf den Uniformen. Und wenn jemand als Polizist sein Gesicht nicht fotografiert haben möchte, dann hat er den falschen, weil zwingend öffentlichen, Beruf gewählt.

    Was den Datenschutz bei Unternehmen angeht, so ist das geforderte auch nicht widersprüchlich im eigentlichen Sinne. Es liegt hier nur ein typisches Beispiel von Marktversagen vor. Die Unternehmen sind aufgrund ihrer Organisation und (u.a. finanziellen) Macht dem Bürger weit überlegen. Es ist eben nicht immer eine freie Entscheidung welche Daten man preisgeben möchte und welche nicht. Für viele zwingend notwendigen Geschäfte des Lebens gibt es keinen Weg darum. Versuchen Sie mal ein Leben ohne Girokonto zu führen oder ohne einen Telefonanschluss, oder sich bei solchen Verträgen der Schufa-Auskunft zu verweigern. Dass die so ermittelten Daten geschützt werden stellt nur einen Ausgleich der sonst völligen Aufgabe vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Ich sehe die im Artikel angesprochenen Widersprüche wirklich nicht...

  • E
    Elvenpath

    Ich verstehe nicht, dass der Autor ein Problem mit dem Prinzip hat, dass das Privatleben geschützt werden muss, und der Staat und mächtige Organisationen gläsern sein müssen.

    Das ist vollkommen logisch und beinhaltet keinerlei Widerspruch.

    Es resultiert aus dem Wesen der Demokratie. Demokratie bedeutet nicht nur, dass man am Wahltag sein Kreuzchen machen darf. Demokratie bedeutet auch, dass der Bürger dem Staat grundsätzlich misstrauen und ihn kontrollieren muss. Und nicht umgekehrt. Und deswegen muss der Privatmensch so weit wie möglich intransparent sein, der Staat und seine Organe dagegen vollkommen gläsern.

    Und mächtige Wirtschaftskonzerne müssen peinlichst genau kontrolliert werden.

  • J
    Jolli

    Das gabze ist eben ein paradoxon!

    "Ohne Gesetz und Ordnung besitzt der Mensch keine Freiheit."

     

    Ist genauso wie "Willst du den Frieden, musst du dich für den Krieg rüsten."

  • M
    Manu

    Gläserner Staat statt gläserner Bürger.

     

    Was ist so schwer daran zu verstehen, dass man das trennen kann und muss? Es geht darum, dass Privatsphäre geschützt wird und Machtstrukturen offengelegt werden sollen. Da einen Widerspruch reinzukonstruieren ist ziemlich billig und oberflächlich. Mit der gleichen Logik könnte man auch behaupten, es sei ein Widerspruch wenn man eine Erhöhung der ALG II Sätze fordert und gleichzeitig einen Gehaltsgrenze für Manager. Man fordert ja schließlich gleichzeitig mehr für die einen und weniger für die anderen. Dass den Forderungen jeweils ein eklatantes Missverhältnis zwischen "Herrschenden" und "Beherrschten" zugrunde liegt, ist doch offensichtlich.

  • G
    Gerhard

    Änderungsforderung für das Strafgesetzbuch

     

    Solange Polizeibeamte, ganz besonders Beamte von Spezialeinheiten bei einer Demonstration das tun dürfen, was den Teilnehmern der Demonstration verboten ist, nämlich sich vermummen und somit praktisch unerkannt und anonym handeln zu können, muss stattdessen mit der vollen strafrechtlichen Haftung der Einsatzleiter für seine Beamten einstehen, so als habe er selbst die Straftat begangen.

     

    Schließlich leben wir in einer Demokratie und nicht in einem Polizeistaat oder einer Militärdiktatur. Für eventuelle Scharfmacherapelle von Politikern und höheren Beamten sollten diese strafrechtlich für alle daraus resultierenden Handlungen der Polizeibeamten einstehen müssen. Ebenso für gezielte Desinformation der Polizeibeamten vor einem Einsatz.

     

    Auch das gehört für mich zur Transparenz. Ich kann prinzipiell verstehen, dass die Polizeibeamten von Spezialkommandos unerkannt bleiben möchten, doch ist in der Vergangenheit diese Anonymität schon allzu oft für strafrechtlich relevante Übergriffe beispielsweise auf Demonstrationsteilnehmer missbraucht worden. Doch solange beispielsweise ein in einer Demokratie ohnehin höchst fragwürdiger Korpsgeist die Aufklärung von Straftaten durch Polizeibeamte verhindert, kann es im Interesse des Bürgers nicht sein, dass diese Straftaten durch den Staat ungesühnt bleiben. Dann muss eben stattdessen der Einsatzleiter vor Gericht gestellt werden und für die Straftaten seiner untergebenen Beamten büßen, wenn diese nicht ermittelt werden können.

     

    Vermutlich wäre dann ganz schnell Schluss mit einer brutalen Polizei und Übergriffen auf Demonstranten.

     

    Schließlich wird sogar eine ganze Familie in Sippenhaft genommen, wenn sich eine über den Internetanschluss begangene Straftat nicht aufklären lässt. In Frankreich ist es bereits soweit. Es ist nur eine Frage der Zeit, insbesondere durch die nach wie vor geheimen ATCA Verhandlungen, bis es auch bei uns so weit ist. Dann kann es umgekehrt nicht angehen, dass Polizeibeamte unter dem Schutz der Anonymität Straftaten gegen Bürger begehen.

  • MS
    Michael Seeemann (mspro)

    In dem Text kommt vieles viel mehr als Kritik rüber, als ich es gemeint habe. Es geht mir in erster Linie darum, dass ich das Konzept: wir messen mit zweierlei Maß für nicht besonders zukunftsfähig halte. Projekte wie Liquid Feedback sind viel wichtiger, nämlich Grenzen aufzulösen, Partizipation zu erhöhen und so genau die Kategoriale Trennung der Ebenen - und damit auch das Machtgefälle - aufzuheben. Wenn man aber immer für sich - als machtloser Bürger - auf Datenschutz pocht, reproduziert man diese Grenze und damit eben auch seine eigene Machtlosigkeit. Auf das Machtgefälle sollte man nicht mit Schutzzonen, sondern mit "Her mit der Macht" antworten.

  • H
    Hauke

    Ich sehe keinen Wiederspruch. Wer sich anmaßt Macht über andere Menschen zu besitzen, über den sollten im gleichen Maße die Menschen Macht haben. Das nennt man Demokratie (und nicht die Farce die wir erleben) und ist nur mögliche wenn diese Machtpersonen (Politiker, Konzernchefs, etc.) auch von der Öffentlichkeit in allen Facetten ihrer Machtausübung beobachtet werden. Das hat nichts mit Datenschutz zu tun.

  • SS
    Sascha Stoltenow

    Vorschlag: Wer Politik macht, muss transparent sein. Und weil der entscheidende Hebel für Politik die Angst ist, müssen alle die Angst machen transparent werden. Also auch die, die die Angst um die Freiheit zur Methode machen und das auf ein plakatives "Freiheit statt Angst" verkürzen. Mir ist es piepegal. Ich habe weder Angst vor der Angst noch Angst um meine Freiheit. Macht ist immer auch die Angst der Anderen.

  • N
    narfnarf

    Hier werden einige Sachen durcheinander geworfen.

    Man muss zwischen einer anlasslosen Videoüberwachung durch den Staat bei der Ausübung eines Grundrechts mit anschließender Aufbewahrung der Aufnahmen, und privaten Foto- und Videoaufnahmen unterscheiden.

    Und die Gefahr von (unberechtigten) Übergriffen durch die Polizei ist, wie in der Vergangenheit gezeigt, durchaus gegeben, daher ist die Empfehlung, im Zweifelsfall die Situation zu dokumentieren, verständlich. Das hat mit Datenschutz nichts zu tun.

    Bei der Veröffentlichung Fotos zu anonymisieren, ist rücksichtsvoll gegenüber den darauf abgebildeten, auch wenn rechtlich nicht unbedingt notwendig.

    Da könnten sich professionelle Fotografen btw. mal ein Beispiel daran nehmen, die meist erst ein Foto machen, und dann fragen.

  • E
    EnzoAduro

    NEIN

    Öffentliche Daten -> öffentlich

    Private Daten -> privat

     

    Für einen Transparenten Staat statt einen gläsernen Bürger.

     

    PS: Das mit den Videos finde ich zwar auch Grenzwertig

    ABER: Die Polizisten sind bei ihrer Arbeit, das Sie dort sind hat keine politische Aussage, im ggs. zu den Demonstranten.

  • N
    nil

    Es gibt vor allem den Unterschied der privaten und öffentlichen Daten.

     

    Somit: Öffentliche Daten nützen und private Daten schützen.

  • RH
    Rainer H. Rauschenberg

    "Um den normalen Menschen die Panoramafreiheit zu erhalten" -- das ist doch (sollte in der Wikipedia unter "Panoramafreiheit" nicht völliger Quatsch stehen) grob irreführend: Die Wikipedia sagt "Der Aufnahmestandpunkt muss zudem allgemein ohne Hilfsmittel zugänglich sein. Eine Leiter – auch wenn sie nicht dazu dienen sollte, über ein Hindernis hinwegzublicken – ist demnach genauso wenig zulässig wie ein Hubschrauber." gegen diese Regel verstoßen alle Streetview-Aufnahmen, weil sie mit einem Hilfsmittel gemacht wurden, das das Obektiv bzw. die Kamera in eine Höhe hebt, in der sich keines Fußgängers Kopf befindet.

  • MH
    Matthias Heppner

    "Um beiden Anforderungen gerecht zu werden, diskutierte man darüber, eine klare Grenze einzuführen: die zwischen Mandatsträger, also "echtem Politiker" (soll transparent sein) und einfachem Parteimitglied (soll vollen Datenschutz genießen). Also ebenjene Grenze, die man mit Liquid Feedback doch eigentlich auflösen wollte."

     

    Genau da liegt das Problem. Die Piratenpartei (also deren Mitglieder) kann nicht ebenjene Grenze zwischen "echtem" Politiker (mit demokratischer Legitimiation des Volkes) und einfachem Parteimitglied als "quasi" Politiker (ohne demokratische Legitimation des Volkes) auflösen, weil dazu die demokratische Legitimation fehlt. Diese kann nur vom Volk kommen und nicht von der Piratenbasis. Piratenmitglieder können sich nur als Politiker fühlen und sich diesen Begriff freiwillig symbolhaft anerkennen lassen. Faktisch wird dennoch kein Piratenmitglied Politiker, nur weil sich dieses für einen hält.

     

    Ansonsten gibt es auch keine Widersprüche in den Zielen der Piratenpartei. Wir haben uns bisher für den gläsernen Staaat und gegen den gläsernen Bürger ausgesprochen. Das Unterscheidungskriterium der "Macht" war und ist auch heute noch logisch. Das es dennoch zu Diskussionen kommt, wie z.B. bei Google Street View, wo Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen, ist völlig normal, da keine Definition ohne Abgrenzungsschwierigkeiten in manchen Fällen existiert.

     

    Deswegen ist es auch heute noch richtig und logisch sich gegen das verdachtsunabhängige Filmen von Polizisten (mit Macht) auszusprechen, dies aber anders für die Demonstranten (ohne Macht) zu sehen. Diese Beispiele lassen sich beliebig fortführen.

  • H
    Hanno

    Ansich ist es korrekt, dass der Autor auf diesen Widerspruch hinweist, was mich aber am Artikel massiv stört ist der Eindruck, darüber würde nicht diskutiert.

     

    Schon seit Ewigkeiten hat etwa der CCC das Motto "Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen", was ja auf diesen Widerspruch hinweist und versucht ihn aufzulösen. Aufeinandergekracht sind diese Positionen etwa bei der Debatte um Tron und die Wikipedia (es ging darum ob es in Ordnung ist, den realen Namen des Hackers Tron, der unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen ist, gegen den Willen seiner Eltern öffentlich zu erwähnen).

     

    Also: Diskussion ist wichtig, aber nicht so tun als würde sie bisher nicht geführt.

     

    Ein bißchen an den Haaren herbeigezogen ist natürlich das Polizei/Demonstrant-Beispiel. Es ist ja ein gravierender Unterschied, ob die Polizei anlasslos permanent Demonstrationen filmt oder ob man gezielt bei Polizeiübergriffen die Kamera zückt.

  • T
    Test

    Meine Meinung:

     

    Im Zweifelsfall sind Daten bei einem privaten Unternehmen sicherer als beim Staat oder einem (ex)staatlichen Unternehmen.

    - Telekom, Swift vs. Google

    Im Zweifelsfall ist es sicherer wenn die Polizei gefilmt wird und nicht wenn die Polizei filmt.

    - aufgeklärte Polizeiverbrechen vs. "verschwundene" Aufnahmen bei Polizeivideos

  • S
    Stefan

    Klar geht es um Datenschutz für die Einen und Transparenz für die anderen. Das macht Sinn: Wer Informationen besitzt kann diese zur Machtausübung gebrauchen, genau wie jemand in Machtposition Informationen sammeln und horten kann um seine Machtposition zu stärken. Verliert diser jemand die KOntrolle über die Informationen (Transparenz) verleiert er tendenziell auch Macht (Kontrolle), bzw muss versuchen diese neu zu rechtfertigen.

     

    Im Gegensatz dazu Datenschutz: Habe ich Kontrolle über meine persönlichen Daten, enthalte ich sie eben genau jenen Personen vor die Macht auf mich ausüben könnten. Je weniger Daten man höhergeordneten Stellen preisgibt, desto weniger Kontrolle haben sie über einen.

     

    Klar erkennen das auch die Mächtigen und versuchen daher Datenschutz (entweder für sich selbst oder für die von ihnen verwalteten Daten) für sich zu reklamieren.

     

    Und klar gibt es auch die Postprivacy-Vision. Wenn jeder zB meine Adresse wissen könnte, jeder mein Einkommen oder meine Religionszugehörigkeit nachschauen könnte... wären das keine privaten Daten mehr. Dies ist eine notwendige Überlegung, aber die muss sehr vorsichtig angegangen werden, denn in einer solchen, kontrollfreien Welt leben wir noch nicht.

     

    Deswegen macht es Sinn die Gesichter der Demostranten zu verpixeln und die der Polizisten nicht.