: Datenkrake von Köln
Datenschutz für Ausländer gilt nicht: Mit dem Ausländerzentralregister werden Terroristen gejagt
„Wir müssen mehr über Ausländer wissen“, rufen die Innenminister wegen der versuchten Bombenanschläge. Dabei wissen sie schon ziemlich viel: Das „Ausländerzentralregister“ (AZR) in Köln sammelt seit den 50er Jahren Daten über Migranten. 23,7 Millionen personenbezogene Angaben lagern dort.
Wenn der Durchschnittsdeutsche schon im täglichen Umgang mit Behörden vor dem gläsernen Bürger warnt, müssen ihm beim AZR die Ohren schlackern: Jeder Migrant, der für längere Zeit in der Bundesrepublik lebt, muss dort persönliche Daten wie Namen, Geburtsort, Familienstand und Religion speichern lassen. Gelöscht werden sie in der Regel zehn Jahre nach dem Verlassen der BRD, oder mit der Einbürgerung. Automatischen Zugriff haben zahlreiche Behörden, etwa für Asylverfahren, Strafverfolgung oder die Einbürgerung.
Für Ausländerämter war das AZR seit jeher ein gerne genutzter Datenfundus. 1959 wurde die Datenbank eingerichtet. 1975 enthielt sie laut Datenschützern 6,6 Millionen Einträge. Rechtlich stand das Register, das dem Bundesverwaltungsamt angehört, allerdings lange auf schwachen Beinen. Erst 1994 wurde gesetzlich geregelt, was mit den gesammelten Informationen geschieht und welche Stellen sich informieren dürfen.
Das AZR unterstreicht den Sonderstatus, den Menschen ohne deutschen Pass in Deutschland seit jeher haben: „Man ging bei dem Aufbau des Registers davon aus, dass Ausländern weniger Datenschutz zusteht als Deutschen“, urteilt etwa Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter Schleswig-Holsteins, der sich schon länger mit dem AZR beschäftigt. Flüchtlingsorganisationen finden das Register in Köln daher diskriminierend.
Heute ist die Kölner Datenbank eine wichtige Informationsdrehscheibe. Sie füttert nicht nur ein- bis zweimal monatlich die Polizei mit Daten, sondern füllt auch Statistiken über Migranten in der Bundesrepublik. Im großen Stil wurde sie zuletzt für die Rasterfahndung genutzt, als die Behörden nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf der Suche nach islamistischen Schläfern in Deutschland waren. Ergeben hat die Abfrage von rund vier Millionen Datensätzen nichts. Die Fahndung wurde Ende Mai eingestellt. Für seine Überwachungsfunktion wurde das AZR bereits zweimal mit dem „Big Brother Award“ ausgezeichnet.MORITZ SCHRÖDER