: „Dat is ne Droge“
■ Dart-Turnier Bremen: Vom Kneipensport auf Turnierniveau
Den Wurfpfeil locker in der Rechten wippend, den Arm angewinkelt, den Körper auf dem rechten Bein lastend, das linke nach hinten auspendelnd, die Zunge zwecks Konzentration zwischen den Zähnen hervorgepreßt – so zielen sie. Dann folgt der Wurf: den Pfeil aus dem Handgelenk schwungvoll ausklappend – teilweise austariert durch den abgespreizten kleinen Finger – wahlweise auch unterstützt durch einen leichten Fersen-Lupf oder aus dem Kreuz herausgereckt. – Jeder ,Darter' hat da so seine Methode.
Die Wurfarten des allseits aus Pubs und Kneipen bekannten Sports ,Dart' sind Legion. Am Wochenende waren sie im Bürgerzentrum Vahr zu begutachten. Dorthin hatte der Dart-Verbund Bremen (DVB) zum Turnier ,Bremen '94' eingeladen. Mit Erfolg: Rund 900 Damen und Herren aus fünf Nationen, so konnte der Vorsitzende des DVB, Karl-Heinz Klausmeyer nicht ohne Stolz berichten, waren erschienen.
–Zum Pfeilewerfen? – Zum Darten, denn „,Pfeilewerfen' hören wir gar nicht gern“, warnt Klausmeyer mit spitzbübischem Lächeln. Und Ulli Neubauer aus Neuss, seineszeichens deutscher Vizemeister von 1983, kommentiert die verdutzten Gesichter der Besucher: „Dat is ne Droge. Da muß dich nur einmal der Ehrgeiz gepackt haben, ein bestimmtes Feld zu treffen!“
Denn darum geht's: Mit drei handgroßen Pfeilen ('Darts') wird aus rund 2,5 Meter Entfernung auf eine runde Scheibe ('Board') geworfen. Das Board ist in 20 Felder unterteilt, die ihrerseits von zwei Ringen durchlaufen werden. Ein Treffer in den Außenring zählt doppelt ('Doubble'), in den Innenring dreifach ('Triple'). Die Mitte, das Schwarze, heißt bei den Dartern ,Bull's Eye' und zählt satte 50 Punkte.
Ziel des Spiels ist es, sich mit so wenig Würfen wie möglich vom Punktekonto ('Score') von 501 Punkten herunterzuarbeiten. Zum Schluß – der eigentliche Clou des Spiels – muß passgenau ,eingelocht' werden.
Ob der Ausgefeiltheit der Regeln wird klar: Dart ist kein Kneipenspiel mehr. „Dart ist in Deutschland noch nicht lange etabliert“, meint jedoch Vorsitzender Klausmeyer über das Spiel, das aus den britischen Pubs kam. Von dort breitete es sich zum ernstgenommenen Sport aus – mit der feinen englischen Art: bis vor kurzem galt noch eine Kleiderordnung, die Jeans- und Cordhosen als Spielkleidung verbot. Von der Insel gelangte Dart vor etwa 25 Jahren auf den Kontinent.
Heute kann sich der Deutsche Dart-Verbund (DDV) seiner 16.000 Mitglieder rühmen. In Bremen frönen immerhin 1.200 Frauen und Männer dieser Sportart.
So wird denn auch recht professionell der beste Verein ausgetentert: Vier Ligen gibt es in Bremen, in denen sich zumeist 14 Vereine um die besten Plätze streiten. Darüber steht die Oberliga Nord, in der sich Vereine aus den beiden großen Hansestädten, Niedersachsen und Schleswig-Holstein tummeln.
Eine Bundesliga existiert zur Zeit noch nicht – „das ist finanziell nicht drin“, meint Klausmeyer, einer der Organisatoren des Bremen- Turniers.
Am Wochenende ging's daher zwar nicht um den deutschen Meister. Zur Sache ging es trotzdem: im Ranglisten-Einzel am Samstag und am Sonntag im – gleichgeschlechtlichen – Doppel.
Obwohl im K.O.-System gespielt wurde und somit nur die GewinnerInnen in die jeweils nächste Runde kamen, lagen die Ergebnisse des Doppels bis Redaktionsschluß nicht vor.
Den SiegerInnen winkten Preisgelder von insgesamt 16.000 Mark – keine schlechte Summe, wenn man bedenkt, daß es in Deutschland noch keine Profis gibt. Auf der britischen Insel ist das natürlich ganz anders: Dort finden sich reichlich Sponsoren – nicht nur Bierfabrikanten, wie Klausmeyer festgehalten wissen möchte.
Dart umweht immer noch der Ruch von Bier und verqualmten Spelunken, wissen sich DBV-Chef Klausmeyer und der ,Vize' vergangener Jahre, Neubauer, einig. Dabei sei der Sport eine reine Konzentrationssache. Ein Bierchen gehöre wohl mal dazu, meint Neubauer. „Aber wenn de besoffen bist – wie willste da treffen? Sach mir dat!“ Arvid Friebe
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