: Das weite Spielfeld
■ Kampnagelprojekt: „Glanz & Trümmer“
Seiner Funktion als interdisziplinäres Spielfeld der Künste will das Kampnagelgelände vom 1. bis zum 3. Juli besonders gerecht werden. 75 Theatermacher, Künstler und Autoren (respektive: -innen) haben zum Abschluß der Reihe Vom freien Fall zum Stand der Dinge, der Bestandsaufnahme zur Lage des Freien Theaters heute, das Geländeprojekt Glanz und Trümmer erarbeitet. Dabei entstanden fünf kurze Inszenierungen, denen das Publikum während der Vorstellung übers Gelände folgen muß: KunstKitschKrise, Besetzter Boden, Glanz und Trümmer für eine Handvoll Staub, Kunst der Perspektiven und Wunderkind. Gestern stellten Organisatoren und Künstler das Projekt vor.
Bisher gab es in der Reihe Vom freien Fall... - theoretische - Podiumsdiskussionen: mit Organisatoren Freien Theaters, mit norddeutschen Kultursenatorinnen und eine mit den Kampnagelmachern über die Zukunft des Geländes. Nun ist die Zeit reif fürs Praktische.
Die Führung übers Gelände besorgt die Kunst der Perspektiven, die ausgehend von der Entwicklung der Perspektivlehre des italienischen Renaissance die Behauptung des ehemaligen Finanzsenators Curilla wörtlich nimmt, das Kampnagel-Gelände sei Luxus. Also formuliert die Gruppe um Regisseur Max Eipp die Gegenbehauptung: „Wir sind Versailles - aber im Sinne der Renaissance: präsent als menschlich schaffende Individuen.“ Die Unwägbarkeiten der künstlerischen Produktion auf Kampnagel, zugleich ein Manko und ein Vorteil des für viele Möglichkeiten offenen Geländes, spiegeln sich unterschiedlich in allen fünf Inszenierungen. Auch Wunderkind, das sich an dem Stück Proben des polnischen Autors Boguslaw Schaeffer orientiert. Trotz kunsthistorisch geschulten Ausdrucks versprach der Dramaturg des Projektes, Gunnar F. Gerlach, ein „heiteres und selbstironisches“ Stück. Ein Flair von Hafenstraßenplenum in Krisenzeiten wehte um die Ausführungen von Gabriele Leidloff, die gemeinsam mit Wolfgang Stockmann Regie führte bei Glanz und Trümmer für eine Handvoll Staub:„Was wir der Presse gegenüber äußern wollen, haben wir vorher in der Gruppe festgelegt“. Soviel zu erfahren war, geht es um Medien, die uns täglich verführen und die „in vollem Glanz und ganzer Eitelkeit“ die Menschen für Geld „zertrümmern“. Dies wird vorgeführt am Beispiel von „Lotti und Heinz Phillips, einem ordentlichen Ehepaar mit Staubsauger“: Viele, viele Ansprüche, die hohe Erwartungen wecken. jkn
1. - 3. Juli, jeweils 20 Uhr, Foyer Halle 6, Karten: 27094948/-49
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