Das war die Woche in Berlin II: Die haben doch ein Rad ab!
Berlins Polizeipräsident ist mit einem flotten Rad unterwegs. Aber ist das auch verkehrssicher?
Das Verhältnis zwischen Polizisten und Fahrradfahrern ist von Missverständnissen geprägt. Die einen glauben, alles besser zu wissen; die anderen auch. So versuchen beide Seiten, ein Aufeinandertreffen zu vermeiden.
Manchmal klappt das aber nicht, wie das stets aktuelle Beispiel Räderklau zeigt. Seit Montag können sich Radler ihr Vehikel bei der Polizei auf neue Art registrieren lassen: Statt aufwendig einen Code in den Rahmen zu fräsen, gibt es nun einen angeblich kaum mehr anzuknibbelnden Aufkleber: „Finger weg! Mein Rad ist codiert“, steht da neben einem Zahlen- und Strichcode. Den Anfang machte Polizeipräsident Klaus Kandt. Er präsentierte den Kollegen sein flottes Rennrad – und eine offenbar laxe Einstellung zur Straßenverkehrsordnung: Sein Rad hatte weder genügend Reflektoren noch eine Lichtanlage.
Wer nun einen der Termine in dieser Woche nutzte, um auch einen Aufkleber zu bekommen, musste sein Rad zuerst in Augenschein nehmen lassen. Etwa am Donnerstagnachmittag im Polizeiabschnitt 53 in der Friedrichstraße. Erwartungsgemäß entgeht den wachsamen Augen nicht, dass das vorgestellte Rad weder genügend Reflektoren aufweist noch eine feste Lichtanlage. „Die ansteckbaren Leuchten müssen immer dran sein, auch am Tag“, belehrt der Beamte. „Es könnte ja plötzlich anfangen, stark zu regnen.“
Tja, was soll man dazu sagen?
Aber natürlich handelt es sich um lauter Missverständnisse. Der Polizeipräsident braucht für sein Rennrad kein Licht, weil es weniger als elf Kilo wiegt, betont die Polizei später. Doch auch das im Abschnitt 53 vorgestellte Rad liegt unter dieser Grenze – danach wird aber nicht gefragt. Es sieht eben nicht wie ein Rennrad aus. Nur: Was ist heute noch ein Rennrad? Und wieso wird in einer Stadt, in der gefühlt die Hälfte aller Radler wenn möglich bei Rot über die Ampel fährt, auf eine sinnfreie Leuchtregelung hingewiesen?
Vorschriften sind in diesem Fall Auslegungssache – und keine Wahrheiten. Darum ist es auch besser, jegliches Aufeinandertreffen mit der Polizei zu vermeiden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Krieg in Gaza
Kein einziger Tropfen sauberes Wasser