Das war auch: AfD nun auf dem Kiecker
Die AfD in Niedersachsen um die Landesvorsitzende Dana Guth hat sich schnell entschieden, wie sie die Entscheidung des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) deuten will: Mit der Einstufung als Prüffall instrumentalisiere Innenminister Boris Pistorius (SPD) den Verfassungsschutz für parteipolitische Zwecke, um einen „lästigen Mitbewerber“ auszuschalten, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Klaus Wichmann.
Am Mittwoch war durchgesickert, dass die AfD in Niedersachsen nun ein Prüffall ist. Der Präsident des LfV, Bernhard Witthaut, soll dem zuständigen Parlamentsausschuss in vertraulicher Sitzung diese Maßnahme dargelegt haben. Eine offizielle Bestätigung erfolgte bisher nicht. Der Grund für das Schweigen dürfte ein Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts sein. Das entschied im Februar, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als Prüffall durchaus behandeln dürfe, die Bekanntgabe dieser Maßnahme allerdings nicht rechtens sei. Diesen Fehler möchte Witthaut wohl nicht machen.
Sechs Bundesländer haben die AfD in diesen Prüfstatus gehoben: Sachsen, Bremen, Thüringen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen – und jetzt Niedersachsen, wo das Verfahren als maximal einjährige „Verdachtsgewinnungsphase“ bezeichnet wird. Von einem „Ausschalten“ wie die AfD in ihrer üblich überdrehten Opferrolleninszenierung es nennt, kann aber nicht gesprochen werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in dieser Phase keine Kommunikation abhören oder V-Leute anwerben. Die Mitarbeiter*innen des Amtes werten lediglich ohnehin öffentlich zugängliche Quellen aus – also Artikel, Reden, Twitter-Accounts und so weiter.
Der Verfassungsschutz verfolgt also die Entwicklung der AfD, wie es seit der Gründung der Partei bereits Politik- und Sozialwissenschaftler*innen machen sowie Projekte für Demokratie und Initiativen gegen Rechtsextremismus als auch Journalist*innen und Rechercheverbunde. Aus diesem Spektrum kamen übrigens bisher auch die Enttarnungen rechtsextremer Personen im AfD-Milieu. Ebenso die weit rechte Vergangenheit manch eines führenden Parteimitglieds und die Darstellung des Radikalisierungsprozesses der Partei.
Andreas Speit
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