: Das furchterregende Gespenst der Nofu
■ Rezension des Buches „FU Berlin - ein pechschwarzes Gebilde“ / Beschwörung eines Gespensts in grobschlächtig dramatisierender Sprache
Zwei Buchstaben fehlen im Titel. „FU Berlin - ein pechschwarzes Gebilde“ haben sie ihr Buch genannt, das „Geschichten über Ursachen und Hintergründe des UNiMUTs“ erzählen will. Ein Porträt der Freien Universität nach den großen Uni-Streiks vom Wintersemester 1988/89? Keine schlechte Idee: nach den FU-Jubiläumsschriften eine „Geschichte von unten“, aus studentischer Perspektive. Doch zusammengestellt haben sie - d.h. ein AutorInnenkollektiv aus dem UNiMUT-Informationsausschuß - Geschichten für die Nofu, die Notgemeinschaft für eine freie Universität. Das sei nicht geplant gewesen, gibt das AutorInnenkollektiv im Editorial zu. Die beiden fehlenden Buchstaben hätten sie trotzdem noch in den Titel aufnehmen können. Auch eine FU als Nofu-Geschichte zu schreiben, ist nach wie vor aktuell und notwendig. Die Nofu, vor zwanzig Jahren von rechten Professoren als Reaktion auf Studentenrevolte und Hochschulreform gegründet, mag heute nicht mehr so viel Einfluß auf die Hochschulpolitik haben: ihre schwarzen Fäden durchziehen die Universitäten immer noch.
Sie sichtbar zu machen, so gut es geht, und vor dem Hintergrund bisheriger Nofu-Strategie und abgewürgter Reformpolitik ihre dauerhafte Gefährlichkeit zu beschreiben: das wäre ein wichtiges, wenn auch kein leichtes Unterfangen. (Schließlich gibt es, vor allem von Uwe Wesel, schon erhellende Abhandlungen zum Thema. Ein neues Buch dazu sollte daher auch Neues an die Öffentlichkeit bringen.) Leider ist dieser Versuch miserabel gelungen. „Das Gespenst (Nofu, W.S.) erwies sich als riesig“, schreiben die AutorInnen, „und die Geschichten, die von ihm erzählt wurden, waren und bleiben: schauderhaft.“ Der Schrecken scheint ihnen allzusehr in die Glieder gefahren zu sein. Die grobschlächtig dramatisierende Sprache, in der sie das Gespenst beschreiben, zeugt davon. Gerade angesichts der schauderhaften Geschichten täte bei deren Wiedergabe Nüchternheit not. In ermüdender Penetranz werden die Nofu und ihr Dunstkreis als faschistoid, faschistisch oder tendenziell faschistisch entlarvt. Über hundert Seiten lang laufen die Darstellungen immer und immer wieder auf diesen einen Punkt zu - als sei das Gespenst nur zu fangen, indem man es in diese Ecke scheucht. Der Effekt beim unbefangenen Leser dürfte gegenteilig sein: statt zur Aufklärung beizutragen, stumpft die Überzeichnung des gefährlichen Professorenbundes ab. Nach 100 Seiten war ich die Lektüre leid, und ich fürchte, anderen wird es nicht besser ergehen. Bedauerlich - denn in der zweiten Hälfte des Buches beginnt eine sachlichere und präzisere Beschreibung der FU -Wendepolitik in den achtziger Jahren unter dem Diktat der Nofu. Hätten sich die AutorInnen auf diese Zusammenschau beschränkt - weniger wäre mehr gewesen.
wist
FU Berlin - eine pechschwarze Geschichte. Hrsg. Informationsausschuß des UNiMUT und AStA FU, Berlin 1989.
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