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Archiv-Artikel

Das eigentliche Duell kommt nach der Wahl

Peter Kurth und Joachim Zeller kandidieren am kommenden Samstag für den Landesvorsitz der CDU. Doch egal wer gewinnt, der Sieger wird seinen Kurs in einer Partei durchsetzen müssen, die er im Kern nicht repräsentiert

Das Duell Peter Kurth gegen Joachim Zeller um den CDU-Parteivorsitz am Samstag steht. „Selbstverständlich“ halte er an seiner Kandidatur fest, „weil sich seit der Bereitschaftserklärung gar nichts geändert hat“, sagte Kurth am Montagabend. Selbstverständlich? Hat er nicht Freitag eine Niederlage einstecken müssen, hat er nicht sein vorrangiges Ziel verpasst, die Fraktion zu führen, das eigentliche Machtzentrum der Partei? Hat er. Knapp zwar. Aber das ist auch daneben.

Kurth oder Zeller werden die Partei also führen. Wer es sein wird, ist derzeit nicht absehbar. Doch eins ist sicher: Keiner von beiden wird die Berliner Union repräsentieren. Die CDU-Fraktion hat zwar schier autistisch, aber ehrlich gehandelt, als sie Nicolas Zimmer wählte, den Kandidaten des zurückgetretenen Chefs Frank Steffel. Hat sich nicht darum gekümmert, dass der vermeintliche Neuanfang nun weiter an Steffel hängt, dem „Klotz am Bein der CDU“, wie ihn ein führender Meinungsforscher nannte. Hat mehrheitlich ignoriert, dass Bundes-CDU und Unternehmer zu Kurth rieten: Was interessiert mich die Außensicht – wir sind es, die mit dem neuen Chef leben müssen.

Das wird am Samstag auch die Partei umtreiben. Denn die Mitglieder und nicht die Wähler der CDU, die laut Forsa-Umfrage Kurth favorisieren, wählen den Vorsitzenden. Jede Partei bekommt letztlich den Chef, den sie verdient, und kann auf lange Sicht nicht gegen ihren Kern. Und das ist nicht Peter Kurth, der Weltoffene, leicht Ironische, für manche arrogant Wirkende. Der Mann, der den Vorstand mit Leuten wie der langjährigen Ausländerbeauftragten und CDU-Linken Barbara John und dem wenig populären Exsenator Wolfgang Branoner besetzen will.

Dieser Kern der Partei ist aber genauso wenig Zeller. Kurth als Fraktionschef und der Mitte-Bürgermeister als Parteivorsitzender hätten drei Viertel der Berliner CDU abgedeckt. Sagt Partei- und Fraktionsvize Monika Grütters, ein ausgesprochener Kurth-Fan. Das aber heißt weitergedacht: Jeder für sich allein stellt kaum mehr als ein Drittel der Partei dar. So wie Kurth zu liberal ist, gilt Zeller in tiefsten Grunewald-Gegenden noch immer als der Ossi, den man die Partei eigentlich nicht führen lassen kann. Zeller selbst will noch nie offen Ressentiments gespürt haben. Unterschwellig aber sind sie da. Beide Bewerber sind zudem zutiefst schwarz-grün verdächtig: Zeller, weil er sich seit 1995 in Mitte als Bürgermeister von den Grünen tragen lässt, Kurth, weil er den Grünen als Hoffnungsträger Nr. 1 für Veränderungen bei der Union gilt.

Der nötigen Stimmen wegen scheint sich Kurth in diesen Tagen dem weniger liberalen Kern seiner Partei anzunähern. Es ist ein Spagat, bei dem schon das Zuschauen schmerzt. Wenn er etwa bei seiner Bewerbung als Parteichef über die Senatsstrategie zum 1. Mai herzieht, wie es polternder auch die Hardliner der CDU nicht könnten. Es habe ihm sehr gefallen, wie sich der Herr Kurth da geäußert habe, sagt tags darauf der Rechtsausleger Kai Wegner. Ihn würde ein Parteichef Zeller zum Generalsekretär machen. Zudem hob Kurth jüngst unter all seinen Unterstützern ausgerechnet den kaum weniger rechts eingeordneten Kreuzberger Parteiboss Kurt Wansner hervor. Da versucht einer mit Macht, nicht als liberales Weichei dazustehen.

Von einer offenen Großstadtpartei träumt Kurth. Die Berliner CDU aber ist vor allem ein Zusammenschluss von rund 120 Ortsverbänden. Und die sind in ihrem Kiez zwischen Lichtenrade und Tegel zu Hause. Neumitglieder, die mit dem Regierungsumzug nach Berlin kamen, taten sich schwer. In keiner anderen Partei sahen sich die Neuen derart wenig willkommen, dass sie ein eigene Gruppe namens „Hauptstadtunion“ gründeten.

Samstagabend wird der neue Landeschef dieser Kiezpartei gewählt sein. Das eigentliche Duell beginnt erst danach: Wer bringt wen auf Kurs – der neue Vorsitzende seine 14.000 Mitglieder oder umgekehrt? STEFAN ALBERTI