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Das dritte Leben des Kamuzu Hastings Banda

■ In Malawi stellt sich heute der älteste Staatschef der Welt erstmals einer Wahl / Die ehemalige Staatspartei ist aufgrund der Spaltung der Opposition siegessicher

Berlin (taz) – Vor drei Tagen feierte er seinen 88. Geburtstag. Achtundachtzig ist er nach Ansicht vieler Landsleute allerdings schon vor Jahren geworden. Dreiundneunzig könnte eher stimmen, vielleicht geht er auch auf die 100 zu – wer weiß? Sein Selbstbewußtsein allerdings war am Geburtstagsfest ungebrochen. „Das Land braucht einen Führer wie mich“, behauptete er. Heute will sich Malawis Präsident Kamuzu Hastings Banda, der älteste Staatschef der Welt, wiederwählen lassen – zum ersten Mal in einer demokratischen Wahl.

Still und leise wird somit eine der langlebigsten Einparteiendiktaturen Afrikas zu Grabe getragen. Seit der Unabhängigkeit 1964 regierte Banda, schon damals nach jahrzehntelanger Arbeit als Arzt in Großbritannien eigentlich Rentner, sein kleines Land im südlichen Afrika mit außergewöhnlichem Personenkult. Der „Präsident auf Lebenszeit“ umgab sich mit einem perfektionierten System absolutistischer Herrschaft. Nach außen wurde dies von der Einheitspartei „Malawi-Kongreßpartei“ (MCP) und deren paramilitärischer Miliz „Junge Pioniere“ (YP) getragen. Den Blicken verborgen blieben lange Zeit die Einkerkerungen ohne Gerichtsurteil, die Vertreibung Andersdenkender, die Reglementierung kleinster Details des Lebens bis hin zur Kleiderordnung und die Beherrschung der Wirtschaft durch Freunde und Familie des Präsidenten.

Erst im vergangenen Juni ließ sich Banda dazu herab, sein Volk per Referendum darüber zu befragen, ob es die Legalisierung von Oppositionsparteien wollte oder nicht. Es wollte. „Das Volk hat sich für mehrere Parteien entschieden“, so MCP-Sprecher Heatherwick Ntaba über das eindeutige Ergebnis: „Die nächste Stufe ist, die pressure groups in den politischen Mainstream zu integrieren.“ Daraufhin wurden Verhandlungsforen mit Namen wie „Nationaler Konsultationsrat“ gebildet, bei denen die Regierung mit der Opposition über eine neue Verfassung diskutierte. Innerhalb eines Jahres, versprach der Staatschef, werde es freie Präsidentschafts- und Parlamentswahlen geben. Das politische Klima lockerte sich spürbar: Oppositionszeitungen jeder Couleur erschienen in den Städten; bis November 1993 wurden alle politischen Gefangenen freigelassen; die gefürchteten Jungen Pioniere wurden im Dezember von der Armee entwaffnet und sollen sich mittlerweile zum Teil nach Mosambik abgesetzt haben.

Die MCP sieht aber nicht ein, daß sie deshalb auch noch die Macht abgeben soll. Beim für heute angesetzten Wahlgang ist sie siegessicher. „Wir sind sicher, daß wir gewinnen“, sagte Banda kürzlich. „Wir werden die nächste Regierung bilden“, sekundierte sein Vizepräsidentschaftskandidat Gwanda Chakuamba.

Wie ihre Genossen in anderen afrikanischen Ländern setzt die Regierungspartei auf den Sieg mittels Spaltung der Opposition und Einkauf ehemaliger Regimegegner. Chakuamba, der an Bandas Seite kandidiert, kam erst vor einem Jahr aus 13jähriger Haft frei. Der aussichtsreichste Oppositionskandidat hingegen, Bakili Muluzi von der „Vereinigten Demokratischen Front“ (UDF), war früher Generalsekretär der MCP. Glaubwürdiger ist da noch Chakufwa Chihana, lange exilierter Gewerkschaftsführer, der bei seiner Rückkehr nach Malawi 1992 auf dem Flughafen verhaftet wurde und dessen Prozeß zu einem Focus der wachsenden Opposition in Malawi wurde. Chihana, Symbol der malawischen Dissidenz, kandidiert für die „Allianz für Demokratie“ (AFORD).

Auch auf andere Weise hat die MCP offenbar vorgesorgt. Der Sprecher der Commonwealth- Wahlbeobachtergruppe, Dato Musam Hitam, beschuldigte die Regierungspartei am Sonntag, „Unregelmäßigkeiten“ zu verursachen. Bereits im April hatte die Wahlkommission bemängelt, die MCP kaufe auf lokaler Ebene Wahlregistrierungsformulare auf. Dominic Johnson

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