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Das ändert sichSo machen Sie mehr aus 2008

Vieles wird anders im neuen Jahr: Autofahrer müssen Staubschleudern stehen lassen, Raucher öfter ins Freie und ältere Arbeitslose bekommen länger Geld - ein Änderungskalender.

Raucher? Dann ziehen Sie sich ab Neujahr lieber warm an. Bild: dpa

A wie Arbeitslose: Holen Sie sich wieder länger Kohle vom Arbeitsamt.

Die Beschäftigungschancen für ältere Erwerbslose sind nach wie vor bescheiden. Da hat sich nicht viel geändert. Demnächst soll es aber immerhin wieder etwas länger Arbeitslosengeld I geben. Konkret: Beschäftigte, die älter als 50 Jahre sind, bekommen das ALG I dann für 15 Monate, über 55-jährige für 18 Monate und über 58-jährige für 24 Monate. Bislang wurde das Arbeitslosengeld grundsätzlich 12 Monate lang bezahlt, über 55-Jährige bekamen es 18 Monate. Das Gesetz muss erst noch verabschiedet werden. Es soll dann rückwirkend ab Jahresbeginn gelten, so die Ansage der großen Koalition.

A wie Autofahrer: Lassen Sie Ihre Staubschleuder vor der Stadt.

Stadtrundfahrten mit alten Kisten werden komplizierter. Mehr als 20 Städte richten zum Jahresbeginn Umweltzonen ein. Allen voran in Berlin, Hannover und Köln wollen die Bürger so besser vor Feinstaub schützen. Fahren darf nur, wer Plaketten in der Windschutzscheibe hat. Wer die kriegen will, muss Silvester ganz früh raus - die Umweltplaketten mussten bereits vor dem 1. Januar (!) beim TÜV, der Dekra oder in Werkstätten erworben werden. Benziner mit Katalysator haben da kein Problem. Ältere Fahrzeuge, vor allem mit Dieselmotor, bekommen bei hohen Emissionen keine Plakette. Sie dürfen dann, beispielsweise in Berlin, nicht mehr innerhalb der Sperrzone fahren - sonst ist ein Bußgeld von 40 Euro fällig. Wer das Thema verpennt hat, findet den TÜV-Link in der rechten Spalte.

B wie Bafög-Empfänger: Holen Sie sich mehr Bafög - auch wenn Sie Kinder haben.

Freuen können sich die Bafög-Empfänger. Nach sechs Jahren der Stagnation kommt mit dem Studienjahr 2008 endlich wieder mehr Geld in die klammen Kassen. StudentInnen mit Kind bekommen ab 1. Januar erstmals einen Kinderzuschlag, wenn sie Kinder unter zehn Jahren betreuen, 113 Euro fürs erste, für jedes weitere Kind 85 Euro. Ab Oktober kommenden Jahres steigen dann die Bafög-Sätze um zehn Prozent von maximal 481 auf 521 Euro. Auch der Elternfreibetrag erhöht sich. Neu ist auch, dass künftig Migranten leichter Bafög bekommen. Hatten früher nur so genannte Bildungsinländer (solche, die ihr Abi in Deutschland gemacht haben) Anspruch auf Bafög, so sind es künftig auch Migranten mit voraussichtlich dauerhaftem Aufenthaltsrecht. Können sich die Studis insgesamt freuen? Jein. Die Zahl der geförderten Studierenden liegt mit 345.000 zwar auf einem neuen Hoch in den 2000er-Jahren. Aber die goldenen Zeiten des Bafög sind immer noch nicht erreicht - 1992 gab es 442.000 Studenten mit Bafög. Mehr Infos gibt unter dem Bafög-Link in der rechten Spalte. http://www.bafoeg-rechner.de/

B wie Beitragszahler: Zahlen Sie mehr Krankenversicherung - und weniger fürs Arbeitsamt.

Die Bemessungsgrenze, bis zu der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung fällig werden, steigt 2008 in Westdeutschland um 50 Euro auf 5.300 Euro Bruttoeinkommen im Monat, in Ostdeutschland sinkt sie hingegen um 50 Euro auf 5.300 Euro. In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung steigt die Grenze bundesweit um 37,50 Euro auf 3.600 Euro. Das bedeutet für Gutverdiener im Westen eine höhere Belastung von 9 Euro im Monat. Dafür sinken die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, von 4,2 auf 3,3 Prozent des Bruttos. Konkret: Wer ein Einkommen von 5.200 Euro brutto hat, spart damit 23 Euro im Monat. Wer 2.500 Euro brutto verdient, muss monatlich 11 Euro weniger an Abgaben zahlen.

D wie Datensammler: Lassen Sie die Eckdaten von Telefongesprächen und Mails länger speichern.

Sie haben vergessen, ob Sie Oma neulich wie versprochen angerufen haben oder nicht? Künftig kein Problem mehr, denn die Polizei will das auch gerne wissen. Deswegen müssen die Telekom und andere Anbieter ab 2008 speichern, wann Sie wie lange und mit wem per Festnetz, Handy oder Internet Kontakt hatten. Vorratsdatenspeicherung heißt das. Leider ist die praktische Hilfestellung für schwache Gedächtnisse in Gefahr. Erst ab 2009 setzt es Strafen, wenn die Firmen Ihre Datenspuren nicht aufbewahren. Und: Eine Gruppe mit Namen "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung" hat fast 30.000 Menschen aufgetrieben, die gegen das Gesetz klagen.

E wie Eheleute, geschiedene: Bevorzugen Sie beim Unterhalt Ihre Kinder vor den Ex-Partnern.

Geschiedene, die unterhaltspflichtig sind, müssen ihre Zahlungen künftig portionieren. Erst werden die Ansprüche der Kinder bedient, gleich ob aus erster Ehe oder der neuen Verbindung. Ist danach noch Geld übrig, bekommen die Ex- oder die aktuellen PartnerInnen Geld, wenn sie gemeinsame Kinder betreuen oder die Ehe von sehr langer Dauer war. Dabei spielt keine Rolle, ob die Unterhaltsberechtigten verheiratet sind oder nicht. Unverheiratete Geliebte mit Kind eines geschiedenen Mannes können sich also freuen, Erst-Ehefrauen hingegen sollten sich nicht mehr zu sehr auf Unterhaltszahlungen im Scheidungsfall verlassen. Das neue Recht soll nicht nur für künftige Scheidungen, sondern auch für Altfälle gelten - wer sich also ungerecht behandelt fühlt, kann sich über eine Neufestsetzung der Unterhaltszahlungen informieren.

G wie Gesundheitsbewusste: Vorsorge treiben, Piercings vermeiden.

Sind Sie in der Gefahr, ein chronisch Kranker zu werden? Wollen Sie dann nur 1 statt 2 Prozent ihres Bruttoeinkommens für ihre Behandlungen zuzahlen? Dann nehmen Sie schnell Vorsorgetermine wahr. Gehen Sie zu den relevanten Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Brustkrebs, Darmkrebs und Gebärmutterhalskrebs. Die Regelung gilt für Frauen mit Geburtsdatum nach dem 1. April 1987 und für Männer, die nach dem 1. April 1962 zur Welt kamen. Damit verstärkt sich der Trend, die Bürger für ein (vermeintlich) gesundheitsschädliches Verhalten selbst zur Kasse zu bitten. Denn auch bei Folgeschäden nach Piercings oder Tattoos können die Krankenversicherungen inzwischen die Hand aufhalten. Im nächsten Jahr soll vom Bundestag beschlossen werden, dass Ärzte solche selbstverschuldeten Schäden den Kassen künftig sogar melden müssen - wogegen diese sich bisher aber vehement wehren.

R wie Raucher: Gehen Sie nur noch mit Outdoorjacke in die Kneipe.

Nur noch vier Länder gibt es, bei denen es in Gaststätten und öffentlichen Gebäuden qualmen und stinken darf. Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein setzen ab Januar sukzessive Rauchverbote in Kraft. Im Februar folgen Sachsen und Rheinland-Pfalz, im Juli Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Ausnahmen vom Rauchverbot gelten meist für abgetrennte und entsprechend gekennzeichnete Nebenräume in Kneipen oder Restaurants. Allerdings: Der Nichtraucherbereich muss größer sein als der Raucherbereich. Das Bußgeld wird in manchen Bundesländern erst einige Monate später als das Rauchverbot fällig. Es gibt also eine "Ermahnungsphase", in der Mitarbeiter der Ordnungsämter auf Meldung von Bürgern tätig werden. Wirte empfinden die Zeit vor dem Bußgeld als Karenzzeit für eventuelle Umbauten. Ansonsten müssen Raucher vor die Tür gehen und sollten sich schon mal warm anziehen.

U wie Unisextarife: Mann und Frau bei privaten Krankenversicherungen gleich.

Bisher mussten privat krankenversicherte Frauen höhere Beiträge bezahlen als die Männer. Der Grund: Ihre ständige Schwangerschaften und komplizierte Geburten verursachen schließlich auch höhere Kosten! Unzeitgemäß war diese Unterscheidung. Unfair. Und wegen des Antidiskriminierungsgesetzes auch rechtlich nicht mehr haltbar. Deswegen müssen die Privatkassen ab 2008 nun Unisextarife anbieten. Das bedeutet: Für die Männer steigen die Beiträge im Schnitt um 3 Prozent, während sie für Frauen sinken. Schließlich braucht es ja in der Regel auch zwei, um ein Kind zu zeugen. Je nach Kasse und Tarif betragen die Beitragsänderungen sogar mehr als 10 Prozent. Merkwürdig: Manche Privatversicherer erhöhen sowohl für Männer als auch für Frauen die Sätze. Das riecht nach Abzocke. Deshalb: Genau hinschauen!

U wie Unternehmer: Sparen Sie sich wieder Steuern!

Endich ist es wieder so weit! Die Steuerlast für Unternehmen in Deutschland wird im neuen Jahr von derzeit knapp 39 Prozent auf unter 30 Prozent abgesenkt. Im Gegenzug werden aber die Möglichkeiten der Firmen eingeschränkt, steuerliche Vorteile durch die Verlagerung von Gewinnen auf Auslandstöchter zu erzielen. Unterm Strich werden aber Steuerausfälle von insgesamt mehr als 5 Milliarden Euro erwartet. Zum Reformpaket gehört eine Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge, die aber erst 2009 wirksam wird und sehr Vermögende begünstigt.

W wie Wirtschaftskriminelle: Lassen auch Sie sich überwachen

In Zukunft sollen Telefonüberwachungen auf Straftaten beschränkt sein, die mit fünf Jahren Freiheitsstrafe oder mehr bedroht sind. Delikte aus dem Bereich Wirtschaftskriminalität sollen küntig per Telefonspion verfolgt werden - von der bandenmäßigen Urkundenfälschung bis hin zur Korruption. Außerdem zählen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und alle Formen der Verbreitung von Kinderpornografie zum Straftatenkatalog. Betroffene müssen nach Überwachungsmaßnahmen unterrichtet werden - es sei denn, die Sicherheitsbehörden glauben, das sei hinderlich für laufende Ermittlungen, und ein Richter gibt ihnen Recht. Die Lauscher machens, wie Sie es brauchen.

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