: Das Wursteln geht weiter
Dem FC Bayern fällt auch beim Spiel gegen den VfB Stuttgart nichts Besonderes ein. Eine konzentrierte Arbeitsleistung reicht zum Sieg über den nunmehr ehemaligen Tabellenführer. Jetzt fahren die Münchner gestärkt zum Kunstrasenspiel nach Moskau
aus münchen sebastian krass
Sie sind erst seit diesem Sommer dabei. Trotzdem haben Mark van Bommel und Daniel van Buyten schon eine gehörige Interpretationsmacht angehäuft, wenn es darum geht, die Leistungen des FC Bayern zu bewerten. Das liegt nicht nur daran, dass die beiden sich nach den Spielen am ausdauerndsten den Fragen der Journalisten stellen. Die Bedeutung der Aussagen von van Bommel und van Buyten ist auch deshalb so hoch, weil sie meist ehrliche Einschätzungen abgeben. Nach der Heim-Pleite gegen Hannover sprach van Bommel von „Schrottenfußball“. Van Buyten beklagte die mangelnde Einsatzbereitschaft der Mitspieler.
Nach dem 2:1-Sieg des FC Bayern gegen den VfB Stuttgart, griffen die beiden nicht zur Warnsirene, sondern schlugen sanfte Töne auf der Harfe an. „Wir haben nach dem Rückstand gut reagiert, waren aggressiv auf den Ball und haben uns die zwei Tore hart erarbeitet“, sagte Innenverteidiger van Buyten. „Wir haben gegen einen sehr guten, motivierten Gegner gewonnen und sind auf einem guten Weg.“ In der Tat werden Szenarien wie „FC Bayern nur noch Mittelmaß“ oder „Neun Punkte Rückstand auf zauberhafte Bremer“ nun vorerst wieder in der Schublade verschwinden. „Jetzt werden die anderen vielleicht eine schlechte Zeit bekommen“, glaubt Mittelfeldspieler van Bommel.
Die Münchner haben nur noch einen Punkt weniger auf dem Konto als die strauchelnden Bremer. Bayern-Trainer Felix Magath hatte schon vor dem Stuttgart-Spiel geunkt: „Vielleicht schaffen wir es ja noch im November, Werder zu überholen.“ Dafür hätten sie noch einen Spieltag Zeit. Dass der momentane Tabellenerste aus dem Ruhrgebiet kommt und drei Punkte mehr auf dem Konto hat, strafen die Bayern mit Missachtung. Der Begriff „Schalke“ kommt zurzeit in den Münchner Betrachtungen zur Lage der Liga so gut wie gar nicht vor.
Es war kein spektakulärer Sieg, mit dem die Bayern den Tabellenführer VfB Stuttgart stürzten. Das Spiel zeigte aber, dass die Substanz der Mannschaft höher als die des Gegners war. Das räumte auch VfB-Trainer Armin Veh ein: „Nach der Führung hat Bayern die Partie dominiert. Es war dann nur eine Frage der Zeit, bis wir ein Gegentor kassieren. Meine Mannschaft muss noch lernen, wie es in einem Spitzenspiel zugeht. Die Bayern haben die Zweikämpfe einfach konsequenter gewonnen.“
Zudem profitierte der Rekordmeister davon, dass Stuttgart mitspielte, sodass den Bayernprofis die peinlichen Momente der Hilflosigkeit gegen mauernde Gegner erspart blieben. Trotz des Sieges aber zeigte sich wieder einmal, dass den Bayern eine tragfähige Idee vom Spiel fehlt. Im Moment geht es aber auch ganz gut ohne – dank erhöhter Einsatzbereitschaft und gelegentlichen Lichtblicken in der Offensive wie beim Tor zum 2:1. Van Bommel bereitete energisch vor, Demichelis ließ den Ball durch, Pizarro konnte aus einem Meter einschießen. In den vergangenen vier Spielen hat die Mannschaft dreimal einen Rückstand aufgeholt und ihn zuletzt zweimal in einen Sieg verwandelt. „Jetzt macht wieder jeder, was er kann“, sagte Mark van Bommel. „Wenn wir das nicht tun, sind wir eine normale Mannschaft, die gegen jeden verlieren kann.“
Die Bayernbosse haben als Motto „Durchhangeln bis zur Winterpause“ vorgegeben. Es ist also auch keine Zeit mehr für Experimente. Folglich lässt Trainer Magath nicht mehr mit drei Angreifern spielen: „Wir sind mit zwei Spitzen stabiler. Das bringt uns jetzt erst mal nach vorn.“ Der Schachzug mit dem Drei-Mann-Angriff dämmte seinerzeit die Diskussionen um angeblich mangelnde Einsatzzeiten von Lukas Podolski ein, bis der sich verletzte. In ein oder zwei Wochen allerdings ist er wieder dabei. Entweder Magath lässt sich dann einen neuen Kniff einfallen, oder er setzt Claudio Pizarro auf die Bank. Andernfalls könnte die gesteigerte Aufmerksamkeit, mit der Fußball-Deutschland Podolskis schwierigen Einstand in München verfolgt, wieder in Hysterie umschlagen.
Am Mittwoch wird Podolski noch nicht spielen. Dann steht für die Bayern der nächste Termin an: Champions League bei Spartak Moskau, auf Kunstrasen. Die Vorfreude der Spieler ist so groß wie vor einem von Muttern verordneten Kaffeekränzchen bei der nervigen Tante Gertrud, zumal die Bayern schon die nächste Runde erreicht haben. „Es wird nicht warm sein. Aber wir wollen da einen guten Auftritt hinlegen und Gruppenerster werden“, sagt Daniel van Buyten. So schlimm wird es wohl nicht, zumindest was die Kälte betrifft. Der Wetterbericht sagt für Mittwoch Temperaturen um den Gefrierpunkt voraus.