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„Kommen Sie ruhig näher!“ Die Hand wies auf den leeren Platz links vom Schreibtisch. „Bitte!“ Olav stand starr und stumm. Dr. Wahl war nackt, lediglich ein Stethoskop baumelte ihm um den Hals. Der Arzt sah ihn freundlich, auf ganz unverbindliche Weise einladend an. In Olavs Kopf liefen Vorgänge ab, er wusste nicht, wozu oder wie, er spürte nur, dass sein Nervensystem, man könnte sagen: mehrere Treppen zugleich hoch- und runterlief, spürbar emsig bemüht, nur: Um was? In seinem Bewusstsein erschien, ganz so, wie ein Reh am Waldrand erscheint – unvermittelt, aber pünktlich –, ein sinnvoller deutscher Satz, und der lautete: „Du hast sechs Monate auf diesen Termin gewartet.“ Olav nahm also Platz. „Was führt Sie denn zu mir.“ Dr. Wahl setzte einen Punkt, kein Fragezeichen, lehnte sich zurück und öffnete rechter Hand ein Schubfach, dem er etwas entnahm. Eine, wie sich nun zeigte, Unterhose, die er routiniert im Sitzen anzog. „Ich habe Schmerzen?“, sagte Olav und wunderte sich über den fragenden Ton.
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