Das Wahlkampftagebuch: Liberale im Weinland:plötzlich wieder wichtig
Volker Wissing setzt jetzt auf den Rosenzüchter. „Die Welt besteht nicht nur aus Menschen, die es lieben, zwölf Stunden zu arbeiten“, sagt der FDP-Spitzenkandidat. „Die Leute rennen uns davon, wenn wir immer nur von Wettbewerb reden. Das ist doch nichts, worüber sie am Esstisch sprechen.“ Ab sofort, so Wissing, solle jeder Bürger von den Liberalen angesprochen werden. Etwa auch: der Rosenzüchter.
Die FDP hat seit Westerwelle das Image einer elitären Karrieristenpartei weg. Ausgerechnet im ländlichen Rheinland-Pfalz wollen die Liberalen das nun ändern. Und sie könnten belohnt werden: mit einem Einzug in den Landtag, gar einer Regierungsbeteiligung. Umfragen prognostizieren der FDP 6 Prozent.
2011 flog die Partei noch aus dem Landtag, damals unter Vorsitz von Rainer Brüderle. Nur 1983 verpasste sie schon einmal den Einzug. Eine Trauma für die FDP, die sich über Jahrzehnte als Königsmacher im Parlament eingerichtet hatte – mal mit der CDU, mal mit der SPD.
Nun hört man Erstaunliches. „Mit uns werden Kitas gebührenfrei bleiben“, sagt Spitzenmann Wissing, ganz auf Malu-Dreyer-Linie. Wie ein Anti-Brüderle wirkt er, sagt von sich, er höre lieber zu, als zu poltern. Wissing fordert frühkindliche Förderung. Studiengebühren lehnt er ab, ebenso das Familiengeld von CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner, auch wenn er früher für das fast konzeptgleiche Betreuungsgeld stimmte.
Bei SPD und Grünen spekulieren manche schon auf eine Ampelkoalition. Die FDP aber legt sich nicht fest. Denn es gibt auch die andere Seite: die wirtschafts- und umweltpolitische. Und hier ist die Partei ganz retro.
Den Mindestlohn lehnen die Liberalen nach wie vor erbittert ab, die Subvention von erneuerbaren Energien wollen sie stoppen. Stattdessen fordert die Partei mehr Kohlekraftwerke, mehr ökonomische Nutzfläche in Naturschutzgebieten, einen Autobahnausbau und Baustopp für Windkraftanlagen.
Und so nennt auch die CDU Schwarz-Gelb als Wunschbündnis. Das wird derzeit rechnerisch knapp. Die FDP freut’s dennoch: Alles ist wieder möglich.
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