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Archiv-Artikel

Das Wahlkampf-Semester

Nordrhein-Westfalens Studierende geben ihr Geld lieber für Flyer als für Studiengebühren aus. Zur Landtagswahl startet die Kampagne für gebührenfreies Lernen. Eine Wahlempfehlung gibt es nicht

AUS KÖLNDIRK ECKERT

Mit Flyern, Plakaten und Protestaktionen wollen sich auch die Studierenden in den NRW-Landtagswahlkampf einmischen, um gegen Studiengebühren zu protestieren. Eine entsprechende Kampagne haben das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) und die Landeskoordination der Studierendenvertretungen, das Landes-ASten-Treffen, gestern in Köln vorgestellt. „Wir wollen der künftigen Landesregierung deutlich machen, dass es bei einer Einführung von Studiengebühren Widerstand gibt“, erklärte ABS-Geschäftsführer Sascha Vogt.

Die Studierendenvertretungen in NRW lassen für diese Kampagne einiges springen: „Deutlich im fünfstelligen Bereich“ sollen die Kosten für das Werbematerial liegen, mit dem die studentischen Aktivisten ein „gebührenfreies NRW“ erkämpfen wollen. Dass die Gebührengegner sich jetzt auf Nordrhein-Westfalen konzentrieren, hat seine Gründe: Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist es Sache der Länder, ob sie Studiengebühren einführen. „Wenn Schwarz-Gelb regiert, kommen allgemeine Studiengebühren“, warnte Sascha Vogt. Koste das Studium in NRW 500 Euro pro Semester, wie die CDU es für den Fall eines Wahlsiegs angekündigt hat, dann würde die Lage auch für jene anderen Bundesländer „schwierig“, die bislang gegen Studiengebühren sind. NRW habe deshalb „bundesweite Bedeutung“.

So wird denn auch CDU-Kandidat Jürgen Rüttgers wohl etwas mehr vom studentischen Protest abbekommen als sein SPD-Gegenspieler Peer Steinbrück, auch wenn das ABS keine ausdrückliche Wahlempfehlung abgibt. „Wenn CDU und FDP allgemeine Studiengebühren einführen sollten, wäre das ein dramatischer bildungspolitischer Rückschritt“, warnte das ABS, das Studium würde damit vom Geldbeutel der Eltern abhängig. Aufgeschreckt hat die Studierenden auch eine Aussage von CDU-Kultusministerin Annette Schavan aus Baden-Württemberg Anfang April, wonach das Bafög zugunsten eines „Marktes der Bildungsfinanzierung“ abgeschafft werden könnte.

Am 10. Mai will das ABS deshalb in Aachen, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln und Siegen Großplakate gegen Rüttgers und Angela Merkel kleben. Dass nur gegen Rüttgers und nicht gegen Steinbrück in Großformat agitiert wird, liege aber an den Kosten, beteuerten die Studierendenvertreter. Ein zweites Großformat sei einfach zu teuer.

Auf kleinformatigeren Plakaten bekommen auch SPD und Grüne ihr Fett weg. Dort heißt es nicht nur „Studiengebühren verhindern“, sondern auch „Studienkonten abschaffen“. „Studienkonten hat das ABS immer abgelehnt“, bekräftigte Vogt mit Blick auf die rot-grüne Landesregierung, die seit dem Sommersemester 2004 zur Kasse bittet, wenn Studierende ihr Studienkonto aufgebraucht haben. 650 Euro kostet dann ein Semester.

Unterdessen fanden in NRW erste Vollversammlungen der Studierenden statt, um für die Anti-Gebühren-Kampagne zu mobilisieren. In Essen und Duisburg kamen nach AStA-Angaben jeweils rund 100 Studierende. „Relativ gut“, befand AStA-Sprecher Thomas Falk. In zwei Wochen solle die nächste Versammlung stattfinden, um gegen die Studiengebührenmodelle von Rot-Grün und Schwarz-Gelb „Präsenz zu zeigen“, wie der AStA-Sprecher sagt.

Erstes Ziel der Gebührengegner ist es jetzt, zu den 1.-Mai-Kundgebungen der Gewerkschaften zu mobilisieren. Am Ende der Kampagne soll eine landesweite Großdemonstration in Düsseldorf stehen – am 21. Mai, einen Tag vor der Landtagswahl. Davor will das ABS unter anderem mit einem Bus an Hochschulen und in Innenstädten in ganz NRW präsent sein. Und 12.000 Postkarten sollen allein in Kölner Gastronomiebetrieben verteilt werden.

„Kost nix, is nix: Helfen Studiengebühren aus der Hochschulmisere?“, fragt die taz am Donnerstag in der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (19 Uhr, 28. April). Experten und Studierende diskutieren mit Vertretern von SPD und CDU. Diskutieren sie mit!