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Das System BerlusconiItalienischer "Sexprotz"

Seit einem Jahr ist Silvio Berlusconi zurück an der Macht. Die einen finden ihn schlimmer als Österreichs verstorbenen Rechtspopulisten Haider, andere freuen sich, dass „Italien überhaupt noch zuckt“.

Vertreter eines Führungsstil, der seit Schröders Abgang etwas aus der Mode gekommen ist? Silvio Berlusconi. Bild: dpa

BERLIN taz | Ein Jahr nach der Wiederwahl von Silvio Berlusconi verfällt Italiens Demokratie. Das schreibt der SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer im „Streit der Woche“ der taz-Wochenendausgabe sonntaz. „Der Regierungschef ist klar straffällig geworden und setzt eine gesetzliche Amnestie für sich durch“, schreibt Scheer. Der österreichische Rechtspopulist Jörg Haider sei dagegen harmlos gewesen. Der „machistische Sexprotz Berlusconi“ lasse die Gewaltenteilung seines Landes vor die Hunde gehen.

taz

Die komplette Version lesen Sie in der sonntaz - ab Samstag zusammen mit der taz am Kiosk.

Eckart von Klaeden, außenpolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion und CDU-Präsidiumsmitglied, schreibt in der sonntaz: „Italien ist selbstverständlich eine Demokratie.“ Berlusconis Stil sei nach dem Abgang von Gerhard Schröder in Deutschland ein wenig aus der Mode gekommen. Dennoch sei er demokratisch wiedergewählt worden, auch aus Enttäuschung über das Mitte-Links-Bündnis unter dem damaligen Regierungschef Romano Prodi.

Im April vergangenen Jahres gewann Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis mit deutlicher Mehrheit die Parlamentswahlen in Italien. Am 8. Mai 2008 – genau vor einem Jahr - trat Silvio Berlusconi zum dritten Mal nach 1994 und 2001 das Amt des italienischen Ministerpräsidenten an. Berlusconi ist Eigner von drei großen TV-Sendern und übt zudem auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen Druck aus.

Auch italienische Journalisten fürchten um die Demokratie ihres Landes. Marco Travaglio, Enthüllungsjournalist und diesjähriger Gewinner des „Preises der Pressefreiheit“ des DJV, schreibt in der sonntaz: „Der Artikel 21, der die Pressefreiheit garantiert, ist auf dem Wege, zu einer leeren Hülle zu werden.“ Berlusconi höhle die Verfassung und damit die Demokratie aus.

Petra Reski, deutsche Schriftstellerin und Verfasserin eines Anti-Mafia-Buchs, verteidigt die italienischen Bürger. Seit 60 Jahren regiere die Mafia in Italien mit, arrangiere sich mit allen politischen Lagern und Institutionen. „Ein Wunder, dass Italien überhaupt noch zuckt“, schreibt Reski im „Streit der Woche“. Die Bürger gingen wenigstens noch auf die Straße und kämpften gegen den politischen Verfall ihres Landes.

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4 Kommentare

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  • N
    neuhaus

    Natürlich ist Berlusconi demokratisch gewählt. Es gibt in Italien eine völlig unabhängige Justiz, die weiter gegen Berlusconi ermittelt, eine viel pluralistischere Medienlandschaft. Wo sind die Belege ihrer Leser, liebe taz.

    Die Leute sollen doch lieber daran arbeiten, nicht ihren Job zu verlieren. Deutschland ist doch miefig, die taz würde besser nach Italien passen, Verleger Berlusconi, da hat der nämlich kein Problem mit.

     

     

    bg

  • K
    kohlhaas

    stellen sie sich einmal vor, berlusconi wäre ein türkischer premier und die türkei wäre nach dem italienischen muster in der eu (samt mafia-strukturen und pseudo-demokratischem parlament). die kommentare wären zu diesem bericht ellenlang und die forderungen man müsse die türkei aus der eu rauswerfen durchgehende meinung.

    aber hier haben wir es mit "bella italia" zu tun und mit einem "putzigen" premier, der nur auf frauenfang aus ist. arme eu...

  • M
    müssen

    Na hör mal! So ganz und gar jenseitig sind Berlusconis Launenhaftigkeiten nun auch wieder nicht - verkörpert der oszillierende Dauergrinser doch bloß das System, an welches auch wir uns hierzulande zunehmend werden gewöhnen müssen. Bisschen nachdenken, und es tauchen in der Erinnerung so manche Eskapaden auf, Anstößigkeiten, Willkürakte, Rechtswidrigkeiten, Bloßstellungen, die sich leicht als Vorzeichen in diesem Sinne deuten lassen. Man vergisst es nur immer so leicht, der fortwährenden entlarvenden Berieselung wegen.

  • DK
    Dr Kolossos

    Lieber Autor,

     

    Berlusconi ist nicht demokratisch gewählt. Wie kann man so etwas behaupten, wenn die Medienlandschaft (TV, Presse, Buch) derartig unter seinem Einfluss steht? Er hat die für die politische Einflussnahme notwendigen Kanäle voll unter Kontrolle und setzt sich über die Verfassung sowie über Gesetze wie die "Par Condicio" einfach hinweg. Wenn ein Volk auf diese Weise verdummt werden kann, sind Wahlen indirekt manipuliert.

    Das auch der ehrenwerte Professor Prodi unter seiner kurzen Ägide nichts für die Redemokratisierung der Medien getan hat, zeigt auf der anderen Seite, dass die Politik in Italien jegliche Moral verloren hat und vor allem, dass dieses Land nicht über die nötigen Mechanismen verfügt um seine Gesetze, die Verfassung und die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen.

    Die Prodi-Zeit hat gezeigt, dass keine Partei mehr an derlei Werten Interessen hat, sondern alle an einem autoritären Strang ziehen wollen: Altkommunisten, Neukommunisten, Sozialisten, Populisten, die rassistische Lega Nord, die neufaschistische Alleanza Nazionale, die altfaschistische Azione Sociale unter Alessandra Mussolini. Alle spielen sie Berlusconi zu.

    Und die Polizei hilft mit! Schließlich hat sich am Apparat der italienischen Polizei sowie des Militärs seit dem Faschismus nichts mehr geändert. Von der Staatsgewalt braucht man sich in Italien noch viel weniger Verfassungsliebe zu erwarten als anderswo.

    Italien - eine Demokratie? Man nehme sich die Zeit, ein bisschen nachzuforschen, bevor man solch gewagte Thesen anbringt.