: Das Rederecht des Schweigers
Hamburgs SPD-Kreise stimmen sich auf den Bürgerschaftswahlkampf ein und stärken Parteichef Mathias Petersen den Rücken. Deutliche Absagen an Alt-Bürgermeister Henning Voscherau
Von Sven-Michael Veit
Es war das Wochenende des Mathias Petersen. Bei seiner Tournee durch drei Kreisparteitage am Sonnabend wurde dem SPD-Landesvorsitzenden deutlich der Rücken gestärkt. Offiziell nur für eine zweite Amtszeit als Hamburger SPD-Chef, für die er auf dem Landesparteitag am 6. Mai antritt. Die Kreise Harburg, Eimsbüttel und Wandsbek sicherten Petersen ihre Unterstützung zu, sein Heimatverband Altona tat dies bereits vor zwei Wochen. Damit stehen vier der sieben Parteikreise ausdrücklich hinter dem 50-Jährigen.
Faktisch stärkt das Petersen auch in seinen Ambitionen, im nächsten Bürgerschaftswahlkampf Spitzenkandidat und Herausforderer von CDU-Bürgermeister Ole von Beust zu werden. Sein möglicher Konkurrent, Ex-Bürgermeister Henning Voscherau, hüllt sich derweil in bedeutungsvolles Schweigen. Nicht einmal auf dem Parteitag seines Heimatkreises Wandsbek ließ der 64-Jährige sich blicken. „Wenn er das nicht nötig hat ...“, zuckt eine Genossin die Schultern, ohne den Satz zu vollenden.
„Kämpferische Reden“ habe Petersen gehalten, lautet das allgemeine Urteil der Basis nach den jeweils etwa einstündigen Besuchen Petersens. „Bei uns hat er einen dicken Stein im Brett“, versichert etwa Harburgs Kreis-Vize Thomas Völsch: „Mathias orientiert sich an der Basis, und er ist glaubwürdig“, findet Völsch, der als langjähriger Geschäftsführer der SPD-Bürgerschaftsfraktion über reichhaltige Erfahrungen im Rathaus verfügt.
Am deutlichsten äußert sich Eimsbüttels Kreischef Jan Pörksen: „Altvordere müssen den Weg für Mathias frei machen“, stellte er unter dem Beifall seiner Kreisdelegierten fest, „jede Nominierung nach hinten wäre ein Offenbarungseid für die personelle Erneuerung der Partei.“
So sieht das auch ein langjähriger enger Weggefährte Voscheraus, der keinen Wert auf namentliche Erwähnung legt. „Hennings Geltungsdrang ist krankhaft“, so sein schnörkelloses Urteil. Damit schade Voscherau sich selbst, „und er schadet der SPD“. Und wenn die Partei Voscherau bäte, wofür es „keinerlei Anzeichen“ gäbe, „würde er zurückziehen“, glaubt der prominente Genosse. „Diese ständige Debatte ist schädlich“, finden auch mehrere Wandsbeker Sozialdemokraten. Deshalb sei „das politische Signal“ aus dem mitgliederstärksten SPD-Kreisverband, der fast ein Viertel der Delegierten auf Landesparteitagen stellt, unmissverständlich: „Wir unterstützen Mathias Petersen.“
Der nahm die ungeteilte Unterstützung aller drei Kreise „mit Freude und Zufriedenheit“ zur Kenntnis. Zur Konkurrenzsituation um die Spitzenkandidatur will er sich allerdings weiterhin nicht äußern: „Es geht zurzeit um die Wahl des Landesvorstands am 6. Mai, alles andere sehen wir später.“ Das neue Führungsgremium soll, so die aktuelle Beschlusslage, das Verfahren zur Kür des Bürgermeisterkandidaten festlegen. Petersen will es werden, sollte ein weiterer Bewerber offiziell seine Ansprüche anmelden, wird die SPD höchstwahrscheinlich eine Mitgliederbefragung durchführen.
Dass Voscherau sich einem Basisvotum stellen wird, bezweifeln viele GenossInnen. Sicher ist nur: Er hat sich von seinem Distrikt Wellingsbüttel als Delegierter zum Landesparteitag aufstellen lassen. Seine Begründung: „Damit ich Rederecht habe.“