Das Portrait: Indonesiens Arbeiterheld
■ Muchtar Pakpahan
Heute muß sich Muchtar Pakpahan, Gründer und Vorsitzender der größten unabhängigen Gewerkschaftsorganisation Indonesiens (SBSI), vor einem Gerichtshof in Jakarta wegen angeblicher staatsgefährdender Aktivitäten verantworten. Der promovierte Jurist wird mitverantwortlich gemacht für den Ausbruch blutiger Auseinandersetzungen anläßlich der Räumung der Zentrale der Demokratischen Partei Indonesiens (PDI) durch Sonderkommandos der Polizei am 27. Juli diesen Jahres. Bei der Stürmung des Gebäudes und den daraufhin folgenden Auseinandersetzungen waren zwanzig Gebäude in Flammen aufgegangen. Zahlreiche Demonstranten, die gegen die Stürmung der Parteizentrale protestierten, wurden verletzt – fünf Menschen starben. Seit zwanzig Jahren hatte Jakarta derart heftige Unruhen nicht mehr erlebt.
Die Regierung nahm das zum Anlaß, gegen zahlreiche Regimekritiker vorzugehen. Sie wurden verhaftet und kommen nun als „Umstürzler“ vor Gericht – unter ihnen auch Pakpahan.
Pakpahan, der sich als Anwalt mit der Vertretung von ArbeitnehmerInnen einen Namen gemacht hatte, initiierte 1991 die Gründung der SBSI, aus der sich die größte unabhängige Gewerkschaft Indonesiens bildete. Die neue Gewerkschaftsbewegung stieß bei der Regierung auf wenig Gegenliebe. Sie wurde nicht anerkannt, da sie dem staatlich kontrollierten Gewerkschaftsverband (SPSE) Konkurrenz machte und offensiv für die Belange der Arbeiter eintrat. Forderungen nach Verbesserung der Arbeitsbedingungen, nach Unfallschutz oder Lohnerhöhungen wurden mit Streiks und Demonstrationen eingeklagt.
Im August 1994 erfolgte der erste Dämpfer: Pakpahan wurde wegen der Vorbereitung von Streiks in Medan, die Auseinandersetzungen mit der Polizei nach sich zogen, festgenommen. Während die erste Instanz ihn zu drei Jahren Haft verurteilte, konnte Pakpahan, der sich selbst vertrat, in dritter einen Freispruch erringen.
Bei dem morgigen Prozeß stehen die Chancen nicht so günstig. Der Menschenrechtsorganisation amnesty international zufolge muß Pakpahan mit einer hohen Haftstrafe rechnen. Allem Anschein nach wird der mutige Gewerkschaftsführer und überzeugte Christ Opfer eines Schauprozesses werden, ebenso die mit ihm Angeklagten. Knut Henke
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