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Das PortraitSüdafrikas Polit-Entertainer

■ Tony Leon

Seine Feinde geizen nicht mit unfreundlichen Attributen. „Zwergpinscher“ haben sie den Mann schon genannt, der nun zum offiziellen Oppositionsführer in Südafrika aufgerückt ist. Nelson Mandela gar schimpft unablässig auf die „weißen Mickey-Maus-Parteien“. Je schärfer die Kritik allerdings, um so geschmeichelter fühlt sich der neue Shooting-Star in der südafrikanischen Politik. Denn das gibt Tony Leon auch Gelegenheiten, zurückzuschießen, nur verbal natürlich. „Ochsenfrosch“ ist noch einer der freundlicheren Ausdrücke, mit denen er seine Gegner schmäht.

Tony Leon ist Südafrikas unterhaltsamster Politiker, immer scharfzüngig, schlagfertig und grenzenlos eitel. Wenn überhaupt jemand in den vergangenen ersten fünf Jahren Demokratie ernsthafte Oppositionspolitik im Parlament gemacht hat, dann er, der weiße Jude aus Johannesburg. Dafür achten ihn sogar seine Gegner, auch wenn sie sein Schandmaul fürchten, und dafür hat er es verdient, das schlechte Wahlergebnis der Liberalen im Jahr 1994 zu verfünffachen. Abzusehen war das nicht, damals nach dem unrühmlichen Abschneiden bei den ersten demokratischen Wahlen, als der 39jährige Anwalt Vorsitzender der abgewirtschafteten und enttäuschten Partei wurde.

Leon aber ist es gelungen, eine Zwei-Prozent-Partei so zu profilieren, daß man sie nicht übersehen und erst recht nicht überhören konnte. In brillanten Reden bohrte er an den Schwachstellen der südafrikanischen Demokratie: Korruption und Selbstbereicherung, starre Quotenregelungen und unflexible Arbeitsgesetze. Dabei hat er nicht nur Sachkenntnis, sondern auch Humor, eine seltene Kombination im südafrikanischen Parlament.

Sein Wahlkampf allerdings war populistisch und aggressiv. In den USA hatte er sich erklären lassen, wie man ihn ganz auf eine, seine Person zuschneidet, und dafür auch Unterstützung der deutschen Liberalen erhalten. Der Slogan „Der Mut zurückzuschlagen“ aber zielte bewußt auf die Ängste der weißen Minderheit und spielte mit dem Bild der „schwarzen Gefahr“.

Selbst afrikaanssprachige Buren sind reihenweise zur DP übergelaufen. Will Leon aber glaubwürdig bleiben, muß er weg vom Image eines reinen Besitzstandwahrers. Das weiß er auch selbst. Nach seinem Wahlerfolg dichtete er die umstrittene Parole flugs um: „Jetzt brauchen wir den Mut, nach vorne zu blicken.“ Kordula Doerfler

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